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Sozialausgaben
Studie: Kosten für Kommunen steigen stark

Steigende Sozialausgaben belasten die ohnehin verschuldeten Kommunen. Trotz guter Konjunktur sind laut einer Studie die Ausgaben der Städte und Kreise für Sozialleistungen in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 50 Prozent gestiegen.

    Antrag auf Wohngeld - die Sozialausgaben belasten manche Kommunen besonders hart, sagt die Bertelsmann-Stiftung.
    Antrag auf Wohngeld - die Sozialausgaben belasten manche Kommunen besonders hart, sagt die Bertelsmann-Stiftung. (imago stock & people)
    Die Studie veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung am Montag in Gütersloh. 2014 summierten sich die Ausgaben demnach bundesweit auf rund 78 Milliarden Euro. Zehn Jahre zuvor lagen die Belastungen durch Sozialausgaben erst bei 51 Milliarden Euro. Vielen Kommunen bleibe dadurch kaum noch Handlungsspielraum, heißt es in der Studie.
    Große Teile der Etats für Sozialausgaben
    Die Belastung der Kommunalhaushalte durch Sozialleistungen ist der Studie zufolge sehr unterschiedlich. Am geringsten ist sie in Baden-Württemberg mit durchschnittlich 31 Prozent des Gesamtetats, am höchsten in Nordrhein-Westfalen mit 43 Prozent. Eklatant sind die Unterschiede vor allem zwischen den einzelnen Kommunen. Während die Stadt Wolfsburg mit 17 Prozent nur einen kleinen Teil ihres Etats für Sozialleistungen aufwenden muss, binden sie in Flensburg inzwischen 58 Prozent des Etats. Auch in Duisburg, Wiesbaden und Eisenach machen die Sozialkosten mehr als die Hälfte des städtischen Haushalts aus.
    Der Koalitionsvertrag stellt den Kommunen zwar eine Entlastung in Höhe von jährlich fünf Milliarden Euro ab 2018 durch den Bund in Aussicht. Wie diese Zusage umgesetzt werden soll, sei jedoch nach wie vor unklar. "Wenn der Bund die Kommunen entlasten will, sollte er jene Sozialkosten übernehmen, die bundesweit einheitlich geregelt und für Kommunen nicht beeinflussbar sind sowie vor allem in struktur- und steuerschwachen Städten und Kreisen anfallen", erklärte Kirsten Witte, Kommunalexpertin der Bertelsmann-Stiftung. Dies betreffe in erster Linie die Wohnkosten der Hartz-IV-Empfänger.
    Strukturschwache Regionen trifft es am härtesten
    Vor allem für wirtschaftsschwache Kommunen mit hoher Langzeitarbeitslosigkeit und geringen Steuereinnahmen sind die hohen Ausgaben für die Wohnkosten ein Problem. Sie beliefen sich 2013 bundesweit auf rund 14 Milliarden Euro. Im wirtschaftsstarken Baden-Württemberg binden sie lediglich drei Prozent der kommunalen Etats, im strukturschwachen Sachsen-Anhalt hingegen elf Prozent. "Eine Übernahme der Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger ist der entscheidende Hebel für den Bund, den armen Kommunen gezielt zu helfen", erklärte René Geißler, einer der Autoren der Studie. Der Bund beteiligt sich bereits heute in geringerem Umfang an den Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger. Wenn dieser Kostenanteil um die fünf Milliarden Euro ausgeweitet würde, käme das insbesondere wirtschaftsschwachen Regionen zu Gute.
    Die Bertelsmann-Stiftung steht wegen ihrer Neigung zu wirtschaftsliberalen Positionen in der Kritik. Die lobbykritische Organisation "Lobbycontrol" nennt die Stiftung eine der "einflussreichsten neoliberalen Denkfabriken im Land", die "wirkmächtig die Privatisierung von staatlichen Bereichen propagiert". Die Stiftung übt laut ihrer Kritiker eine Gestaltungsmacht auf die Politik aus, die sich auch in der Formulierung der Agenda 2010 niedergeschlagen haben soll. Sie beriet den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder wie auch dessen Nachfolgerin Angela Merkel.
    (nch/nin)