Durch die #metoo-Debatte hätten viele Menschen den Mut gefunden, sich zum Thema sexualisierte Gewalt zu äußern, erklärte Andrea Schültke im Dlf-Gespräch. Es habe in den letzten Jahren in Deutschland auch eine Sensibilisierung für das Thema gegeben. Nach Bekanntwerden der Missbrauchsfälle in der Odenwaldschule oder der katholischen Kirche sei vielen Betroffenen klar geworden, dass sie nicht die einzigen Opfer seien. "In der Öffentlichkeit war es dann so, dass den Betroffenen ihre Erfahrungsberichte geglaubt wurden."
Die Tatsache, dass es sexualisierte Gewalt im Sport gebe, sei nicht neu. "Der erste Fall, der in Deutschland für große Aufmerksamkeit sorgte, war vor mehr als 20 Jahren der eines Eiskunstlauftrainers. Der Mann wurde wegen sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe verurteilt." Aktuell gebe es auch mehr als 100 Anzeigen gegen den Teamarzt der US-Turnerinnen und das Teilgeständnis des Mannes. (Martina Buttler berichtet) Vor einem Jahr sei außerdem der Missbrauchsskandal im englischen Fußball ans Licht gekommen. Dort hätten sich inzwischen fast 800 Betroffene gemeldet, darunter auch ehemalige Profis aus der Premier League.
Ein weiterer bekannter Fall: Der Missbrauchsskandal im irischen Schwimmverband. Dieser hatte sich als Folge jahrzehntelanger Missbrauchsskandale im Januar 1999 aufgelöst. Schwimmerin Karen Leach berichtete im Dlf von ihren Erfahrungen.
In vielen Missbrauchsfällen gehe es um Macht und das Ausnutzen von Machtpositionen von Älteren oder Erwachsenen gegenüber Kindern und Schutzbefohlenen, so Schültke. Im Leistungssport dringe von diesen Fällen nicht viel nach außen. Der Erfolg sei vom Trainer abhängig. "Wenn Du tust, was er verlangt, wirst du gefördert, tust du es nicht verlierst du eventuell den Platz in der Mannschaft."
Um Athletinnen und Athleten besser zu schützen, müsse man für eine Kultur der Aufmerksamkeit und des Hinsehens sorgen, sagte Schültke. Außerdem müsse es mehr finanzielle Mittel für Präventionsarbeit geben und vor allem müsse man "die Betroffenen ernst nehmen". Ergebnisse einer Studie der Sporthochschule Köln hatten gezeigt, dass ein Drittel der befragten Nachwuchs-Leistungssportlerinnen und Sportler sexualisierte Gewalt erlebt haben. Inzwischen habe es auch ergänzende Zahlen gegeben: "Die sagen, dass mehr als 80 Prozent der Befragten mit Mobbing und Demütigung zu tun hatten." 30 Prozent seien zudem geschlagen worden.
Verbände würden bisher noch zu wenig gegen sexualisierte Gewalt unternehmen. Nur die Hälfte der Spitzensportverbände setze sich aktiv gegen sexualisierte Gewalt ein. In Vereinen müsse man mit diesen Themen transparent umgehen und sich damit aktiv auseinandersetzen, fordert Schültke. Außerdem sollte es in jedem Verein geschulte Asprechpartner für das Thema geben. Betroffene sollten sich zudem Hilfe von externen Beratungsstellen holten.