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Simbabwe
Hoffen auf ein Ende der Ära Mugabe

Simbabwe ohne Präsident Robert Mugabe? Für viele Menschen ist das kaum vorstellbar, denn der 93-Jährige herrscht seit der Unabhängigkeit 1980 autoritär über das Land, will sogar noch einmal kandidieren. Er und seine Machtclique haben aber das einst florierende Land heruntergewirtschaftet. Auf der Straße formiert sich trotz massiver Repressalien immer lauter Protest.

Von Jan-Philippe Schlüter |
    Simbabwes Präsident Robert Mugabe mit seiner Frau Grace beim Parteitag der ZanuPF.
    Simbabwes Präsident Robert Mugabe mit seiner Frau Grace beim Parteitag der ZanuPF. (AFP/Jekesai Nijikizam)
    "Wir warten auf unsere Rente. Ich bin um 4:30 Uhr heute Morgen hier angekommen. Aber ich habe noch nichts bekommen. Wahrscheinlich haben sie kein Geld da. Der Manager behauptet, dass eine Maschine kaputt ist. Es gibt ständig Probleme mit der Auszahlung. Ich habe sogar schon mal drei Mal für mein Geld anstehen müssen."
    Pieter sitzt auf einem dünnen Stück Pappe auf dem Bordstein im Zentrum Bulawayos. Er trägt ein blau-weiß kariertes Hemd und einen olivgrünen Parka, der ihn vor dem Wind schützen soll. Seit mehr als sechs Stunden wartet er schon in der langen Schlange vor dem Büro der simbabwischen Sozialversicherung auf seine 60 Dollar Monatsrente. Pieter ist 78 Jahre alt.
    Eine Szene, die typisch ist für das Land im Süden Afrikas. Die Menschen leiden unter einer nicht enden wollenden Wirtschaftskrise. Der Staat ist praktisch bankrott. Und ZanuPF, die Partei des autoritären Präsidenten Robert Mugabe, hält sich mit Gewalt und Unterdrückung an der Macht.
    Als Robert Mugabe 1980 Premierminister im gerade unabhängig gewordenen Simbabwe wurde, da waren sie noch positiv und optimistisch im Land. Die Zeit der Fremdbestimmtheit und der weißen Minderheitsherrschaft war vorbei, die Landwirtschaft florierte, das Gesundheits- und das Bildungssystem waren vorbildlich. Simbabwe und Mugabe galten als Hoffnungsträger des afrikanischen Kontinents und wurden entsprechend vom Westen hofiert.
    Vier von fünf Menschen haben keinen festen Job
    Aber es dauerte nur 20 Jahre, bis Mugabe und seine durch und durch korrupte Machtclique das einstmals blühende Land heruntergewirtschaftet hatten. Vier von fünf Simbabwern haben keinen festen Job. Millionen gut ausgebildeter Menschen sind in benachbarte Länder wie Südafrika, Sambia oder Botswana geflohen, um dort als Kellner, Handwerker oder Hausmädchen zu arbeiten. Der einstmalige "Brotkorb des Kontinents" muss Lebensmittel aus Südafrika importieren. Der Staatsapparat ist völlig aufgebläht, die Gehälter der mehr als 200.000 Staatsangestellten verschlingen drei Viertel des simbabwischen Haushalts. Die Auslandsverschuldung ist enorm. Regelmäßig geht die Regierung auf Betteltour in Afrika oder China. Kurzum: Simbabwe ist am Boden.
    Landarbeiterinnen hacken ein Feld mit jungen Tabakpflanzen auf einer Farm in Simbabwe.
    Landarbeiterinnen hacken ein Feld mit jungen Tabakpflanzen auf einer Farm in Simbabwe. (dpa / picture alliance / Chad Ehlers)
    Um sich den beispiellosen Niedergang Simbabwes bildlich vor Augen zu führen, fährt man am besten in den Süden des Landes. Bulawayo ist die zweitgrößte Stadt und das industrielle Herz Simbabwes. Wobei das Herz zunehmend langsamer schlägt: Eine Firma nach der anderen muss dichtmachen. Zehntausende von Arbeitern haben in den vergangenen Jahren ihre Stellen verloren. Fabriken modern vor sich hin.
    Clayton Moyo stammt aus Bulawayo. Er hat viele Jahre als Produktionsmanager für den Reifenhersteller Dunlop gearbeitet. Jetzt ist er arbeitslos. Voller Sehnsucht denkt er an die Zeit vor 20, 30 Jahren zurück, als die Fabrikschornsteine noch qualmten.
    "Wenn Sie um 17 Uhr in das Industriegebiet Belmont gegangen sind, konnten sie Menschenmassen sehen. Arbeiter, die nach dem Schichtwechsel nach Hause gingen. Volle Busse. Wenn wenn Sie heute hingehen, ist alles verödet. Es tut weh, zu sehen, wie tief wir gesunken sind. Schrecklich!"
    Leer stehende Fabriken
    Ein paar Kilometer außerhalb Bulawayos steht die Fabrik von United Refineries, die Seife und Speiseöl herstellt. Früher hatte die Firma mal 1.000 Mitarbeiter, jetzt sind es nur noch 200. Es fehlen heimische Rohstoffe wie Soja- oder Baumwollsamen, aus denen Öl gepresst werden könnte. Mitarbeiter Wilfried steht etwas verloren mit seinem orangenen Helm in einer riesigen Halle, die so groß wie ein Fußballfeld ist. Früher wurden hier Tausende von Säcken mit Saatgut zwischengelagert.
    "Wir haben früher 80 Tonnen Samen am Tag verarbeitet. Jetzt sind es null. Leider. Wir haben wirklich große Probleme. Die landwirtschaftliche Produktion ist eingebrochen. Wir bekommen nicht mehr genügend Samen als Rohstoff und haben die Ölmühle dichtmachen müssen. Das ist wirklich bitter. Mittlerweile importieren wir rohes Speiseöl aus dem Ausland und raffinieren es hier nur noch."
    Ein Straßenschild mit dem Namen von Simbabwes Präsident Robert Mugabe liegt auf dem Boden in der Hauptstadt Harare. Dort war es nach einer Großkundgebung der Opposition zu schweren Unruhen gekommen.
    Ein Straßenschild mit dem Namen von Simbabwes Präsident Robert Mugabe liegt auf dem Boden in der Hauptstadt Harare. (AFP)
    In seinem verwinkelten Chefzimmer sitzt Busisa Moyo hinter einem Holzschreibtisch. Der 42-Jährige ist nicht nur Chef von United Refineries, sondern auch Präsident des simbabwischen Industrieverbandes. Er weiß sehr genau, was hier in den vergangenen Jahrzehnten alles schiefgegangen ist. Den Ursprung des Niedergangs sieht Moyo in den kolonialen 1960er-Jahren, als Simbabwe noch Rhodesien hieß und von der weißen Minderheit regiert wurde.
    "Wir hatten hier einen hermetisch abgeriegelten Markt, weil das Land unter Sanktionen stand. Das heißt, es gab keine Konkurrenz, was zu viel Ineffizienz geführt hat. In den 1990ern wurde der Markt liberalisiert. Plötzlich mussten wir mit dem Rest der Welt konkurrieren. Das haben viele Firmen nicht geschafft und mussten schließen. Die Liberalisierung hatte also ihren Anteil. Dann hatten wir immer wieder Dürrephasen, die die landwirtschaftliche Produktion minimiert haben. Anschließend hatten wir eine Landreform mit negativen Auswirkungen. Wir hatten eine Hyperinflation. All diese Ereignisse haben zu Verlusten von Unternehmen geführt."
    Viele Fabriken in Bulawayo wirken wie Industriemuseen. Die Maschinen sind hoffnungslos veraltet und müssten dringend durch neuere ersetzt werden. Aber der heimischen Wirtschaft fehlt das Kapital. Und ausländische Investoren sind durch die grassierende Korruption und die inkohärente Politik der Regierung Mugabe nachhaltig abgeschreckt worden. Sei es durch die zwar notwendige, aber katastrophal gemanagte Landreform, bei der Kriegsveteranen einfach Großfarmen besetzt und die Besitzer gewaltsam vertrieben haben. Sei es durch das Indigenisierungsgesetz, das vorschreibt, dass die Mehrheit eines jeden Unternehmens in der Hand schwarzer Simbabwer sein muss. Wer investiert schon in einem Land, in dem Enteignungen wie ein Damoklesschwert über möglichen Investitionen hängen, fragt sich der ehemalige Fabrikmanager Clayton Moyo:
    "Du kannst doch nicht erwarten, dass hier jemand Geld reinsteckt, wenn er nicht über seine Investition entscheiden kann. Wir machen hier investorenfeindliche Gesetze, die es sonst nirgends gibt. Was macht uns so besonders, dass wir glauben, mit einer solch abschreckenden Gesetzgebung Investoren anziehen zu können? Warum sollten sie nicht woanders hingehen, wo sie nicht so rigide Regeln haben?"
    Geld wird knapp in Simbabwe
    Die Atmosphäre in der Innenstadt von Bulawayo ist gedrückt. Keiner weiß so recht, wie sich die Stadt, wie sich das Land aus der teilweise selbst verschuldeten Sackgasse manövrieren will. Seit Monaten bietet sich hier das gleiche Bild vor Banken und Geldautomaten wie in ganz Simbabwe: Dutzende, teilweise hunderte Menschen warten bemerkenswert geduldig in der Schlange, bis sie dran sind. Bei manchen Banken dürfen sie nicht mehr als 50 US-Dollar am Tag abheben. Aber eine Garantie, dass sie Geld bekommen, gibt es nicht.
    Ein Mann geht in Zimbabwe an einem durch die Dürre verendeten Rind vorbei.
    Simbabwe wurde auch 2016 von einer schweren Dürre heimgesucht. (dpa/picture-alliance/Aaron Ufumeli)
    Simbabwe geht schlicht und einfach das Bargeld aus. Das Land importiert deutlich mehr Waren, als es exportiert. Der Geldkreislauf blutet aus. In ihrer Not hat die simbabwische Regierung vor drei Monaten neue Geldscheine gedruckt. Die meisten Simbabwer trauen der neuen Währung nicht, haben sich aber zähneknirschend der Realität untergeordnet und nutzen sie widerwillig.
    Auf dem Gehsteig vor dem Büro der simbabwischen Sozialversicherung sitzen der 78-jährige Pieter und der 56-jährige David. Die beiden harren seit halb fünf Uhr morgens auf dem Gehsteig aus und warten auf die Auszahlung ihrer Rente. Doch ob sie sie heute bekommen, ist fraglich. Es kann gut sein, dass die Geldlieferung an die Sozialversicherung ausgeblieben ist.
    Sozialversicherung zahlt nur wenig
    David ist sauer: 20 Jahre hat er in die Sozialversicherung eingezahlt. Jetzt bekommt er gerade mal 30 Dollar Rente im Monat und muss dafür auch noch stundenlang anstehen. Und dann passiert etwas, was sonst in Simbabwe ganz selten passiert: David kritisiert in aller Öffentlichkeit den greisen Präsidenten Robert Mugabe.
    "Drei Viertel der Menschen hier wollen diesen Mann nicht mehr sehen. Aber sie sprechen es nicht laut aus, denn sie haben Angst. Angst, verprügelt zu werden, zu sterben oder zu verschwinden. Verstehst Du? Kritische Menschen verschwinden hier einfach. Die wollen keine Kritiker. Wenn Du was sagst, folgen sie Dir und sagen: Warum erzählst Du so was? Warum kannst Du nicht den Mund halten? Ich sage Dir: weil wir leiden! Frag jeden hier! Wir brauchen einen Regierungswechsel! Wir haben genug gelitten."
    Aber was bedeutet ein Regierungswechsel? Was kommt nach Mugabe? Kaum jemand traut sich, eine seriöse Prognose zu. Zu sehr hat Mugabe die politische Bühne dominiert und Nachfolgediskussionen im Keim erstickt.
    Mugabes Partei ZanuPF ist jetzt schon zerrissen ob des Kampfes um seine Nachfolge. Grob vereinfacht gesagt stehen sich zwei Seiten gegenüber, sagt Politikanalyst Dr. Pedzisai Ruhanya vom Demokratieinstitut in Simbabwe. Auf der einen Seite steht der 74-jährige Vize-Präsident Emmerson Mnangagwa. Ein gefürchteter Hardliner. Spitzname: das Krokodil:
    "Mnangagwa ist ein alter Weggefährte Mugabes. Er kennt ihn seit mehr als 40 Jahren, noch aus der Zeit des Freiheitskampfes. Vor allem kontrolliert Mnangagwa aber wichtige Teile des Staatsapparats: die Polizei, die Geheimpolizei und vor allem die Armee. Sie ist der entscheidende Machtfaktor beim Kampf um die Vorherrschaft – sowohl in der Partei, als auch im Land."
    Macht-Elite würde auch nach Mugabe weiterregieren
    Auf der anderen Seite steht Mugabes Ehefrau Grace, die über die Jahre große Ambitionen auf das Präsidentenamt entwickelt hat. Allerdings glaubt kaum jemand in Simbabwe, dass Grace eine reelle Chance hat. Zu unbeliebt ist die wegen ihres Hangs zu Luxusprodukten als Gucci-Grace verspottete First Lady. Außerdem fehlt der 51-Jährigen der Stallgeruch des Befreiungskampfes.
    "Dass sie gewählt wird, ist eher unwahrscheinlich. Aber Mugabe nutzt sie und die ZanuPF-Politiker um sie herum als Strohmänner. Diese Gruppe, die G40 genannt wird, sind Strohmänner Mugabes, um den Vize-Präsidenten Mnangagwa in Schach zu halten. Sie existiert nur, solange Mugabe daran ein Interesse hat. Ohne ihn würde die G40 keine Auseinandersetzung mit Mnangagwa überstehen."
    Deshalb tippen viele auf Emmerson Mnangagwa als Nachfolger, wenn Mugabes sein Amt nicht mehr ausüben kann. Sollte das eintreten, würde sich in Simbabwe nicht viel ändern, meint Pedzisai Ruhanya.
    "Die Strukturen des Staates, die Institutionen, die Mugabe zur Unterdrückung nutzt, bestehen ja weiter. Der kleine Unterschied wäre vielleicht, dass wir dann eine 'wohlwollende Diktatur' hätten. Einen autoritären Kapitalismus wie in China. Es wäre ein konkurrenzbetontes autoritäres Regime, das ein paar demokratische Aspekte einstreuen würde. Aber im Kern wäre es ein autoritäres Regime, das weiterhin Menschen unterdrückt."
    Oppositionsführer Morgan Tsvangirai ist mit Dutzenden anderen Oppositionellen bei einer Protestkundgebung in Simbabwes Hauptstadt Harare festgenommen worden.
    Oppositionsführer Morgan Tsvangirai. (AP)
    Kein sehr positiver Ausblick für die vielen Simbabwer, die nach einem Wechsel dürsten. Die Unzufriedenheit mit einem Regime bedeutet aber nicht automatisch, dass die Menschen der Opposition mehr zutrauen würden. Die größte simbabwische Oppositionspartei MDC-T steckt genau in diesem Dilemma, meint Politikanalyst Pedzisai Ruhanya. Vielen Menschen sei nicht klar, wofür die MDC-T stehe.
    "Sie haben keine Agenda. Die Volkswirtschaft Simbabwes hat sich in den vergangenen 15 Jahren massiv gewandelt. In den 80er-Jahren hatten wir eine gut organisierte Arbeiterschaft. Mittlerweile haben wir aber kaum noch geregelte Arbeit, 85 Prozent der Menschen sind arbeitslos. Wir haben einen riesigen informellen Sektor, aber die Opposition hat da keine Anknüpfungspunkte. Die MDC-T hat ihre Wurzeln in der Arbeiterbewegung, aber es gibt kaum mehr Arbeiter. Die Partei hat sich nicht den veränderten Rahmenbedingungen angepasst."
    Ex-Vize-Präsidentin hat keine Glaubwürdigkeit
    Vor gut einem Jahr hat dann eine neue Figur die Hoffnung auf eine stärkere Opposition genährt: Ex-Vize-Präsidentin Joyce Mujuru, eine ehemals enge Verbündete und potenzielle Nachfolgerin von Robert Mugabe. Sie wurde mit Schimpf und Schande als Verräterin aus der ZanuPF gejagt.
    Sie gründete die Partei ZimPF, "Zimbabwe People First". Anfangs gab es die Hoffnung, die könne der ZanuPF wertvolle Stimmen abjagen. Aber der Glanz von Mujuru und ihrer Partei ist in Rekordzeit verblasst. Innerparteiliche Querelen haben die ZimPF geschwächt. Und Mujuru ist es nicht gelungen, ihr großes Glaubwürdigkeitsproblem zu überwinden: Schließlich hatte Sie es sich 34 Jahre im System Mugabe gemütlich eingerichtet, bis sie in Ungnade gefallen ist. In einem System also, das für systematische Unterdrückung bis hin zur Ermordung politischer Gegner steht. Im Interview spielt Mujuru ihre Rolle herunter.
    Simbabwes Präsident Robert Mugabe (r.) mit der Vize-Präsidentein Joice Mujuru, die Mugabe politisch ausgeschaltet hat.
    Simbabwes Präsident Robert Mugabe (r.) mit der Vize-Präsidentein Joice Mujuru, die Mugabe politisch ausgeschaltet hat. (AFP/Jekesai Nijikizam)
    "Wenn Sie Teil einer Administration sind, heißt das nicht, dass Sie mit jeder Entscheidung einverstanden sind. Und manchmal sind wir erst über schlimme Dinge aufgeklärt worden, als sie schon passierten. Folgerichtig habe ich mir gesagt: Das ist nicht gut! Wir sollten die Dinge anders angehen."
    Politikanalyst Pedzisai Ruhanya vom Demokratie-Institut in Simbabwe grinst spöttisch, als er das hört. Für ihn ist Joyce Mujuru schlicht und einfach Mittäterin bei Verbrechen gegen die simbabwische Bevölkerung. Und so ist die MDC-T mit ihrem Vorsitzenden Morgan Tsvangirai doch die einzige Hoffnung, wenn es darum geht, sich eine Zukunft ohne ZanuPF an der Macht vorzustellen. An ihm führt kein Weg vorbei.
    Neue Protestbewegungen in den vergangenen Monaten
    Verbünden könnte sich Morgan Tsvangirai mit den vielen neuen Protestbewegungen, die in den vergangenen Monaten entstanden sind. Es sind meist junge Menschen, die die Nase voll haben von den herrschenden Zuständen und die sich über soziale Medien verabreden. Es hat sogar – ein Novum für Simbabwe – mehrere größere Demonstrationen in der Hauptstadt Harare gegeben.
    Zu Tausenden sind die Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Misswirtschaft, Korruption und die miserable wirtschaftliche Lage zu demonstrieren. Allerdings hat die Polizei sämtliche Proteste mit brutaler Gewalt aufgelöst. Wer als Anführer identifiziert wurde, kam ins Gefängnis. Eine davon ist die 34-jährige Linda Masarira:
    "Simbabwe ist nicht frei. Wir dürfen uns nicht laut beschweren. Wir müssen ertragen und leiden und in Armut leben. Zugunsten sehr weniger Individuen, wie Mugabe. Ihnen gehört das Land und wir müssen uns mit den Brotkrumen begnügen."
    Die Polizei in Simbabwe treibt Demonstranten mit Wasserwerfern auseinander.
    Die Polizei in Simbabwe treibt Demonstranten mit Wasserwerfern auseinander. (picture-alliance / dpa / Aaron Ufumeli)
    Linda sitzt in einem Restaurant in Harare und redet sich in Rage. Mit einer Freundin hat die fünffache Mutter vor dem simbabwischen Parlament gegen die schlechten Lebensbedingungen protestiert. Prompt wurde sie verhaftet.
    "Sie haben Anschuldigungen erfunden. Wir hätten die Justiz behindert. Zehn Tage waren wir im Gefängnis. Wir sind dann gegen 1.000 Dollar Kaution freigekommen. Als wir rauskamen, bin ich von Polizisten brutal verprügelt worden. Ich konnte tagelang nicht sitzen. Anfang Juli bin ich dann einfach von der Straße weg verhaftet worden. Mir wurde vorgeworfen, ich hätte einen Aufruhr angezettelt. Ich saß 84 Tage im Gefängnis."
    Regime drangsaliert die Demonstranten
    So geht das Mugabe-Regime mit seinen Gegnern um. Aber Linda und Tausende andere junge Menschen lassen sich nicht einschüchtern. Sie treffen sich mit Gleichgesinnten, tauschen sich über WhatsApp und Twitter aus, organisieren Informationsveranstaltungen und sprechen mit den arrivierten Oppositionsparteien über mögliche Koalitionen. Linda sagt, sie habe einen langen Atem – und der sei auch nötig.
    "Wir brauchen einen kompletten Systemwandel. Und das passiert nicht über Nacht. Wir brauchen mindestens zehn Jahre, damit die Dinge in Simbabwe sich normalisieren. Schließlich sind wir eines der korruptesten Länder der Welt. Die Wurzel allen Übels ist die ZanuPF-Elite. Sie hat das Land heruntergewirtschaftet. Aber sie hat kein schlechtes Gewissen."
    Eine brennende Barrikade in Harare, der Hauptstadt von Simbabwe. Dort war es nach einer Großkundgebung der Opposition gegen Präsident Mugabe zu schweren Unruhen gekommen.
    Eine brennende Barrikade in Harare, der Hauptstadt von Simbabwe. Dort war es nach einer Großkundgebung der Opposition gegen Präsident Mugabe zu schweren Unruhen gekommen. (AFP)
    Das Oberhaupt der "Wurzel allen Übels", Präsident Robert Mugabe, vermittelt nicht den Eindruck, als bereue er irgendetwas. Keinen Millimeter gibt er gegenüber seinen Gegnern nach, keine ausgestreckte Hand kommt ihm in den Sinn. Wenn es nach ihm geht, sind ohnehin sämtliche Diskussionen über seine Nachfolge oder Absetzung verfrüht und überflüssig. Das hat er in dieser Woche in einem Interview mit dem staatlichen Fernsehsender ZBC aus Anlass seines 93. Geburtstags zu verstehen gegeben.
    "Die Mehrheit der Menschen glaubt, dass es keinen Ersatz und keinen geeigneten Nachfolger für mich gibt, der für sie akzeptabel wäre."
    Deshalb werde er bei der nächsten Präsidentenwahl im kommenden Jahr wieder antreten. Mit dann 94 Jahren. Allerdings wirkte Mugabe in dem einstündigen Interview so erschöpft und tattrig, dass man sich kaum vorstellen kann, dass sein Körper und sein Geist noch so lange mitmachen.