Jule Reimer: "Früher war es ganz einfach: Sie kauften sich ein Buch oder eine Musik-CD oder ein Computerprogramm, ebenfalls zum Beispiel auf einer CD. War das Buch gelesen, die Musik oft genug gehört oder das Computerprogramm für die eigenen Ansprüche veraltet, konnten Sie es weiter verschenken oder verkaufen. Heute jedoch gibt es viele dieser Dinge nur noch in rein digitaler Form zum Herunterladen im Internet zu erwerben: E-Books, Musik, Filme, Apps werden in virtuellen Online-Läden verkauft. Was aber darf der Käufer mit dieser per Download zur Verfügung gestellten Software machen? Diese Frage verhandelt heute der europäische Gerichtshof. Mein Kollege Jan Rähm beobachtet den Fall, es geht ums verkaufen - aber worum genau?"
Jan Rähm: "Es geht hier um den Fall von dem Unternehmen Used Soft, die haben Software-Lizenzen verkauft und zwar sogenannte Volumen-Lizenzen, die sie von anderen Anwendern aufgekauft haben, die die ganzen Lizenzen nicht mehr brauchten. Das konnte eine Lizenz sein bis hin zu ganz vielen, und die Besonderheit war: Es gab dazu die Software nur zum Download. Die Software, um die es hier geht, die stammt vom Hersteller Oracle und der hat geklagt, weil er gesagt hat, das darf nicht sein, ich möchte gerne mitsprechen, wer meine Volumen-Lizenzen bekommt. Used Soft hat das nicht nur bei Oracle gemacht, sondern auch mit vielen anderen Software-Produkten von anderen Herstellern, und hat in einigen wenigen Fällen Recht bekommen an deutschen Gerichten, in einer deutliche größeren Zahl wurde aber zugunsten des Klägers entschieden. Und der Fall, um den es jetzt hier beim europäischen Gerichtshof geht, der wird bereits seit fünf Jahren in Deutschland verhandelt, unter anderem auch an Oberlandesgerichten, die haben alle zugunsten von Oracle entschieden. Und der Bundesgerichtshof, das war bislang die letzte Instanz, der hat das an den EuGH, also an den Europäischen Gerichtshof verwiesen, weil er sagt, hier liegt EU-Recht zugrunde und das muss der Europäische Gerichtshof entscheiden."
Jule Reimer: "Mit welcher Begründung will Oracle denn den Weiterverkauf der Lizenzen verbieten?"
Rähm: "Bei Software-Lizenzen muss man sagen, es geht hier um digitale Güter und da sagt die Rechtslage: Diese bedürfen einem besonderen Schutz. Das heißt, digitale Güter unterliegen keinem Verschleiß, keiner Abnutzung und man kann sie immer wieder als quasi komplett neu weiterverkaufen, es gibt hier nicht die sogenannte Erschöpfung. Erschöpfung, das bedeutet eben dieser Verschleiß oder die Verwertung oder die Sichtbarkeit, dass es eben etwas Gebrauchtes ist bei physischen Gütern. Da gibt es nämlich auch die Ausnahme, das sind dann Datenträger, und die dürfen ohne Zustimmung des Urhebers einfach weiterverbreitet werden. Weil es aber bei den digitalen Gütern nicht diese Erschöpfung gibt und es also nicht ersichtlich ist, ob diese gebraucht sind oder nicht, dürfen die nicht einfach so weitergegeben werden und als neu verkauft werden."
Reimer: "Bin ich denn als normaler Verbraucher, Käufer, Erwerber von virtuell erworbener Software auch betroffen?"
Rähm: "Ja, durchaus. Es kommt jetzt darauf an, wie die Richter in Luxemburg entscheiden. Wenn Oracle Recht bekommt, dann bleibt alles mehr oder weniger so, wie es ist – im Moment ist es nämlich so, dass wenn ich etwas per Download erwerbe, sei es also Software oder Bücher, Musik, da gibt es ja die ganzen vielen Online-Läden, dann habe ich nur eine Art Nutzungsrecht erworben und kein Besitzrecht, darf es also nicht einfach so weitergeben und weiterverkaufen. Bekommt allerdings Used Soft Recht, dann könnte es relativ starke Auswirkungen haben. Dazu habe ich mit dem Rechtsanwalt Hauke Hansen von der Kanzlei FPS gesprochen. Er sagt, in diesem Falle würde es wahrscheinlich so sein, dass die ganzen Geschäftsbedingungen der Online-Läden unwirksam würden und der sogenannte Erstverkaufsmarkt zusammenbrechen würde, weil die Nutzer vielleicht dahingehen und nur noch gebrauchte Musik, nur noch gebrauchte Programme kaufen, und die eigentlichen Urheber würden dann nichts mehr verkauft bekommen. Kurz vor der Sendung hat Hauke Hansen mich noch einmal informiert, wie es jetzt in Luxemburg aussieht. Er sagt, es sieht nicht so aus, als ob heute eine Entscheidung dazu fällt. Aber der Tenor, der geht in die Richtung, dass man der Rechtsauffassung von Oracle folgt und sagt, diese Lizenzweitergabe gegen Geld, die ist so nicht rechtens, und zu diesem Schluss kommen auch Stellungnahmen der französischen und der italienischen Regierung als auch von der EU-Kommission."
Das vollständige Gespräch können Sie mindestens bis zum 7. August 2012 in unserem Audio-on-Demand-Player hören.
Jan Rähm: "Es geht hier um den Fall von dem Unternehmen Used Soft, die haben Software-Lizenzen verkauft und zwar sogenannte Volumen-Lizenzen, die sie von anderen Anwendern aufgekauft haben, die die ganzen Lizenzen nicht mehr brauchten. Das konnte eine Lizenz sein bis hin zu ganz vielen, und die Besonderheit war: Es gab dazu die Software nur zum Download. Die Software, um die es hier geht, die stammt vom Hersteller Oracle und der hat geklagt, weil er gesagt hat, das darf nicht sein, ich möchte gerne mitsprechen, wer meine Volumen-Lizenzen bekommt. Used Soft hat das nicht nur bei Oracle gemacht, sondern auch mit vielen anderen Software-Produkten von anderen Herstellern, und hat in einigen wenigen Fällen Recht bekommen an deutschen Gerichten, in einer deutliche größeren Zahl wurde aber zugunsten des Klägers entschieden. Und der Fall, um den es jetzt hier beim europäischen Gerichtshof geht, der wird bereits seit fünf Jahren in Deutschland verhandelt, unter anderem auch an Oberlandesgerichten, die haben alle zugunsten von Oracle entschieden. Und der Bundesgerichtshof, das war bislang die letzte Instanz, der hat das an den EuGH, also an den Europäischen Gerichtshof verwiesen, weil er sagt, hier liegt EU-Recht zugrunde und das muss der Europäische Gerichtshof entscheiden."
Jule Reimer: "Mit welcher Begründung will Oracle denn den Weiterverkauf der Lizenzen verbieten?"
Rähm: "Bei Software-Lizenzen muss man sagen, es geht hier um digitale Güter und da sagt die Rechtslage: Diese bedürfen einem besonderen Schutz. Das heißt, digitale Güter unterliegen keinem Verschleiß, keiner Abnutzung und man kann sie immer wieder als quasi komplett neu weiterverkaufen, es gibt hier nicht die sogenannte Erschöpfung. Erschöpfung, das bedeutet eben dieser Verschleiß oder die Verwertung oder die Sichtbarkeit, dass es eben etwas Gebrauchtes ist bei physischen Gütern. Da gibt es nämlich auch die Ausnahme, das sind dann Datenträger, und die dürfen ohne Zustimmung des Urhebers einfach weiterverbreitet werden. Weil es aber bei den digitalen Gütern nicht diese Erschöpfung gibt und es also nicht ersichtlich ist, ob diese gebraucht sind oder nicht, dürfen die nicht einfach so weitergegeben werden und als neu verkauft werden."
Reimer: "Bin ich denn als normaler Verbraucher, Käufer, Erwerber von virtuell erworbener Software auch betroffen?"
Rähm: "Ja, durchaus. Es kommt jetzt darauf an, wie die Richter in Luxemburg entscheiden. Wenn Oracle Recht bekommt, dann bleibt alles mehr oder weniger so, wie es ist – im Moment ist es nämlich so, dass wenn ich etwas per Download erwerbe, sei es also Software oder Bücher, Musik, da gibt es ja die ganzen vielen Online-Läden, dann habe ich nur eine Art Nutzungsrecht erworben und kein Besitzrecht, darf es also nicht einfach so weitergeben und weiterverkaufen. Bekommt allerdings Used Soft Recht, dann könnte es relativ starke Auswirkungen haben. Dazu habe ich mit dem Rechtsanwalt Hauke Hansen von der Kanzlei FPS gesprochen. Er sagt, in diesem Falle würde es wahrscheinlich so sein, dass die ganzen Geschäftsbedingungen der Online-Läden unwirksam würden und der sogenannte Erstverkaufsmarkt zusammenbrechen würde, weil die Nutzer vielleicht dahingehen und nur noch gebrauchte Musik, nur noch gebrauchte Programme kaufen, und die eigentlichen Urheber würden dann nichts mehr verkauft bekommen. Kurz vor der Sendung hat Hauke Hansen mich noch einmal informiert, wie es jetzt in Luxemburg aussieht. Er sagt, es sieht nicht so aus, als ob heute eine Entscheidung dazu fällt. Aber der Tenor, der geht in die Richtung, dass man der Rechtsauffassung von Oracle folgt und sagt, diese Lizenzweitergabe gegen Geld, die ist so nicht rechtens, und zu diesem Schluss kommen auch Stellungnahmen der französischen und der italienischen Regierung als auch von der EU-Kommission."
Das vollständige Gespräch können Sie mindestens bis zum 7. August 2012 in unserem Audio-on-Demand-Player hören.