Noch immer ist Andrej Kiska politisch ein völlig unbeschriebenes Blatt. Handfeste Aussagen zur Zukunft seines Landes sind auch knapp drei Monate nach seinem überraschend deutlichen Wahlsieg weiter Mangelware. Doch eine Sache ist für den 51-jährigen Unternehmer bereits klar: Als erstes parteiloses Staatsoberhaupt der Slowakei werde er das politisch-gesellschaftliche Klima seines Landes verändern:
"Als Präsident werde ich alles dafür tun, damit die Politik wieder menschlicher wird. Die Bevölkerung hat das Vertrauen verloren. Ich will für jeden anständigen Bürger unseres Landes einstehen."
Wenig Macht im Alltagsgeschäft beim Präsidenten
Doch im politischen Alltagsgeschäft verfügt das Staatsoberhaupt nur über sehr eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeiten. Laut Verfassung kann er zwar sein Veto gegen neue Gesetze einlegen und ernennt hohe Richter und Beamte, doch die eigentliche Macht bleibt bei der Regierung, erklärt der Politikwissenschaftler Grigorij Meseznikov:
"Die Kompetenzen des Präsidenten sind nicht sehr stark. Viel wird deshalb vom Verhalten von Ministerpräsident Fico abhängen, der allerdings seine Niederlage noch immer nicht ganz verdaut hat."
Der politische Machkampf in der Slowakei könnte sich deshalb künftig deutlich verschärfen. Schon im Wahlkampf hatten sich der parteilose Unternehmer und der alleinregierende Sozialdemokrat erbittert bekämpft. Der Erfolg von Andrej Kiska durchkreuzt die Pläne von Robert Fico, alle politischen Schalthebel des Landes zu übernehmen. Die angestrebte völlige Machtkonzentration durch die Sozialdemokraten ist damit vorerst gescheitert:
"Der bisherige Präsident Gasparovic war nur ein loyaler Erfüllungsgehilfe des Regierungschefs. Er war Teil des sozialdemokratischen Machtapparates. Diese komfortable Situation wird Robert Fico künftig nicht mehr haben."
Machtkampf zwischen Regierung und Staatsoberhaupt erwartet
Schon jetzt gibt es erste erkennbare Risse zwischen der Regierung und dem neuen Staatsoberhaupt. Während Ministerpräsident Robert Fico Sanktionen gegenüber Russland und die mögliche Stationierung von Nato-Truppen ablehnt, befürwortet Andrej Kiska eine harte Linie gegenüber Moskau. Doch angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in weiten Teilen des Landes erwarten seine Wähler vor allem Antworten auf die wirtschaftlichen Probleme der Slowakei. Sein breiter Erfahrungsschatz werde ihm dabei helfen, verspricht Andrej Kiska:
"Ich bin ein Mensch, der etwas von Wirtschaft versteht. Ich habe tausende Arbeitsplätze in der Slowakei geschaffen. Mit meiner Hilfsorganisation habe ich aber auch erlebt, wie unser Sozialstaat in vielen Bereichen versagt."
Tatsächlich sorgt seine schillernde Karriere vom Selfmade-Millionär zum Gründer der größten privaten Hilfsorganisation des Landes für hohe Erwartungen in weiten Teilen der Bevölkerung. Ein erstes Zeichen für veränderte politische Umgangsformen hat der neue Präsident bereits gesetzt. Erstmals in der Geschichte des jungen EU-Staates werden zur feierlichen Amtseinführung auch Vertreter verschiedener Menschenrechts- und Minderheitenorganisationen eingeladen. Die weiteren Schritte hin zu einer veränderten Politik dürften nach Meinung vieler Beobachter in Bratislava deutlich schwieriger werden.