Es wird keine dramatische Zahl werden, wenn die Rechner im Statistischen Bundesamt morgen die neueste Inflationsrate ausspucken, die für April. Sie dürfte bei 0,7 Prozent liegen - weit weg von den 3,3 Prozent im Juni vorigen Jahres, weit weg auch von den knapp zwei Prozent, die die Europäische Zentralbank anstrebt. Steigt der Geldwert mit einer Jahresrate von knapp zwei Prozent, dann sprechen die Währungshüter von Stabilität: keine Angst vor Deflation, keine Angst vor Inflation. Jetzt also wahrscheinlich 0,7 Prozent.
Kein Grund zur Sorge? Eher besteht ein Grund zu doppelter Sorge. Denn zu wenig Geldentwertung könnte dafür sorgen, dass das Preisniveau von Waren und Dienstleistungen anhaltend sinkt - und damit die Wirtschaft in eine lähmende Deflation rutscht. Und die Gegenmaßnahmen, die im Zuge der Finanzkrise beschlossen und umgesetzt werden, könnten den Keim der Inflation in sich bergen.
Immerhin: Im März lag die Inflationsrate bei 0,5 Prozent. Der Preistreiber Nummer eins, das Öl, wirkt schon wieder. Das Preistief von knapp 40 Dollar je Fass im aktuellen Zyklus scheint beim Öl vorbei, das Fass wurde heute zu gut 57 Dollar gehandelt. Und ein Goldpreis von mehr als 910 Dollar für die Feinunze liegt zwar unter dem Allzeithoch des vorigen Jahres von 1.030 Dollar, aber das Edelmetall kostet doppelt so viel wie im langjährigen Durchschnitt. Für manchen Experten kein gutes Zeichen. Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Barclays Capital, über die Gefahren der aktuellen Geld- und Finanzpolitik:
"Man muss befürchten, dass eine solche Politik dem Währungswert schaden wird, mit anderen Worten, dass die Inflation zurückkehrt."
Von Inflation aber kann derzeit keine Rede sein. In China lagen im April die Verbraucherpreise bei einer Jahresrate von minus 1,5 Prozent - und damit den dritten Monat in Folge unter der Null-Linie. In den USA dürften die Preise im April um 0,6 Prozent gefallen sein, auch hier hatte es schon im März keine Teuerung mehr gegeben. Und auch in der Eurozone dürfte es im Jahresverlauf zu negativen Raten kommen, glaubt auch die Europäische Zentralbank. Deren Präsident Jean-Claude Trichet sagte vergangenen Donnerstag nach der Sitzung des EZB-Rates:
"Wir erwarten, dass die jährliche Inflationsrate weiter sinkt und vorübergehend für einige Monate um die Mitte des Jahres negativ werden wird."
Negative Preissteigerungen, also sinkende Preise, sind bei Ökonomen aber mindestens ebenso wenig willkommen wie Inflation. Die Tendenz dazu, zu einer Deflation sei da, meint Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen, der Helaba:
"Deflationsgefahr ist aktuell tatsächlich vorhanden. Einerseits als Ergebnis von der Finanzkrise und natürlich im Zusammenhang mit dem Ölpreis der in der Spitze von fast 150 Dollar auf 40 Dollar gefallen war, und das hat die Preise gedrückt, und in den USA haben wir im Jahresvergleich tatsächlich in Minusraten gesehen und bei uns sind die Preise sehr niedrig, noch nicht negativ im Jahresvergleich aber schon eine deflationäre Tendenz."
Deflation aber ist eine Gefahr, die die Notenbanken als auch die Regierungen mit aller Macht verhindern wollen. Deshalb werden derzeit so große Konjunkturpakete aufgelegt, die Zinsen auf historische niedrige Niveaus gesenkt. In den USA ist der wichtigste Leitzins nahe Null, in der Eurozone liegt er seit vergangenen Donnerstag bei 1,0 Prozent. Denn die Geschichte, etwa in den 30er-Jahren, hat gezeigt, dass die Bekämpfung der Deflation weitaus schwieriger sein kann als die Eindämmung der Inflation, sagt Gertrud Traud:
"Damals hat man den Kredithahn und den Ausgabenhahn zugedreht und ist in die Deflation gegangen. In Japan hat man das die ersten fünf Jahre weitgehend vergleichbar gemacht, und ist auch in die Deflation gegangen und hat dann erst zu spät den Hahn aufgedreht, und das hat dann nichts mehr geholfen dann war man schon in der sogenannten Liquiditäts- oder auch Investitionsfalle."
Denn Japan kämpfte seit 1993 etwa zehn Jahre lang mit Deflation, weil die Regierung erst spät eingriff. Denn man hätte schon aus der Erfahrung der 30er-Jahre wissen müssen, dass Deflation eben nicht durch das freie Spiel der Kräfte am Markt zu überwinden ist. So hatte damals erst der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt Erfolg mit seinem New Deal - im wesentlichen massive staatliche Investitionen, die die Konjunktur ankurbeln sollten. Auch das Hitler-Regime bekämpfte so die Deflation, es gab die sogenannten Mefo-Wechsel aus, durch die wurde nämlich die Geldmenge erhöht, und Investitionen in Gang gebracht. Denn die Effekte der Deflation sind lähmend, beschreibt Helaba-Chefvolkswirtin Traud:
"Wenn es Deflation gibt, dann machen die Unternehmen keine Gewinne mehr, wenn die Unternehmen keine Gewinne mehr machen, dann haben sie keinen Anreiz mehr was zu verkaufen, wenn sie nichts mehr verkaufen können, stellen sie keine Leute mehr ein, sie entlassen alle Leute, wird nichts mehr produziert, keiner hat mehr einen Job, und man sieht, eigentlich bringt das eine Wirtschaft vollkommen zum Erliegen. Es gibt keinen Anreiz mehr für irgendjemanden, irgendetwas zu verkaufen, weil jeder denkt, dass es morgen noch billiger wird, und deswegen kauft auch keiner."
Doch eine wirkliche Deflationsgefahr sehen die meisten Volkswirte eigentlich nicht. EZB-Präsident Trichet macht deshalb auch einen feinen Unterschied - er spricht nicht von Deflation sondern von Disinflation:
"Wir sehen derzeit nicht, dass sich ein deflationäres Risiko einstellt. Wir sehen eine disinflationäre Episode. Unsere mittelfristigen Inflationserwartungen sind derzeit solide verankert. Sie schwanken zwischen 1,7 und 2 Prozent."
Und eine Preissteigerung in der Eurozone von mittelfristig knapp zwei Prozent ist das erklärte Ziel der Notenbank. Von Deflation droht also deshalb keine Gefahr, weil die Notenbanken schnell reagiert haben. So meint Hans Jäckel, Chefvolkswirt der DZ-Bank:
"Deflation ist nicht das, was wir im Moment sehen, und auch, wenn wir im Sommer wahrscheinlich ein paar Monate kriegen, wo auch die Verbraucherpreise insgesamt um ein paar Zehntel sinken, ist das noch keine Deflation. Wir haben sicher keine Deflationsmentalität in dem Sinn, dass zum Beispiel die Haushalte Käufe zurückstellen, weil sie denken, im nächsten Monat sind sie wieder billiger, da sind wir noch weit weg davon. Angesichts des Volumens der Konjunkturprogramme, die weltweit aufgelegt worden sind, müsste man viel eher in die andere Richtung denken, auf Sicht von ein zwei Jahren sind Inflationsgefahren das wichtigere Thema."
Die Debatte über vermeintlich entstehende Inflationsgefahren im Kampf gegen die Deflation ist vermutlich deshalb so kontrovers, weil es kaum historische Vorbilder gibt, die die Finanz- und Geldpolitik leiten könnten. Die aktuelle Finanzkrise und die heftige Art, wie sie zunächst auf die Auftragslage der Unternehmen übergegriffen hat und nun die Arbeitsplätze bedroht, hat die Welt nur einmal erlebt: in der Weltwirtschaftskrise der 1920er- und 1930er-Jahre. Aber damals hat die Politik auf die Krise anders reagiert als heute. Michael Binder, Professor für Volkswirtschaft, an der Universität Frankfurt:
"Dass zu dem Zeitpunkt sowohl die Zentralbanken wie auch die fiskalpolitischen Entscheidungsträger sich nicht dazu entschließen konnten, eine Politik zu verfolgen, die das Signal eines Stimulus setzen würde, die antizyklisch wirken würde und von daher damals die Geldmenge nicht nach oben gefahren worden ist und wir von daher an dieser Stelle keinen Vergleich ziehen können zur Weltwirtschaftskrise. Aber ich denke man kann gewisse Vergleiche ziehen zur Ölschockkrise Anfang der 1970er-Jahre, als dort die Geldmenge in erheblichem Ausmaß expandiert worden ist und wir dann Ende der 19070er-, Anfang der 1980er-Jahre sehr hohe Inflationsraten hatten. Da gibt es, denke ich, gewisse Parallelen."
Das wirkt nach. Hinzu kommt - speziell in Deutschland - die Erfahrungen zweier Währungsreformen im vorigen Jahrhundert. Die haben auch den Mann geprägt, der wie kein Zweiter für die harte D-Mark steht: den ersten deutschen Wirtschaftsminister nach dem Zweiten Weltkrieg, Ludwig Erhard. Immer wieder begründete er, warum nur stabiles Geld gutes Geld sei:
"Bis zur Währungsreform im November 1923 musste das Deutsche Volk zum ersten Male in tragischer Weise erfahren, was Inflation bedeutet. Wie sie eine gewachsene Volks- und Gesellschaftswirtschaftliche Struktur im Innersten zerstört. Wie sie das Schiebertum gedeihen, und die ehrlich Arbeit sinnlos werden lies. Wie sie das Vertrauen in die staatliche Ordnung zerstörte und substanzlosen Schwärmern und Scharlatanen Auftrieb gab. Wie die materielle und seelische Not des Volkes zu politischer Falschmünzerei missbraucht wurde, und selbst redliche Menschen in Verwirrung und Schuld stürzte. Die offene Inflation als das seinerzeit angewandte Instrument zur Finanzierung und Überwindung der Kriegswirtschaft und die Betätigung der Notenpresse zur Deckung des finanziellen Staatsbedarfs, hatten in meinem elterlichen Geschäft bewirkt, dass ein ehemals großes Warenlager eine Existenz bedrohende Minderung erfahren hatte."
Aber, bisher resultierte Staatsverschuldung und Inflation aus den Belastungen durch Kriege oder war Folge eines Angebotsschocks aufgrund steigender Ölpreise. Diesmal ist ein weltweiter konjunktureller Rückschlag die Ursache. Ob das aber wirklich ein fundamentaler Unterschied ist, ist ungewiss. Die Volkswirte an der "Front", in den volkswirtschaftlichen Abteilungen der Banken, sind sich durchaus in der Lagebeurteilung nicht einig. Und auch bankunabhängige Ökonomen können die Lage nur analysieren, ein Gefühl entwickeln, nicht aber sagen, was die Wahrheit ist. Denn die liegt in der Zukunft. Professor Michael Binder von der Universität Frankfurt:
"Dadurch, dass jetzt in den letzten Monaten die Inflationsraten wieder auf ein historisch sehr niedriges Niveau zurückgegangen sind - die derzeitige Preissteigerungsrate von etwa 0,6 Prozent, aber die Sorge sicherlich besteht, dass durch all die Maßnahmen, die in Europa seitens der Europäischen Zentralbank in den USA durch das Federal Reserve Board dort unternommen worden sind, um die realwirtschaftliche Aktivität zu stimulieren, die Zinsen nach unten zu fahren, Schuldinstrument direkt aufzukaufen, ob all das nicht bedeuten wird, dass mittel- bis langfristig die Geldmenge in einem sehr hohen Volumen relativ zur realwirtschaftlichen Aktivität stehen wird und dies zu erheblicher Inflation führt. Und es gibt diesen oder jenen, der in der Tat prognostiziert, dass Inflation mittelfristig wieder im zweistelligen Bereich liegen könnte, auch wenn ich diese Erwartungen zum jetzigen Zeitpunkt als übertrieben, pessimistisch einstufen würde."
Zwar haben die Notenbanken und die Regierungen der Industrieländer in den letzten Monaten versucht, sich der Abwärtsspirale entgegenzustemmen, indem sie viel Liquidität, also Geld, in den Markt gepumpt haben: Die Regierungen über ihre zum Teil riesigen Konjunkturprogramme: Allein der amerikanische Staat hat ein Konjunkturpaket von 800 Milliarden Dollar aufgelegt, mit dem er die Nachfrage ankurbeln möchte. Europäische Regierungen waren da etwas zurückhaltender. Doch zu viel Liquidität führe dann womöglich zur Geldentwertung - schneller, als dies den Notenbanken recht sein könnte. Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba, vergleicht dies mit einem Wasserrad, das in Schwung gebracht worden ist:
"Wenn so ein Rad mal angelaufen ist, es genau dann wieder anzuhalten, wenn man denkt jetzt ist genug Wasser in dem Topf oberhalb, das finde ich halt sehr schwierig. Weil wenn der Schwung da ist, wenn die Nachfrage anspringt, wer will genau entscheiden, wann das soweit ist und vielleicht läuft es dann auch oben schon wieder über. Und das ist die Gefahr die wir sehen, weil die Bankenkrise sehr viele Auswirkungen struktureller Art hat, die mittelfristig auch die Aktivität im Bankensektor und in der Volkswirtschaft bremsen werden. Wir werden zwar wieder wachsen, aber deutlich weniger als vorher. Und trotzdem müssen die Notenbanken dann die Zinsen wieder anheben, und ich stelle mir das Geschrei schon vor, wenn die Konjunktur nur etwas anspringt, und die Notenbank versucht die Zinsen anzuheben oder die Zinsen tatsächlich anhebt, wie negativ die Märkte reagieren könnten. Also der Druck wird sehr sehr hoch sein."
Am festen Willen der Notenbanken, die Zinsen wieder anzuheben, um die Stabilität des Geldes zu erhalten, sollte man keinen Zweifel haben. Die EZB etwa hat als einzigen Auftrag, die Stabilität des Geldwertes zu erhalten, also die Inflation niedrig zu halten. Ob das Bemühen der Regierungen genauso ernsthaft ist, das kann man eher zweifeln, meint Hans Jäckel, Chefvolkswirt der DZ-Bank:
"Die Versuchung ist groß, sich über Inflation zu entschulden. Aber die wirtschaftspolitische Erfahrung der letzten Jahrzehnte, ja fast Jahrhunderte zeigt, dass eine Stabilisierung der Wirtschaft nach einem solchen inflationären Schub leichter gelingt, wenn Geldpolitik und Finanzpolitik an einem Strick ziehen und nicht gegeneinander arbeiten. Dann kann es gelingen, Inflationsgefahr zu bannen ohne das zu große Wachstumsschäden entstehen."
Hinzu kommt: Derzeit versuchen die Notenbanken auch mit unkonventionellen Maßnahmen, dem Ankauf von Staats- oder Unternehmensanleihen etwa, mehr Liquidität in die Unternehmen und in die Märkte zu bringen, damit die Wirtschaftstätigkeit nicht zum Erliegen kommt. Die einzufangen verlangt ebenfalls nach Fingerspitzengefühl, vermutet Jäckel:
"Natürlich ist es mit dem zunehmenden Einsatz innovativer Liquiditätsinstrumente nicht ganz so einfach, dass alles wieder einzufangen. Am kurzen Ende Geldmarkt ist das einfach, aber je mehr Zentralbanken dann auch längerfristige Aktive angekauft haben, erfordert das schon einiges Fingerspitzengefühl, und es ist nicht nur eine Sache von ein paar Monaten. Trotzdem denke ich, das die Zentralbanken die Instrumente dafür haben."
Verlierer einer Inflation aber wären all diejenigen, die Einkommen haben, die nicht unmittelbar an die Inflation angepasst werden: Angefangen von den Rentnern über Sozialhilfeempfänger bis hin zu den Bafög-Beziehern. Im wesentlichen würden von einer Inflation also die kleineren Einkommen betroffen. Sie erhalten für ihr Geld weniger Waren und Dienstleistungen. Und da sie zudem wenig Geld übrig haben, mit dem sie sich selbst vorsorgen können, träfe sie eine Inflation doppelt.
Aber auch die Deflation hat eine direkte Auswirkungen auf die Ersparnisse der Bürger.
Bei Deflation sind die Möglichkeiten, eine auskömmliche Rendite zu erreichen gering, weil das Zinsniveau allgemein sehr niedrig ist. Größere Angst haben Sparer jedoch vor einer starken Inflation. Denn die frisst ihnen einen Teil des Ersparten weg, nimmt ihnen einen Teil ihrer Altersvorsorge, ihrer Rücklagen für Notfälle, für die Ausbildung der Kinder oder den nächsten Urlaub. Deshalb ist Inflationsschutz jetzt schon ein wichtiges Thema in den Medien genauso wie in den Beratungsgesprächen der Sparkassen und Banken. Für langfristig denkende Sparer ist seit jeher Gold die erste Rettung, sagt Wolfgang Wresniok-Rossbach, Leiter des Edelmetallhandels bei Heraeus:
"Viele Anleger sehen Gold eindeutig als Krisenwährung, sie haben das nach dem Beginn der Finanzkrise so gesehen, dort wurde sehr viel Gold verkauft, es kam zum Teil zu monatelangen Wartezeiten für Goldbarren, und ganz sicher wird das auch für die Zukunft noch so gesehen, falls inflationäre Tendenzen kommen sollte."
Gold bietet sich besonders dann an, wenn die Inflationsrate sehr stark steigt, sagt Burkhard Allgeier, Chefvolkswirt des Bankhauses Hauck & Aufhäuser. Daneben gibt es aber auch weitere Möglichkeiten:
""Den besten Inflationsschutz bieten nach wie vor inflationsgeschützte Anleihen, imitiert von vielen Staaten, auch von Deutschland gibt es inflationsgeschützte Anleihen, deren Tilgung und auch deren Kuponhöhe sich wirklich bemisst an dem harmonisierten Verbraucherpreisindex ohne Tabak und es bietet für den Anleger den besten Inflationsschutz."
Wie solche Anleihen funktionieren, erläutert Stefan Scheurer, Kapitalmarktexperte der Allianz Global Investors:
"Zugrunde liegt ein Verbraucherpreisindex. Dieser Index ist mit der inflationsindexierten Anleihe gekoppelt. Dass heißt, wenn dieser Index, dieser Korb an verschiedenen Rohstoffen des jeweiligen Landes im Preis steigen sollte, dann aufgrund dieser Koppelung zu den Anleihen steigt auch die Anleihe, sowohl im Kurs als auch im Kupon. Somit ist man eigentlich gegenüber einer Teuerungsrate relativ gut abgesichert, man hedgt es sozusagen, entgegen der Inflation."
Daneben empfehlen Experten auch die Investition in Sachwerte, in Immobilien und Aktien etwa.
"Eine ausreichende Vorsorge treffen können im Wesentlichen jedoch nur Gutverdiener. Deshalb wäre eine zu starke Inflation zumindest in Deutschland und in Europa auch zugleich sozialer Sprengstoff. Zwar kann man hoffen, dass die Staaten inzwischen nicht mehr ganz so sorglos wie noch vor einigen Jahren die Inflation in Kauf nehmen - mit dem Nebeneffekt der Entschuldung. Schließlich sind sie auf funktionierende internationale Kapitalmärkte angewiesen, auf denen sie jährlich etwa ein Siebtel ihrer Schulden refinanzieren müssen. Die amerikanische und die britische Bevölkerung würden grundsätzlich etwas höhere Inflationsraten wohl eher begrüßen - in diesen Ländern sind die Sparquoten gering, viele Haushalte sind verschuldet, denn viel wird viel auf Pump gekauft. Sie würden also eher von Geldentwertung profitieren."
Doch sind andererseits in den USA die Auszahlungen der Rentenversicherung inflationsindexiert. Das heißt: Je höher die Inflation stiege, desto höhere Summen müsste das amerikanische Sozialversicherungssystem aufbringen. Und schließlich dürfte auch die demographische Entwicklung einen größeren Schutz vor leichtfertiger Inflationierung bieten: Je älter die Gesellschaft, desto höher ist auch ihr Finanzvermögen und damit ihr Interesse daran, dass dies nicht durch Inflation an Wert verliert.
Dennoch bietet die Unsicherheit derzeit schon erheblichen Sprengstoff. Hatte man bisher eher kontinuierliche Politik betrieben, die vor allem auf die Erhaltung des Geldwertes ausgerichtet war, gilt dies seit einigen Monaten nicht mehr. Vorübergehend jedenfalls. Und das ist der Bevölkerung schwer zu vermitteln, meint Hans Jäckel, Chefvolkswirt der DZ-Bank
"Das führt dazu, dass im Moment Angstbegriffe wie Hyperinflation und Deflation und Währungsreform in den Köpfen wild durcheinandergehen. Wir kämpfen jetzt gegen die Deflation und in Phase zwei haben wir ein Stabilisierungsproblem und das ist das schwierige an dieser Idee einer Stop-and-Go-Wirtschaftpolitik im Unterschied zur früheren stetigen potentialorientierten Politik, die ja hier jahrelang ja eigentlich das Credo gewesen ist."
Kein Grund zur Sorge? Eher besteht ein Grund zu doppelter Sorge. Denn zu wenig Geldentwertung könnte dafür sorgen, dass das Preisniveau von Waren und Dienstleistungen anhaltend sinkt - und damit die Wirtschaft in eine lähmende Deflation rutscht. Und die Gegenmaßnahmen, die im Zuge der Finanzkrise beschlossen und umgesetzt werden, könnten den Keim der Inflation in sich bergen.
Immerhin: Im März lag die Inflationsrate bei 0,5 Prozent. Der Preistreiber Nummer eins, das Öl, wirkt schon wieder. Das Preistief von knapp 40 Dollar je Fass im aktuellen Zyklus scheint beim Öl vorbei, das Fass wurde heute zu gut 57 Dollar gehandelt. Und ein Goldpreis von mehr als 910 Dollar für die Feinunze liegt zwar unter dem Allzeithoch des vorigen Jahres von 1.030 Dollar, aber das Edelmetall kostet doppelt so viel wie im langjährigen Durchschnitt. Für manchen Experten kein gutes Zeichen. Thorsten Polleit, Chefvolkswirt von Barclays Capital, über die Gefahren der aktuellen Geld- und Finanzpolitik:
"Man muss befürchten, dass eine solche Politik dem Währungswert schaden wird, mit anderen Worten, dass die Inflation zurückkehrt."
Von Inflation aber kann derzeit keine Rede sein. In China lagen im April die Verbraucherpreise bei einer Jahresrate von minus 1,5 Prozent - und damit den dritten Monat in Folge unter der Null-Linie. In den USA dürften die Preise im April um 0,6 Prozent gefallen sein, auch hier hatte es schon im März keine Teuerung mehr gegeben. Und auch in der Eurozone dürfte es im Jahresverlauf zu negativen Raten kommen, glaubt auch die Europäische Zentralbank. Deren Präsident Jean-Claude Trichet sagte vergangenen Donnerstag nach der Sitzung des EZB-Rates:
"Wir erwarten, dass die jährliche Inflationsrate weiter sinkt und vorübergehend für einige Monate um die Mitte des Jahres negativ werden wird."
Negative Preissteigerungen, also sinkende Preise, sind bei Ökonomen aber mindestens ebenso wenig willkommen wie Inflation. Die Tendenz dazu, zu einer Deflation sei da, meint Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen, der Helaba:
"Deflationsgefahr ist aktuell tatsächlich vorhanden. Einerseits als Ergebnis von der Finanzkrise und natürlich im Zusammenhang mit dem Ölpreis der in der Spitze von fast 150 Dollar auf 40 Dollar gefallen war, und das hat die Preise gedrückt, und in den USA haben wir im Jahresvergleich tatsächlich in Minusraten gesehen und bei uns sind die Preise sehr niedrig, noch nicht negativ im Jahresvergleich aber schon eine deflationäre Tendenz."
Deflation aber ist eine Gefahr, die die Notenbanken als auch die Regierungen mit aller Macht verhindern wollen. Deshalb werden derzeit so große Konjunkturpakete aufgelegt, die Zinsen auf historische niedrige Niveaus gesenkt. In den USA ist der wichtigste Leitzins nahe Null, in der Eurozone liegt er seit vergangenen Donnerstag bei 1,0 Prozent. Denn die Geschichte, etwa in den 30er-Jahren, hat gezeigt, dass die Bekämpfung der Deflation weitaus schwieriger sein kann als die Eindämmung der Inflation, sagt Gertrud Traud:
"Damals hat man den Kredithahn und den Ausgabenhahn zugedreht und ist in die Deflation gegangen. In Japan hat man das die ersten fünf Jahre weitgehend vergleichbar gemacht, und ist auch in die Deflation gegangen und hat dann erst zu spät den Hahn aufgedreht, und das hat dann nichts mehr geholfen dann war man schon in der sogenannten Liquiditäts- oder auch Investitionsfalle."
Denn Japan kämpfte seit 1993 etwa zehn Jahre lang mit Deflation, weil die Regierung erst spät eingriff. Denn man hätte schon aus der Erfahrung der 30er-Jahre wissen müssen, dass Deflation eben nicht durch das freie Spiel der Kräfte am Markt zu überwinden ist. So hatte damals erst der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt Erfolg mit seinem New Deal - im wesentlichen massive staatliche Investitionen, die die Konjunktur ankurbeln sollten. Auch das Hitler-Regime bekämpfte so die Deflation, es gab die sogenannten Mefo-Wechsel aus, durch die wurde nämlich die Geldmenge erhöht, und Investitionen in Gang gebracht. Denn die Effekte der Deflation sind lähmend, beschreibt Helaba-Chefvolkswirtin Traud:
"Wenn es Deflation gibt, dann machen die Unternehmen keine Gewinne mehr, wenn die Unternehmen keine Gewinne mehr machen, dann haben sie keinen Anreiz mehr was zu verkaufen, wenn sie nichts mehr verkaufen können, stellen sie keine Leute mehr ein, sie entlassen alle Leute, wird nichts mehr produziert, keiner hat mehr einen Job, und man sieht, eigentlich bringt das eine Wirtschaft vollkommen zum Erliegen. Es gibt keinen Anreiz mehr für irgendjemanden, irgendetwas zu verkaufen, weil jeder denkt, dass es morgen noch billiger wird, und deswegen kauft auch keiner."
Doch eine wirkliche Deflationsgefahr sehen die meisten Volkswirte eigentlich nicht. EZB-Präsident Trichet macht deshalb auch einen feinen Unterschied - er spricht nicht von Deflation sondern von Disinflation:
"Wir sehen derzeit nicht, dass sich ein deflationäres Risiko einstellt. Wir sehen eine disinflationäre Episode. Unsere mittelfristigen Inflationserwartungen sind derzeit solide verankert. Sie schwanken zwischen 1,7 und 2 Prozent."
Und eine Preissteigerung in der Eurozone von mittelfristig knapp zwei Prozent ist das erklärte Ziel der Notenbank. Von Deflation droht also deshalb keine Gefahr, weil die Notenbanken schnell reagiert haben. So meint Hans Jäckel, Chefvolkswirt der DZ-Bank:
"Deflation ist nicht das, was wir im Moment sehen, und auch, wenn wir im Sommer wahrscheinlich ein paar Monate kriegen, wo auch die Verbraucherpreise insgesamt um ein paar Zehntel sinken, ist das noch keine Deflation. Wir haben sicher keine Deflationsmentalität in dem Sinn, dass zum Beispiel die Haushalte Käufe zurückstellen, weil sie denken, im nächsten Monat sind sie wieder billiger, da sind wir noch weit weg davon. Angesichts des Volumens der Konjunkturprogramme, die weltweit aufgelegt worden sind, müsste man viel eher in die andere Richtung denken, auf Sicht von ein zwei Jahren sind Inflationsgefahren das wichtigere Thema."
Die Debatte über vermeintlich entstehende Inflationsgefahren im Kampf gegen die Deflation ist vermutlich deshalb so kontrovers, weil es kaum historische Vorbilder gibt, die die Finanz- und Geldpolitik leiten könnten. Die aktuelle Finanzkrise und die heftige Art, wie sie zunächst auf die Auftragslage der Unternehmen übergegriffen hat und nun die Arbeitsplätze bedroht, hat die Welt nur einmal erlebt: in der Weltwirtschaftskrise der 1920er- und 1930er-Jahre. Aber damals hat die Politik auf die Krise anders reagiert als heute. Michael Binder, Professor für Volkswirtschaft, an der Universität Frankfurt:
"Dass zu dem Zeitpunkt sowohl die Zentralbanken wie auch die fiskalpolitischen Entscheidungsträger sich nicht dazu entschließen konnten, eine Politik zu verfolgen, die das Signal eines Stimulus setzen würde, die antizyklisch wirken würde und von daher damals die Geldmenge nicht nach oben gefahren worden ist und wir von daher an dieser Stelle keinen Vergleich ziehen können zur Weltwirtschaftskrise. Aber ich denke man kann gewisse Vergleiche ziehen zur Ölschockkrise Anfang der 1970er-Jahre, als dort die Geldmenge in erheblichem Ausmaß expandiert worden ist und wir dann Ende der 19070er-, Anfang der 1980er-Jahre sehr hohe Inflationsraten hatten. Da gibt es, denke ich, gewisse Parallelen."
Das wirkt nach. Hinzu kommt - speziell in Deutschland - die Erfahrungen zweier Währungsreformen im vorigen Jahrhundert. Die haben auch den Mann geprägt, der wie kein Zweiter für die harte D-Mark steht: den ersten deutschen Wirtschaftsminister nach dem Zweiten Weltkrieg, Ludwig Erhard. Immer wieder begründete er, warum nur stabiles Geld gutes Geld sei:
"Bis zur Währungsreform im November 1923 musste das Deutsche Volk zum ersten Male in tragischer Weise erfahren, was Inflation bedeutet. Wie sie eine gewachsene Volks- und Gesellschaftswirtschaftliche Struktur im Innersten zerstört. Wie sie das Schiebertum gedeihen, und die ehrlich Arbeit sinnlos werden lies. Wie sie das Vertrauen in die staatliche Ordnung zerstörte und substanzlosen Schwärmern und Scharlatanen Auftrieb gab. Wie die materielle und seelische Not des Volkes zu politischer Falschmünzerei missbraucht wurde, und selbst redliche Menschen in Verwirrung und Schuld stürzte. Die offene Inflation als das seinerzeit angewandte Instrument zur Finanzierung und Überwindung der Kriegswirtschaft und die Betätigung der Notenpresse zur Deckung des finanziellen Staatsbedarfs, hatten in meinem elterlichen Geschäft bewirkt, dass ein ehemals großes Warenlager eine Existenz bedrohende Minderung erfahren hatte."
Aber, bisher resultierte Staatsverschuldung und Inflation aus den Belastungen durch Kriege oder war Folge eines Angebotsschocks aufgrund steigender Ölpreise. Diesmal ist ein weltweiter konjunktureller Rückschlag die Ursache. Ob das aber wirklich ein fundamentaler Unterschied ist, ist ungewiss. Die Volkswirte an der "Front", in den volkswirtschaftlichen Abteilungen der Banken, sind sich durchaus in der Lagebeurteilung nicht einig. Und auch bankunabhängige Ökonomen können die Lage nur analysieren, ein Gefühl entwickeln, nicht aber sagen, was die Wahrheit ist. Denn die liegt in der Zukunft. Professor Michael Binder von der Universität Frankfurt:
"Dadurch, dass jetzt in den letzten Monaten die Inflationsraten wieder auf ein historisch sehr niedriges Niveau zurückgegangen sind - die derzeitige Preissteigerungsrate von etwa 0,6 Prozent, aber die Sorge sicherlich besteht, dass durch all die Maßnahmen, die in Europa seitens der Europäischen Zentralbank in den USA durch das Federal Reserve Board dort unternommen worden sind, um die realwirtschaftliche Aktivität zu stimulieren, die Zinsen nach unten zu fahren, Schuldinstrument direkt aufzukaufen, ob all das nicht bedeuten wird, dass mittel- bis langfristig die Geldmenge in einem sehr hohen Volumen relativ zur realwirtschaftlichen Aktivität stehen wird und dies zu erheblicher Inflation führt. Und es gibt diesen oder jenen, der in der Tat prognostiziert, dass Inflation mittelfristig wieder im zweistelligen Bereich liegen könnte, auch wenn ich diese Erwartungen zum jetzigen Zeitpunkt als übertrieben, pessimistisch einstufen würde."
Zwar haben die Notenbanken und die Regierungen der Industrieländer in den letzten Monaten versucht, sich der Abwärtsspirale entgegenzustemmen, indem sie viel Liquidität, also Geld, in den Markt gepumpt haben: Die Regierungen über ihre zum Teil riesigen Konjunkturprogramme: Allein der amerikanische Staat hat ein Konjunkturpaket von 800 Milliarden Dollar aufgelegt, mit dem er die Nachfrage ankurbeln möchte. Europäische Regierungen waren da etwas zurückhaltender. Doch zu viel Liquidität führe dann womöglich zur Geldentwertung - schneller, als dies den Notenbanken recht sein könnte. Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba, vergleicht dies mit einem Wasserrad, das in Schwung gebracht worden ist:
"Wenn so ein Rad mal angelaufen ist, es genau dann wieder anzuhalten, wenn man denkt jetzt ist genug Wasser in dem Topf oberhalb, das finde ich halt sehr schwierig. Weil wenn der Schwung da ist, wenn die Nachfrage anspringt, wer will genau entscheiden, wann das soweit ist und vielleicht läuft es dann auch oben schon wieder über. Und das ist die Gefahr die wir sehen, weil die Bankenkrise sehr viele Auswirkungen struktureller Art hat, die mittelfristig auch die Aktivität im Bankensektor und in der Volkswirtschaft bremsen werden. Wir werden zwar wieder wachsen, aber deutlich weniger als vorher. Und trotzdem müssen die Notenbanken dann die Zinsen wieder anheben, und ich stelle mir das Geschrei schon vor, wenn die Konjunktur nur etwas anspringt, und die Notenbank versucht die Zinsen anzuheben oder die Zinsen tatsächlich anhebt, wie negativ die Märkte reagieren könnten. Also der Druck wird sehr sehr hoch sein."
Am festen Willen der Notenbanken, die Zinsen wieder anzuheben, um die Stabilität des Geldes zu erhalten, sollte man keinen Zweifel haben. Die EZB etwa hat als einzigen Auftrag, die Stabilität des Geldwertes zu erhalten, also die Inflation niedrig zu halten. Ob das Bemühen der Regierungen genauso ernsthaft ist, das kann man eher zweifeln, meint Hans Jäckel, Chefvolkswirt der DZ-Bank:
"Die Versuchung ist groß, sich über Inflation zu entschulden. Aber die wirtschaftspolitische Erfahrung der letzten Jahrzehnte, ja fast Jahrhunderte zeigt, dass eine Stabilisierung der Wirtschaft nach einem solchen inflationären Schub leichter gelingt, wenn Geldpolitik und Finanzpolitik an einem Strick ziehen und nicht gegeneinander arbeiten. Dann kann es gelingen, Inflationsgefahr zu bannen ohne das zu große Wachstumsschäden entstehen."
Hinzu kommt: Derzeit versuchen die Notenbanken auch mit unkonventionellen Maßnahmen, dem Ankauf von Staats- oder Unternehmensanleihen etwa, mehr Liquidität in die Unternehmen und in die Märkte zu bringen, damit die Wirtschaftstätigkeit nicht zum Erliegen kommt. Die einzufangen verlangt ebenfalls nach Fingerspitzengefühl, vermutet Jäckel:
"Natürlich ist es mit dem zunehmenden Einsatz innovativer Liquiditätsinstrumente nicht ganz so einfach, dass alles wieder einzufangen. Am kurzen Ende Geldmarkt ist das einfach, aber je mehr Zentralbanken dann auch längerfristige Aktive angekauft haben, erfordert das schon einiges Fingerspitzengefühl, und es ist nicht nur eine Sache von ein paar Monaten. Trotzdem denke ich, das die Zentralbanken die Instrumente dafür haben."
Verlierer einer Inflation aber wären all diejenigen, die Einkommen haben, die nicht unmittelbar an die Inflation angepasst werden: Angefangen von den Rentnern über Sozialhilfeempfänger bis hin zu den Bafög-Beziehern. Im wesentlichen würden von einer Inflation also die kleineren Einkommen betroffen. Sie erhalten für ihr Geld weniger Waren und Dienstleistungen. Und da sie zudem wenig Geld übrig haben, mit dem sie sich selbst vorsorgen können, träfe sie eine Inflation doppelt.
Aber auch die Deflation hat eine direkte Auswirkungen auf die Ersparnisse der Bürger.
Bei Deflation sind die Möglichkeiten, eine auskömmliche Rendite zu erreichen gering, weil das Zinsniveau allgemein sehr niedrig ist. Größere Angst haben Sparer jedoch vor einer starken Inflation. Denn die frisst ihnen einen Teil des Ersparten weg, nimmt ihnen einen Teil ihrer Altersvorsorge, ihrer Rücklagen für Notfälle, für die Ausbildung der Kinder oder den nächsten Urlaub. Deshalb ist Inflationsschutz jetzt schon ein wichtiges Thema in den Medien genauso wie in den Beratungsgesprächen der Sparkassen und Banken. Für langfristig denkende Sparer ist seit jeher Gold die erste Rettung, sagt Wolfgang Wresniok-Rossbach, Leiter des Edelmetallhandels bei Heraeus:
"Viele Anleger sehen Gold eindeutig als Krisenwährung, sie haben das nach dem Beginn der Finanzkrise so gesehen, dort wurde sehr viel Gold verkauft, es kam zum Teil zu monatelangen Wartezeiten für Goldbarren, und ganz sicher wird das auch für die Zukunft noch so gesehen, falls inflationäre Tendenzen kommen sollte."
Gold bietet sich besonders dann an, wenn die Inflationsrate sehr stark steigt, sagt Burkhard Allgeier, Chefvolkswirt des Bankhauses Hauck & Aufhäuser. Daneben gibt es aber auch weitere Möglichkeiten:
""Den besten Inflationsschutz bieten nach wie vor inflationsgeschützte Anleihen, imitiert von vielen Staaten, auch von Deutschland gibt es inflationsgeschützte Anleihen, deren Tilgung und auch deren Kuponhöhe sich wirklich bemisst an dem harmonisierten Verbraucherpreisindex ohne Tabak und es bietet für den Anleger den besten Inflationsschutz."
Wie solche Anleihen funktionieren, erläutert Stefan Scheurer, Kapitalmarktexperte der Allianz Global Investors:
"Zugrunde liegt ein Verbraucherpreisindex. Dieser Index ist mit der inflationsindexierten Anleihe gekoppelt. Dass heißt, wenn dieser Index, dieser Korb an verschiedenen Rohstoffen des jeweiligen Landes im Preis steigen sollte, dann aufgrund dieser Koppelung zu den Anleihen steigt auch die Anleihe, sowohl im Kurs als auch im Kupon. Somit ist man eigentlich gegenüber einer Teuerungsrate relativ gut abgesichert, man hedgt es sozusagen, entgegen der Inflation."
Daneben empfehlen Experten auch die Investition in Sachwerte, in Immobilien und Aktien etwa.
"Eine ausreichende Vorsorge treffen können im Wesentlichen jedoch nur Gutverdiener. Deshalb wäre eine zu starke Inflation zumindest in Deutschland und in Europa auch zugleich sozialer Sprengstoff. Zwar kann man hoffen, dass die Staaten inzwischen nicht mehr ganz so sorglos wie noch vor einigen Jahren die Inflation in Kauf nehmen - mit dem Nebeneffekt der Entschuldung. Schließlich sind sie auf funktionierende internationale Kapitalmärkte angewiesen, auf denen sie jährlich etwa ein Siebtel ihrer Schulden refinanzieren müssen. Die amerikanische und die britische Bevölkerung würden grundsätzlich etwas höhere Inflationsraten wohl eher begrüßen - in diesen Ländern sind die Sparquoten gering, viele Haushalte sind verschuldet, denn viel wird viel auf Pump gekauft. Sie würden also eher von Geldentwertung profitieren."
Doch sind andererseits in den USA die Auszahlungen der Rentenversicherung inflationsindexiert. Das heißt: Je höher die Inflation stiege, desto höhere Summen müsste das amerikanische Sozialversicherungssystem aufbringen. Und schließlich dürfte auch die demographische Entwicklung einen größeren Schutz vor leichtfertiger Inflationierung bieten: Je älter die Gesellschaft, desto höher ist auch ihr Finanzvermögen und damit ihr Interesse daran, dass dies nicht durch Inflation an Wert verliert.
Dennoch bietet die Unsicherheit derzeit schon erheblichen Sprengstoff. Hatte man bisher eher kontinuierliche Politik betrieben, die vor allem auf die Erhaltung des Geldwertes ausgerichtet war, gilt dies seit einigen Monaten nicht mehr. Vorübergehend jedenfalls. Und das ist der Bevölkerung schwer zu vermitteln, meint Hans Jäckel, Chefvolkswirt der DZ-Bank
"Das führt dazu, dass im Moment Angstbegriffe wie Hyperinflation und Deflation und Währungsreform in den Köpfen wild durcheinandergehen. Wir kämpfen jetzt gegen die Deflation und in Phase zwei haben wir ein Stabilisierungsproblem und das ist das schwierige an dieser Idee einer Stop-and-Go-Wirtschaftpolitik im Unterschied zur früheren stetigen potentialorientierten Politik, die ja hier jahrelang ja eigentlich das Credo gewesen ist."