Deutsche Unternehmen sind in Sotschi gut im Geschäft: Siemens hat Züge geliefert, Thyssen-Krupp Freiluft-Rolltreppen für das Skigebiet von Krasnaja Poljana. Aber auch der Mittelstand war beim Bau für Olympia stark vertreten - auch wenn anfangs oft erstmal russische Konzerne zum Zuge gekommen sind, erklärt Rainer Lindner, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft:
"Häufig sind Aufträge erst relativ spät ergangen, als deutlich wurde, dass es andere nicht können. Und da war dann deutsches Know-how gefragt, auch in Time bestimmte Dinge zu machen: Wenn Sie an große Projekte wie die Zufahrtsstraße zu den olympischen und alpinen Skiorten im Kaukasus denken - eine knapp 40 Kilometer lange Straßen- und Schienenverbindung, Schnellzugverbindung, musste geschaffen werden, Tunnels mussten gebohrt werden. Da war die Firma Herrenknecht, die ja Weltmarktführer bei Vortriebsmaschinen ist, gefragt. Das sind so strategische Investitionen und auch Projekttätigkeiten gewesen, die wir nun mal können und auf die auch dann Russland sehr gerne zurückgegriffen hat."
Es sind lukrative Aufträge für deutsche Unternehmen - auch, weil die Dimensionen vor Ort gigantisch sind. Aber nicht nur besagte Firma aus dem Schwarzwald möchte auf Anfrage des Deutschlandfunks vor dem Mikrofon lieber nichts zum Engagement in Russland sagen. Auch Interviewanfragen an andere Firmen bleiben entweder unbeantwortet oder sie enden mit einer Absage. Kaum ein deutsches Unternehmen hängt sein Engagement für die Olympia-Bauten und die Infrastruktur in Sotschi an die große Glocke. Einzig bei der Firma Kannegiesser in Ostwestfahlen reagiert man auf Anfrage offen.
In der Werkshalle im Örtchen Vlotho werden die Bestandteile für vollautomatische Waschstraßen zusammengeschweißt - eine solche Anlage steht jetzt auch in Sotschi. Sie wäscht, mangelt und faltet die Wäsche für 29.000 Hotelbetten in der Schwarzmeerstadt. Das ist auch für den Global Player ein großer Auftrag. In der neuen Wäscherei werden während der Spiele über 100 Tonnen Wäsche pro Tag verarbeitet, erzählt Firmeninhaber Martin Kannegiesser - für ihn gibt es keinen Grund, nicht über das Engagement in Russland zu sprechen:
"Wir arbeiten mit russischen Geschäftspartnern seit Jahrzehnten zusammen, es ist ein ordentliches Arbeitsverhältnis. Natürlich gibt es Probleme: einmal die, die es bei fast allen Großprojekten gibt. Manche sind russlandspezifisch, manche sind olympiadespezifisch - nämlich dieser enorme Zeitdruck, dieser hohe Zwang, dann auch irgendwann bei aller Systematik auch immer wieder improvisieren zu können. Also, insoweit ist das für uns nicht Spektakuläres - ganz vorsichtig damit umgehen und sollte man nichts drüber sagen."
Die Zurückhaltung auf Seite vieler Unternehmen lässt sich wohl mit den negativen Schlagzeilen der vergangenen Monate erklären: Es ging um Korruption, Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörungen beim Bau der Olympiastätten. Damit möchte offenbar niemand in Verbindung gebracht werden. Zum Thema Korruption sagt Martin Kannegiesser:
"Also wir hatten damit, muss ich sagen, wie bei anderen größeren Projekten in Russland auch, in irgendwas hineingezogen zu werden, überhaupt nicht das Problem. Da sind einige Dinge schiefgelaufen, aber die sind mehr so in der Logistik: Bahnwaggons sind nicht rechtzeitig eingetroffen, Lagerräume noch nicht fertig - also, so was. Aber das kann ihnen in jedem Projekt passieren. Aber dass da speziell Einflussnahme gemacht wurde, Korruption - wissen Sie, das sind ja keine staatlichen Stellen gewesen, wir haben mit einem privaten Kunden zu tun und da sind wir eigentlich auf Augenhöhe."
Ausschreibungen müssen transparent sein und den üblichen Regeln folgen, sagt Rainer Lindner vom Ost-Ausschuss. Wenn dem so sei, dann würden deutsche Unternehmen ihre Projekte vor Ort auch umsetzen. "Das heißt nicht, dass man wegschaut oder gegebenenfalls auch über diese politischen Fragen hinwegsieht - das wird auch gerade im Ost-Ausschuss mitgedacht."
Man setze sich auf der politischen Ebene beispielsweise gegen Korruption und für Visafreiheit ein. Was Kritik an der Umweltzerstörung und mangelnde Nachhaltigkeit in Sotschi betrifft, verweist Lindner beispielsweise auf energieeffiziente Technologien, die deutsche Firmen nach Russland geliefert haben.
"Darüber hinaus: Wenn die Spiele dort stattfinden - das war nicht die Entscheidung der deutschen Wirtschaft. Dass sie sich daran beteiligt, wird niemanden verwundern. Ich glaube, es ist besser, wenn wir unsere umweltgerechte Technologie anbieten, als wenn wir es Dritten überlassen und insofern tragen wir auch hier einen gewissen Beitrag bei."
Die deutsche Wirtschaft hat sich den Austragungsort zwar nicht ausgesucht - es ist aber auch nicht von der Hand zu weisen, dass Unternehmen am Profit interessiert sind - und den versprechen die Dimensionen in Russland.
Was die Nachhaltigkeit von olympischen Spielen betrifft, wird von Gegnern immer wieder bemängelt: Es wird ein riesiger Aufwand betrieben für einen kurzen Zeitraum. Immerhin: Die neue Großwäscherei soll nach den Spielen die Wäsche der russischen Eisenbahn sauber machen.
Und nach den Winterspielen von Sotschi bleibt Russland für deutsche Unternehmen ein verlockender, lukrativer Markt - das nächste Sportgroßereignis steht schon fest: 2018 findet die Fußball-WM dort statt.