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Spanien
Kleinunternehmer leiden unter Kreditklemme

Es ist eine Folge der Krise: Spaniens Banken haben die Geldhähne zugedreht und Kleinunternehmer kommen gar nicht oder nur schwer an Kredite. Denn die in Schieflage geratenen Banken ziehen es vor, ihr Geld bei der Europäischen Zentralbank zu parken, anstatt es zu verleihen. Für viele ein echtes Problem.

Von Hans-Günter Kellner | 09.07.2014
    Die Spanische Flagge weht am 05.06.2013 an der Costa Calma (Fuerteventura) unter der am wolkenlosen Himmel stehenden Sonne.
    Spaniens Unternehmen spüren wieder Rückenwind - doch es bleibt schwierig, an Geld zu kommen. (picture-alliance / dpa-ZB / Soeren Stache)
    Das mehrstöckige Geschäftszentrum im Industriegebiet von Vallecas am Stadtrand von Madrid ist ein Spiegelbild der spanischen Wirtschaft. In den kleinen Werkstätten arbeiten meist weniger als zehn Beschäftigte. Viele Unternehmen sind pleite gegangen, manche haben überlebt. Hart waren die Krisenjahre für alle. Auch Textilunternehmer Pedro Sánchez wusste vor zwei Jahren nicht, wie es weitergehen soll. Jetzt hofft er wieder:
    "Ja, die Wirtschaft bewegt sich wieder. Es wird auch weniger in China produziert. Da sparen die Markenfirmen zwar bei der Herstellung, haben dafür aber die Transportkosten, den Zoll - und die Qualität ist auch nicht sicher gestellt. Ein Kunde hat im letzten Jahr eine ganze Kollektion in China fertigen lassen, dieses Jahr ist er damit zurück nach Spanien gekommen."
    Davon profitiert der heimische Arbeitsmarkt. Zu Beginn der Krise musste Sánchez alle Angestellten entlassen, jetzt beschäftigt er wieder drei Kräfte. Allerdings: Auf seine Bank, die ihm früher so bereitwillig Kredite gewährt hat, kann sich der Unternehmer nicht mehr verlassen.
    "Wir gehen nicht mal mehr in die Filiale. Wir warten einfach, bis unsere Kunden zahlen. Verzögert sich das, verzögern sich auch die Gehaltszahlungen an die Beschäftigten. Wir Firmeninhaber bekommen dann überhaupt nichts. Ich versuche, dass andere Kunden so schnell wie möglich zahlen und das ausgleichen. Erst wenn sich dieses Rad einmal wieder richtig dreht, gibt es auch keine Probleme mehr."
    Ein paar Hallen weiter hat José María Villarán sein Büro, ein Stockwerk unter seiner Werkstatt für Uhren und Schmuck. Vor der Krise hat er mit Golduhren in Spanien rund drei Millionen Euro umgesetzt. Seit 2007 hat er sein Geschäftsmodell schon mehrfach verändert. Auch sein Problem: die Kreditklemme.
    "Die Banken haben alle meine Kreditlinien gestrichen"
    "2007 haben wir begonnen, Uhren aus Stahl zu fertigen. Im ersten Jahr haben wir damit einen Umsatz von 18.000 Euro gemacht, im zweiten Jahr waren es schon 77.000 Euro. 2011 stieg der Umsatz auf 260.000 Euro – und das mit vielen unterschiedlichen Kunden. Trotzdem haben mir die Banken im September 2011 alle meine Kreditlinien gestrichen."
    Und ohne Kredite, die den Ankauf des teuren Materials in der Schweiz, in Frankreich und Hongkong finanzieren, kann er keine Uhren produzieren. Dabei fertigt Villarán sowieso ausschließlich auf Bestellung. Nur in Einzelfällen sind Kunden mal mit der Zahlung ausgefallen, erzählt er. Doch das habe die Banken ebenso wenig interessiert, wie das Bemühen des Unternehmers um neue Märkte.
    "Einer meiner Kunden kommt aus Katar: Die haben sieben Einkaufszentren, haben Uhren im Wert von 180.000 Euro bestellt. Ich bin zu meiner Hausbank gegangen, habe ihnen die Vorbestellung gezeigt. Ich habe für die Fertigung dieser Uhren einen Kredit von 40.000 Euro benötigt. Davon hätte ich 24.000 in nur drei Wochen zurückgezahlt, den Rest in sechs Monaten. Bei einer Bestellung von 180.000 Euro! Die Bank hat mir geantwortet: Du willst einen Milchladen aufmachen, ohne Milch zu haben."
    Die in Schieflage geratenen Banken zögen es vor, ihr Geld bei der Europäischen Zentralbank zu parken, anstatt es zu verleihen, sagen Finanzmarktexperten. Darunter litten auch solide Unternehmen. Darum hat die EZB kürzlich eine Gebühr für solche Einlagen eingeführt. Die Banken sollen damit wieder etwas großzügiger bei der Kreditvergabe werden. Doch Uhrenfabrikant Villarán ist skeptisch:
    "Wir haben jetzt eine neue Gesellschaft gegründet. Mit einer Schweizer Marke, die wir gekauft haben, um mehr exportieren zu können. Damit haben wir im letzten Jahr einen Umsatz von 200.000 Euro gemacht und hoffen in diesem Jahr auf einen Umsatz von 800.000 Euro. Wir verlagern das Geschäft. Jetzt bräuchte ich für eine Produktion einen Kredit in Höhe von 7.000 Euro mit einer Laufzeit von nur drei Monaten. Aber die Banken finanzieren nichts mehr."
    Doch wie schon so oft wird am Ende auch dieses Geschäft funktionieren, auch wenn der Uhrenfabrikant dafür wieder viele Bankfilialen abklappern muss - und auch mehr Eigenmittel einsetzen muss als vorgesehen. So wie auch Textilunternehmer Pedro Sánchez so langsam wieder Boden unter den Füßen bekommt. Die Banken, da sind sich die meisten Kleinunternehmer in Spanien einig, haben dazu allerdings keinen großen Beitrag geleistet.