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Skandal um Olympia-Tickets
Wie bei der FIFA!

Der Ire Patrick Hickey ist verstrickt in den Handel mit Olympiatickets auf dem Schwarzmarkt. Ein Klassiker der Sportkorruption. Aber jetzt gibt es in diesem Zusammenhang auch Kontakte zum deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach. Emails könnten zumindest eine Mitwisserschaft vermuten lassen, kommentiert Andrea Schültke.

Von Andrea Schültke |
    Thomas Bach und Patrick Hickey bei einer Versammlung 2015
    Thomas Bach und Patrick Hickey bei einer Versammlung 2015 (Vit Simanek/imago)
    Wie bei der FIFA! Das war der erste Gedanke. Da hatte die brasilianische Polizei das irische IOC-Mitglied Patrick Hickey eines schönen Olympiamorgens im Hotelzimmer besucht. Und den badebemantelten Multi-Sportfunktionär gleich mitgenommen.
    Der Grund: Vorwürfe wegen illegalen Tickethandels. Wie langweilig. Das kennen wir ja alles schon von der FIFA. Auch beim Fußball-Weltverband waren Ticket- und Fernsehrechte beliebte Gelddruckmaschinen für korrupte Funktionäre. Ich habe davon nichts gewusst, hatte Ex-Fifa-Präsident Blatter immer behauptet. Für den deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach wird eine solche Verteidigungsstrategie im Fall Patrick Hickey ein wenig schwierig.
    Email mit Wunschliste
    Der Grund: eine Email von 2015 mit einer Wunschliste. Darauf: 188 Mal Eröffnungsfeier, 500 Mal Fußballfinale der Männer, 242 Mal 100 Meter Finale der Männer und 128 Mal Schlussfeier. Wie an der Wursttheke durfte es für Hickey durchaus deutlich mehr sein, als dem irischen NOK - und damit ihm - laut Ticketzuteilung zustand. Alles natürlich Karten vom Feinsten und nicht die Endstücke, die keiner will, um bei der Wurst zu bleiben. Und hier kommt jetzt der kleine aber feine Unterschied zur FIFA: Plötzlich wird der IOC-Präsident vom Beobachter zum Akteur. Er ist mittendrin im Geschehen. Sich da unbeteiligt und unwissend zu geben ist schwer.
    Um es klar zu sagen: Dass dieser Schriftverkehr existiert heißt nicht, der IOC Präsident hätte etwas falsch gemacht. Er legt aber nah: Der Deutsche war auf jeden Fall informiert darüber, dass sein Funktionärsfreund auf dem Gebiet Olympiatickets aktiv zugange war. Da hätte man schon mal nachfragen können, unter guten Kollegen. Aber vielleicht hat er es genau deshalb nicht gemacht. Im Gegenteil: als die Verhaftung bekannt wurde, gab‘ s nicht mal eine öffentliche Rüge für Hickey von Thomas Bach.
    Ethisches Problem
    Zusammen mit den jetzt aufgetauchten Emails macht das einmal mehr klar: Es ist ein ethisches Problem. Um mögliches Fehlverhalten zu unterbinden, muss man es erstmal erkennen. Und dann gehört Hickey ja auch zum engsten Führungszirkel Bachs. Hatte dessen umstrittene Entscheidungen pro Olympia-Teilnahme russischer Athleten trotz des nachgewiesenen systematischen Dopings unterstützt.
    Dazu kommt: Patrick Hickey ist ein sportpolitisches Schwergewicht: Er ist Chef der Europäischen Olympischen Komitees und Vizepräsident der Vereinigung aller Olympischen Komitees. So einer ist sicher hilfreich, wenn es um Erhalt und Ausbau der eigenen Machtposition geht. Seit 20 Jahren ist Patrick Hickey zudem Mitglied in der IOC Kommission Olympic Solidarity. Hauptanliegen: Förderprogramme für die Länder, die finanziell weniger gut ausgestattet sind. Aber beim IOC bezieht sich Solidarität wohl eher auf den Führungszirkel untereinander. Und hier wird’s wieder langweilig. Das ist ja so wie bei der FIFA.