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Signal für den Umbruch im Bankenwesen?

Eine Sparkasse soll verkauft werden, die in Stralsund. Es wäre das erste Mal in Deutschland; und das sorgt bundesweit für Schlagzeilen. Auch in der Hansestadt selbst machen sich die Bürger Sorgen:

Von Michael Braun, Axel Flemming, Wolfgang Labuhn, |
    Ja, ein bisschen schon, dass die Einlagen nicht sicher sind, das wäre ja auch nicht schön, ich bin eigentlich schon immer Kundin bei der Sparkasse.

    Mir gefällt nicht, dass man Dinge entscheidet, ohne zu beachten, welche Meinung der Bürger hat, der Nutzer der Sparkasse.

    Na, ich befürchte, dass wir als Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger keine Bank mehr haben. Denn z.B. die Deutsche Bank ist so, dass die das nicht annimmt. Das ist meine Befürchtung, dass das alles fällt.

    Stralsund, am "Neuen Markt". Die größtenteils erhaltene historische Innenstadt war der Grund dafür, dass die Hansestadt zusammen mit Wismar zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Den großen weiten Platz im Zentrum dominiert die Marienkirche; ihr gegenüber die Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse Stralsund. Zwei Männer stehen im Eingang und sammeln Unterschriften gegen den Verkauf der Bank. Einer von Ihnen: Werner Schmidt.

    Es läuft. Man staunt, wie auch die Bürger auf uns selbst zukommen. Das ist ein Antrag der PDS-Fraktion gewesen in der Bürgerschaft, für einen Bürgerentscheid, der wurde abgelehnt, daraufhin ist es als offizieller Bürgerentscheid beantragt worden, und diese Unterschriftensammlung läuft seit dem 20. Dezember und wird am Dienstag abgeschlossen.

    Wie viele schon unterschrieben haben? Da wollen sich die beiden Männer nicht festlegen. Ein paar Tausend, sagen sie. Fast 6000 müssten es sein, damit das "Quorum" für einen Bürgerentscheid erreicht ist.

    Die Sparkasse Stralsund wurde 1827/28 als Stadtsparkasse gegründet. 180 Angestellte hat sie zur Zeit. Die Kunden sprechen sie auf die Verkaufpläne an, doch sie dürfen sich öffentlich nicht äußern, hat der Oberbürgermeister angewiesen. "Wir verfügen als einziges Kreditinstitut der Region über ein durchgängig modernisiertes Geschäftsstellennetz, das alle Stadtteile versorgt", heißt es in der Selbstdarstellung der Sparkasse. Jede Geschäftsstelle ist mit einem oder mehreren Geldautomaten, Kontoauszugsdrucker und einem Selbstbedienungs-Terminal ausgestattet. Ein dichtes Servicenetz für die Kunden also. Der Nutzen der Sparkasse für die Stadt lässt sich am hohen Spendenaufkommen und dem guten Sponsoring ablesen. Rund 250.000 EURO kamen zum Beispiel für die Rekonstruktion des Speichers am Katharinenberg, die Sanierung der Marienkirche und der Nikolaikirche sowie die Rekonstruktion des Holzkutters vor dem Meeresmuseum zusammen. Jährlich stellt die Sparkasse 100.000 EURO zur Verfügung, um den Sport in der Stadt zu fördern. Jürgen Suhr, Sprecher des "Forums Kommunalpolitik", sagt, die Sparkasse habe schon jetzt unter der Diskussion über den Verkauf gelitten:

    Nach meiner Kenntnis hat sie einen erheblich Anteil an Kunden verloren. Wobei dies aus meiner Sicht völlig unbegründet ist. Es gibt kein sichereres Kreditinstitut als eine Sparkasse vor dem Hintergrund der Gewährträgerschaft, die bis 2005 noch besteht. Also die Bedenken sind unbegründet, gleichwohl ist diese Diskussion, die durch den Oberbürgermeister angezettelt worden ist, für die wirtschaftliche Situation der Sparkasse mehr als schädlich.

    Stralsund ist wahrlich nicht bekannt als großer Bankenplatz, aber es könnte der Platz werden, von dem aus sich die deutsche Bankenlandschaft grundlegend verändert. Der Oberbürgermeister will die Sparkasse verkaufen, die Commerzbank und die schwedische SEB haben Interesse bekundet, und das könnte der erste Schritt sein, in das bislang fest gefügte deutsche Bankenwesen eine Bresche zu schlagen.

    Drei Säulen des Bankwesens gibt es: Die öffentlich-rechtlichen Sparkassen, meist im Besitz von Städten, Kreisen und Bundesländern, haben einen Marktanteil von gut 40 Prozent und sind damit schon seit Jahren die größte Gruppe der Kreditinstitute, gefolgt von den Genossenschaftsbanken mit einem Marktanteil von rund einem Drittel, auch der seit Jahren stabil. Erst dann kommen die privaten Geschäftsbanken, die schon seit langem kaum über einen Marktanteil von 20 Prozent hinauskommen. Zwar werden in Deutschland werden fast täglich Bankfilialen geschlossen, aber der Wettbewerb bleibt intensiv. Denn zusammengelegt wird nur innerhalb der Bankengruppen: Genossenschaften fusionieren mit Genossenschaften, Sparkassen mit Sparkassen, und – geziert von vielen Misserfolgen – Geschäftsbanken mit Geschäftsbanken.

    Gerade bei den privaten Banken kam dieser Prozess aber vor drei Jahren zum Stillstand. Denn als im März 2000 die Börsen zusammenbrachen, die Konjunktur zum Stillstand kam und die Pleitewelle rollte, wurde offenbar, wie viel Speck die Banken angesetzt hatten, dass sie zu teuer arbeiteten, dass sie zu viele faule Kredite vergeben hatten, dass sie mit der Konzentration auf das Investmentbanking, also mit Börsengängen, Fusionsberatung und dem Handel mit Unternehmensteilen, auf das falsche Pferd gesetzt hatten. Auch im Ausland - musste der Vorstandssprecher der Deutschen Bank, Josef Ackermann, im September 2002 feststellen - hatte niemand Interesse an den deutschen Banken:

    Alle Gespräche, die wir führen mit Investoren weltweit, immer wieder dieselbe Botschaft: Verbessert euch operativ, macht jetzt keine großen Schritte nach vorne. Dazu kommt, dass Sie heute oftmals gerade etwas dazu kaufen, was man gerade nicht will, nämlich ein Kreditportfolio. Dazu kommt, dass Sie in einer Phase der Strukturbereinigung in vielen Ländern Europas gerade in den Risiken und in den Wertberichtigungen wahrscheinlich eine Zeitbombe finden. Deshalb, glaube ich, ist die Konsolidierung im Moment nicht das A und O. Aber sie wird kommen.

    Jetzt ist es so weit. Die Banken haben das schwierige Jahr 2003 hinter sich gebracht. Sie haben die Konsequenzen aus den aufgehäuften Verlusten gezogen, haben ihre EDV-Abteilungen ausgegliedert und verkauft. Sie haben ihre Geschäftsräume an Immobiliengesellschaften abgegeben. Sie haben einzelne Geschäftszweige, wie das Hypothekengeschäft, zusammengelegt. Sie haben Kredite gebündelt, in Wertpapiere verpackt und an den Kapitalmarkt weitergegeben. Nicht zuletzt haben allein die vier Großbanken 43.000 von 262.000 Arbeitsplätzen, also fast ein Fünftel, gestrichen. Andreas Köchling, Bankanalyst der Frankfurter Sparkasse, darüber, wie die Banken sich verändert haben:

    Nun, die Zeit ist weiter fortgeschritten. Die letzten zwei, drei Jahre waren im Bankgeschäft sehr, sehr hart, so dass die Häuser eigentlich kaum noch den Unternehmen gleichen die sie vor fünf Jahren waren.

    Die Commerzbank etwa hat in ihren Bilanzen aufgeräumt und wird 2003 einen Verlust von zwei Milliarden Euro ausweisen. Für Vorstandssprecher Klaus-Peter Müller war es ein Kraftakt:

    Ich darf Ihnen eins sagen: Man fühlt sich ein gutes Stück besser, wenn man die Bereinigung durchgeführt hat und mit all den Faktoren wieder handlungsfähig geworden ist.

    Für die Beobachter war klar: Die Befreiung von den Altlasten diente auch dazu, neue Partner für neue Bündnisse zu gewinnen. Jetzt wollen die Banken mehr, sie wollen nicht nur unter sich bündnisfähig werden, wollen nicht nur die bislang erfolglosen Fusionspläne von Deutscher und Dresdner, von Dresdner und Commerzbank in neuer Form neu angehen, sie wollen mehr, sie wollen die Sektorengrenzen überwinden, wollen Genossenschaftsbanken und Sparkassen in die Konsolidierung einbeziehen. Sprich: Sie wollen mehr Marktanteile, mehr vom gesamten Kuchen. Denn die geringen Marktanteile, so argumentieren sie, seien die Ursache für die geringen Verdienstspannen. Und dass die deutschen Banken im internationalen Vergleich schlecht verdienen, hat ihnen auch Bundesbankpräsident Ernst Welteke bestätigt:

    Die Ertragslage der deutschen Banken ist im internationalen Vergleich außerordentlich schwach.

    Die erste Garde des privaten deutschen Bankwesens stößt deshalb immer häufiger ins gleiche Horn, sie blasen zum Angriff auf die Drei-Säulen-Struktur, wollen Sparkassen und Genossenschaftsbanken kaufen dürfen. Rolf Ernst Breuer, Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bank und Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken:

    Wenn die Banken fit und für den anstehenden europäischen Konsolidierungsprozess bereit sein wollen, müssen jetzt die notwendigen Maßnahmen eingeleitet werden. Alle politischen Verantwortlichen müssen sich darüber im Klaren sein, dass die potentiellen Eroberer schon vor der Tür stehen. Wir haben also keine Zeit mehr zu verlieren. Die deutsche Kreditwirtschaft muss sich endlich aus ihren Fesseln befreien.

    Ähnlich Dieter Rampl, der Vorstandschef der Hypovereinsbank in München:

    In einem großen europäischen Bankenmarkt macht die Einteilung eines nationalen Teilmarktes in Gruppen, deren Mitglieder weitgehend nur untereinander zusammenarbeiten, keinen Sinn.

    Und auch Commerzbanker Klaus-Peter Müller glaubt, nun bereit zu sein für den Konsolidierungsprozess im deutschen Bankenwesen:

    Die Commerzbank kann nach der umfassenden Neubewertung im bevorstehenden Konsolidierungsprozess sowohl innerhalb der privaten Banken als auch zwischen den drei Säulen der deutschen Kreditwirtschaft eine aktive, eine gestaltenden Rolle spielen.

    Und selbst die Bundesbank hat zuletzt angedeutet, das dreigliedrige Bankensystem in Deutschland müsse nicht auf alle Zeit erhalten bleiben. Bundesbankpräsident Ernst Welteke:

    Wir in der deutschen Bundesbank nehmen zu den Entwicklungen im Bankensektor eine neutrale Haltung ein. Aber die neutrale Haltung heißt nicht, dass wir etwa marktgetriebenen Veränderungen in der deutschen Bankenlandschaft uns entgegenstellen würden und sagen, das deutsche dreigliedrige Bankensystem ist sakrosankt und nur so, wie es jetzt gerade mal sich historisch entwickelt hat, auch auf alle Zeit erhalten bleiben.

    Die Sparkasse Stralsund gilt dabei als Türöffner. Ursprünglich sollte heute entschieden werden, ob ein Bieterverfahren zugelassen wird. Nun wurde die Frist um eine Woche verlängert. Nicht nur in Stralsund, auch anderswo warten Bürgermeister und Kämmerer begierig auf eine Entscheidung. Denn die privaten Banken gestehen lächelnd zu, auch andere Städte seien mit Übernahmeangeboten auf sie zugekommen. Ihre klammen Kassen machen die Kommunen verkaufswillig. Aber der Sparkassensektor macht gegen solche Pläne mobil. Dietrich Hoppenstedt, der Präsident des deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, spricht den privaten Banken sogar die Fähigkeit ab, auf die Bedürfnisse privater Kunden und mittelständischer Unternehmen einzugehen:

    Ich verstehe, dass man vor diesem Hintergrund fieberhaft darüber nachdenkt, sich den Markt und das Know-How von dezentralen Kreditinstitutsgruppen einzuverleiben. Aber selbst wenn man diese Sparkassen oder auch Genossenschaften kaufen könnte: Märkte, Know-How und Retailkultur erwirbt man dadurch noch lange nicht. Ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dieses Geschäft ist den privaten Banken in ihrer heutigen Aufstellung fremd und wird ihnen wohl auch in absehbarer Zeit fremd bleiben.

    Hilfe für die Sparkassen kommt auch von der Wissenschaft. Professor Uwe Schneider von der TU Darmstadt, Leiter des Instituts für deutsches und internationales Banken- und Sparkassenrecht an der Uni Mainz, will am Drei-Säulen-System der Kreditwirtschaft nicht gerüttelt wissen.

    Dieses System hat sich in den letzten Jahren hervorragend bewährt, denn es hat dafür gesorgt, dass für alle unterschiedlichen Bereiche unserer Gesellschaft, für den Bürger, für die mittelständischen Unternehmen, für Großunternehmen, Bankdienstleistungen flächendeckend angeboten wurden.

    Vor allem bezweifelt Schneider, dass die privaten Banken weitsichtig und nachhaltig agieren können. Und er warnt davor, dass internationale Fusionen möglicherweise zu großer Abhängigkeit führen.

    Zunächst muss man sehen, wie sich das entwickelt hat, in den letzten Jahren. Die Geschäftsbanken haben eine Zeit lang kein Interesse mehr am Privatkundengeschäft gehabt, sondern sich ganz auf das nationale und internationale Investmentgeschäft geworfen. Jetzt haben sie plötzlich gemerkt: Das Privatkundengeschäft – da kann man ja auch Geld verdienen. Die andere Entwicklung ist: Wir haben in den letzten Jahren natürlich eine Konzentration in allen Bereichen. Das gilt auch bei Sparkassen und bei Volksbanken. Was bedeutet es, wenn über einzelne Bereiche hinaus Zusammenschlüsse in größerem Umfang erfolgen sollten? Das würde doch folgende Entwicklung nach sich ziehen: Es gäbe eine hohe Konzentration, wir hätten schlimme Entwicklungen wie in England, und, was ich viel problematischer fände, wir hätten folgende Gefahr vor uns zu sehen. Im Moment wird alle Tage davon gesprochen, dass eine der großen Geschäftsbanken übernommen wird, dass sie übernommen werden von einem ausländischen Institut. Und dann würde das bedeuten, dass eines Tages hier in der Bundesrepublik unser ganzes Bankgeschäft nur noch von ausländischen Banken gemacht werden. Es geht nicht nur darum, dass der Normalbürger seine Konten eröffnen kann. Viel wichtiger für unsere Gesellschaft ist, dass die mittelständische Industrie mit Krediten versorgt wird. Und wollen wir eigentlich wirklich, dass dann über diese wichtige, zentrale Frage entschieden wird durch eine Bank mit einem Sitz in Chicago oder in Hongkong?

    Zwei Gegenargumente sind es also im wesentlichen, die einige Wissenschaftler gegen eine Übernahme von Sparkassen durch private Banken anführen: Zum einen wird es als Gefahr gesehen, dass letztlich ausländische Bankkonzerne die Geldgeschäfte in Deutschland dominieren könnten. Zum zweiten wird befürchtet, dass private Banken nur noch die Städte mit Bankdienstleistungen versorgen, ländliche Gebiete aber davon abgeschnitten werden. Häufig wird dabei Großbritannien als abschreckendes Beispiel angeführt. Dort gibt es zwar keine öffentlich-rechtlichen Sparkassen, doch gab es früher genossenschaftlich organisierte Banken. Sie sind inzwischen allerdings fast alle Aktiengesellschaften geworden oder wurden als Tochterunternehmen von großen Geschäftsbanken übernommen. Felix Schoenauer, Londoner Korrespondent des Handelsblatts, über die Folgen für das britische Bankgeschäft:

    Es hat sich hier eine Oligopolstruktur gebildet, d.h. die vier Großbanken Lloyds TSB, HSBC, Royal Bank of Scotland und Barclays haben mehr als 70 Prozent Anteile im Geschäft mit kleinen und mittleren Kunden. Und dadurch wurden die Preise entsprechend hochgesetzt. Also die Versorgung der Kunden war zwar noch vorhanden, aber es war de facto so, dass die Kunden sozusagen ausgenommen wurden.

    Das war auch der Labour-Regierung bewusst, die sich insbesondere die Förderung kleinerer Unternehmen auf die Fahnen geschrieben hatte. Nachdem eine unabhängige Kommission vor zwei Jahren wettbewerbsschädliche Monopolstrukturen bei den großen Geschäftsbanken entdeckt hatte, folgte die Regierung den Empfehlungen der Kommission:

    Das heißt, dass die Banken entweder erstmals Zinsen zahlen müssen auf Guthaben oder dass die Banken die Konten für die kleinen und mittleren Unternehmen ab sofort kostenlos führen, was bislang nicht der Fall war.

    Und den kleineren und mittleren Unternehmen hilft die Regierung jetzt bei der Kapitalbeschaffung auch mit einem neuen staatlichen Bürgschaftsprogramm. Handelsblatt-Korrespondent Felix Schoenauer:

    Wenn ein Kleinunternehmer mit einem Umsatz von unter drei Millionen Pfund beispielsweise zwischen 5.000 und 100.000 Pfund Kredit braucht, dann sagt das 'scheme’, wir decken 75 Prozent des Kredits ab, wir geben also sozusagen die Bürgschaft für die Bank. Und so ist gewährleistet, dass die Kunden an Geld kommen.

    Und zwar auch in ländlichen Gegenden, wo Finanzinstitute in den letzten Jahren zur Verärgerung vor allem älterer Anwohner zahlreiche Filialen geschlossen haben. Nach Schätzungen des britischen Bankenbundes werden jedoch mittlerweile etwa 30 Prozent der privaten Konten per Telefon und zwölf Prozent per Internet genutzt. Und noch wichtiger: Alle großen Finanzinstitutionen Großbritanniens haben sich auf Druck der Regierung bereit erklärt, ihre Basiskonten auch in Postfilialen zugänglich zu machen.

    Es scheint also durchaus möglich, auch in konzentrierten Märkten die Kreditversorgung sicherzustellen. Das Beispiel Großbritannien zeigt freilich, dass die Politik für einen entsprechenden Rahmen sogen muss. Deutschland dagegen hat den Konzentrationsprozess noch vor sich - und die Bundespolitik fördert ihn. Der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Caio Koch-Weser, schrieb jedenfalls im Oktober vorigen Jahres in der "Börsen-Zeitung":

    Auch das Regionalprinzip sollte in die Reformüberlegungen mit einbezogen werden, da es in gewisser Weise die Entfaltungsmöglichkeiten wettbewerbsstarker Banken behindert. Ein Blick über die Grenzen hinweg zeigt, dass andere Länder in Europa mit vergleichbaren Ausgangspositionen in ihrem Strukturwandel weiter fortgeschritten sind. Hier gilt es nachzuziehen.

    Das hören die Sparkassen nicht gern. Sie halten sich einstweilen nicht an die Bundespolitik, sondern an die Länder. Die Finanzministerin von Mecklenburg-Vorpommern, Sigrid Keler, SPD, will jetzt sogar das Sparkassengesetz von Mecklenburg-Vorpommern nachträglich ändern, um eine mögliche Gesetzeslücke zu schließen und den Verkauf einer Sparkasse auf jeden Fall zu unterbinden:

    Für uns war das alte unter den normalen Verhältnissen gut. Aber wir haben uns jetzt eines besseren belehren lassen müssen, dass es doch eine Lücke hatte, indem die Auflösung nicht richtig geregelt war. Die Auflösung bedeutet eben: Die verschwindet, und es gibt einen weißen Fleck. Wir haben uns entschieden, diese Lücke zu schließen, weil ich denke, bevor eine Sparkasse aufgelöst werden kann, müssen vorher sämtliche Möglichkeiten einer freiwilligen oder einer Zwangsfusion geprüft werden.

    Der Oberbürgermeister von Stralsund, Harald Lastovka von der CDU, sieht die rückwirkende Gesetzesänderung dagegen als Bestätigung seiner bisherigen Position an. Ihm wird nachgesagt, dass er einen möglichen Erlös aus dem Verkauf der Sparkasse gerne für den Bau einer Halle für den Handballverein verwenden würde, daher wählt er einen Vergleich aus dem Sport:

    Wenn man zwei Monate als Gesetzesbrecher beschimpft wird und dann so schön rehabilitiert wird durch ein Eigentor unserer Finanzministerin, dann kann man sich nur freuen. Und wenn bei der gegnerischen Mannschaft einer der Spitzenspieler so ein Eigentor fabriziert, ist es eigentlich ein Grund zur Freude. Zur Zeit sehe ich eine abenteuerliche Initiative einer Partei, die wahrscheinlich die Landesregierung beherrscht, und man will innerhalb von 14 Tagen ein so wichtiges Gesetz verändern. Also, ich kann diese abenteuerliche Handlungsweise nicht nachvollziehen.

    Die privaten Geschäftsbanken halten ihm die Daumen. Sie wollen den Umbruch, den sie in ihren eigenen Häusern umgesetzt haben, nun auf die gesamte Branche übertragen. Für die Kundschaft bedeutete das: Wahrscheinlich bessere Produkte, aber sicher auch weniger Wettbewerb und höhere Preise.