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Spanische Musikszene
Legendärer Jazz-Club "Café Central" vor dem Aus

Tete Montoliu, George Adams, Art Farmer, Lou Bennett - sie alle spielten schon im legendären "Café Central". Der 1982 gegründete Jazz-Club im historischen Zentrum Madrids gehört zu den berühmtesten Europas. Wegen eines geänderten Gesetzes steht das "Café Central" jetzt aber vor der Schließung.

Von Gregor Ziolkowski | 14.01.2015
    Blick über die belebte Innenstadt von Madrid
    Madrids Innenstadt verliert ein Stück kulturelle Identität (picture-alliance / dpa / Mauri Rautkari)
    "Die Lage ist im Prinzip so, dass wir im April des vergangenen Jahres im Auftrag der Eigentümer des Lokals ein notarielles Schreiben erhalten haben, in dem wir aufgefordert werden, zum 31. Dezember das Lokal zu verlassen. Wir warten nun auf eine richterliche Entscheidung, die uns mitteilt, dass wir in der Tat gehen müssen."
    Gegangen sind sie bisher nicht, jeden Abend wird live aufgespielt, die juristischen Scharmützel dauern an. Aber es ist wohl kaum mehr als ein Aufschub.
    Massive Mieterhöhungen treffen 200.000 Lokale
    "Wir bezahlen 5.000 Euro Miete, etwas mehr, das ist nicht gerade wenig. Nun sagt aber der Markt, dass für einen solchen Standort, in dieser Gegend der Stadt, ohne Weiteres zehn- oder sogar zwölftausend Euro Monatsmiete zu erzielen sind, unvorstellbare Summen, die wir niemals aufbringen können. Dass wir etwas mehr bezahlen können, wäre wohl vorstellbar, aber weit entfernt von einer Summe wie 12.000 Euro, die man mit dieser Art von Geschäft einfach nicht erwirtschaften kann."
    Der drastische Mietanstieg wird möglich, weil zum Ende des vergangenen Jahres ein Gesetz erloschen ist, das in den vergangenen zwanzig Jahren Geschäftsinhaber vor solchen Erhöhungen schützte. 1994 verabschiedet, legte es fest, dass im Verlauf von zwanzig Jahren Lokalmieten nicht erhöht werden dürfen, wenn ein Eigentümer, der seinen Mietvertrag vor 1985 abgeschlossen hat, nicht wechselt. Die Frist ist abgelaufen, Etablissements wie das "Café Central" sind bedroht.
    Aber es sind beileibe nicht nur solche Spielstätten, deren Tage mutmaßlich gezählt sind. Vom traditionellen Hutmacher über das alteingesessene Restaurant bis zum Buchladen müssen Geschäfte, die oft kleine Familienunternehmen sind, um ihre Existenz bangen. Es gibt Schätzungen, wonach rund 200.000 solcher Lokale in ganz Spanien betroffen sein könnten. Viel kulturelle Substanz steht hier auf dem Spiel, wenn künftig Markt und Finanzkraft die Regeln bestimmen.
    Die Stadt verliert ein Stück kulturelle Identität
    "Die Zeitschrift 'Wire' hat vor einigen Jahren eine Sondernummer zum Thema "Jazz in Europa" veröffentlicht, darin fand sich eine Liste der zehn wichtigsten Jazz-Bühnen auf dem Kontinent, dort standen wir auf dem achten Platz. Inzwischen würden wir wohl noch weiter vorn landen, weil vermutlich vier der sieben vor uns platzierten Clubs inzwischen dicht gemacht haben. Und die Jazz-Zeitschrift "Down Beat", die jährlich ein Ranking mit 100 Jazz-Clubs in aller Welt veröffentlicht, listet für Spanien nur das "Café Central" auf."
    Mehr als 11.500 Konzerte haben in den vergangenen gut dreißig Jahren hier stattgefunden, die Bands oder Solisten werden jeweils für eine Woche verpflichtet. Eine kaum erhöhte Bühne, engster Kontakt zwischen Publikum und Künstlern, das erzeugt eine Klubatmosphäre pur, wie man sie immer seltener findet. Sehr bald schon könnte das "Café Central" in Madrid Geschichte sein. Und die kulturelle Identität der Stadt wäre um ein bemerkenswertes Stück ärmer.