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Sexualisierte Gewalt im Sport
Niemals wieder schweigen

Voice, Stimme. So heißt ein internationales Forschungsprojekt, deren Mitglieder sich am Wochenende vor den Toren Kölns zu ihrer Abschlusskonferenz getroffen haben. Es sind Menschen, Athleten, Betroffene sexualisierter Gewalt im Sport. Das Forschungsprojekt hat Ihnen eine Stimme gegeben.

Andrea Schültke im Gespräch mit Klaas Reese |
    Nicola Werdenigg, ehemalige Skirennläuferin aus Österreich
    Nicola Werdenigg, ehemalige Skirennläuferin aus Österreich (Dlf/Schueltke)
    "Diese Abschlussveranstaltung war auf keinen Fall das Ende von Voice, sondern erst der Anfang," das ist Andrea Schültkes Eindruck nach zwei Tagen Konferenz.
    15 Betroffene haben über ihre ganz persönlichen Überlebens-Geschichte berichtet. Unter anderem David Lean, ehemaliger Fußballer aus England, der als Kind von seinem Trainer missbraucht wurde und die ehemalige alpine Weltcup-Skifahrerin Nicola Werdenigg aus Österreich, die von einem Mannschaftskollegen vergewaltigt wurde.
    "In Zukunft sexuelle Übergriffe im Sport vermeiden"
    Schültke konnte über die gesamte Zeit bei der Konferenz sein, weil sie im DLF bereits seit 2 Jahren über dieses Projekt berichtet. Audioaufnahmen und Fotos hat sie dagegen nur außerhalb der Veranstaltrung gemacht, da viele Betroffene dort waren, die sich noch nie öffentlich zu ihrer Geschichte geäußert haben.
    Das Ergebnis des Forschungsprojektes bezeichnet die Projektleiterin Bettina Rulofs von der Sporthochschule Köln so: "Dass die Lebensgeschichten von Betroffenen eine reichhaltige Quelle sind wie man es in Zukunft hoffentlich vermeiden kann, dass sexuelle Übergriffe im Sport passieren".
    Karte auf einer Pinnwand bei der Voice-Konferenz: "Never be silent again" - Nie wieder still sein.
    Karte auf einer Pinnwand bei der Voice-Konferenz (Dlf/Schueltke)
    Andrea Schültke erklärt: "Insgesamt haben 72 Betroffene aus sieben Ländern - darunter auch Deutschland - den Forscherinnen und Forschern im jeweiligen Land ein Interview gegeben. Noch nie haben so viele Survivors, Überlebende, wie sie sich selbst nennen, in einem Projekt gebündelt das gemacht. Sie haben dann zum Beispiel erzählt, welche Strukturen im Sport die Übergriffe erst ermöglicht haben und was hätte passieren müssen um diese Übergriffe zu verhindern."
    24 dieser 72 Betroffenen waren in Köln. Sie erzeugten aus Schültkes Sicht eine Aufbruchsstimmung. Sie seien eine kraftvolle starke Gruppe, die sich gebildet hat und gemeinsam arbeiten will.
    "Den Betroffenen die Kraft gegeben"
    Betroffene seien bei Gesprächen über Depressionen, Selbstmordversuche und ähnlich schwere Moment in der Gruppe durch viel Trost aufgefangen worden, außerdem habe es jederzeit psychologische Unterstützung gegeben. "Es wurde aber auch unheimlich viel gelacht", sagt Schültke.
    Nun sollen Materialen wie Kurzfilme erstellt werden, die anregen sollen in Vereinen über das Thema zu sprechen. "Das war das Credo: Wir wollen verhindern, dass andere Kinder das erleben müssen, was wir erlebt haben. Und ich hatte den Eindruck, die Konferenz hat den Betroffenen die Kraft dazu gegeben", so lautet Andrea Schültkes Fazit.