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"Martin Schulz war ein historischer Irrtum"

Im SPD-Führungsstreit appellierte Klaus von Dohnanyi zu mehr Selbstbewusstsein seiner Partei. "Die SPD muss nach vorne schauen und eine zukunftsorientierte Politik machen", sagte Hamburgs Ex-Bürgermeister im Dlf. Mit dem zurückgetretenen Vorsitzenden Martin Schulz geht er hart ins Gericht.

Klaus von Dohnanyi im Gespräch mit Dirk-Oliver Heckmann |
    Der SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi.
    Der SPD-Politiker Klaus von Dohnanyi. (picture alliance / dpa / Jens Kalaene)
    Dirk-Oliver Heckmann: Die Sozialdemokraten – wird man im Rückblick sagen, dass für sie als Volkspartei 2017/2018 das Totenglöcklein geschlagen hat? Nach einer jüngsten Umfrage ist die SPD auf 16,5 Prozent abgestürzt, und das kommt nicht von ungefähr, denn die Kette an massiven Fehlentscheidungen, die reißt nicht ab.
    Zuletzt hatte die SPD-Führung versucht, Andrea Nahles schnell als kommissarische SPD-Chefin zu installieren, und musste vor dem Widerstand der Basis einknicken. Jetzt führt Olaf Scholz die Partei bis zum Parteitag, auf dem es dann Andrea Nahles mit mehreren unbekannten Konkurrenten zu tun haben wird.
    Klaus von Dohnanyi, der ehemalige Erste Bürgermeister Hamburgs, man kann mit Fug und Recht sagen, dass er zum sozialdemokratischen Urgestein zählt. Er ist jetzt am Telefon. Schönen guten Morgen!
    Klaus von Dohnanyi: Guten Morgen, Herr Heckmann.
    Heckmann: Herr von Dohnanyi, wenn Sie nachts an den Zustand Ihrer Partei denken, können Sie dann noch schlafen?
    von Dohnanyi: Ja, dann kann ich noch schlafen, denn es wird auch einen Wiederaufstieg geben. Ich finde, die Partei muss mehr Selbstbewusstsein zeigen. Zwölf Jahre Regierung Merkel, davon acht Jahre mit starker SPD-Unterstützung - wo wäre denn Frau Merkel gewesen, wenn Herr Steinbrück nicht als Finanzminister damals mit in der Krise geholfen hätte. Frau Merkel ist eine große Kanzlerin, wie Herr Genscher mir vor einiger Zeit kurz vor seinem Tod mal gesagt hat. Aber sie hat auch in zwei Legislaturperioden auf eine SPD sich stützen können, die sie sehr stark unterstützt hat. Ich finde, mehr Selbstbewusstsein täte der SPD gut.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel und Peer Steinbrück sprechen über die Finanzkrise
    "Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind" - Bundeskanzlerin Angela Merkel und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück während der Finanzkrise 2008 (picture alliance / dpa)
    "Die SPD muss nach vorne schauen und eine Politik machen, die zukunftsorientiert ist"
    Heckmann: Wir wollen über den Zustand der SPD sprechen und Sie haben die Entwicklung beobachtet, die vielen, vielen Fehlentscheidungen, die auch strategisch getroffen worden sind, und jetzt diese Umfrageergebnisse. Wie würden Sie denn den Zustand Ihrer Partei beschreiben?
    von Dohnanyi: Der Zustand ist kritisch, aber er hat durchaus auch eine Perspektive. Wenn die SPD sich auf die Dinge besinnt, die sie einst groß gemacht haben, nämlich der Blick nach vorne, nicht zurückzuschauen und zu überlegen, wie es in der Vergangenheit gewesen ist, sondern nach vorne zu schauen und eine Politik zu machen, die zukunftsorientiert ist. Ich war ja Mitglied in der Regierung Brandt und war auch Staatssekretär von Karl Schiller und wir hatten damals ein ganz anderes Selbstbewusstsein, als das heute offenbar von der SPD ausgestrahlt wird.
    Heckmann: Wo soll denn das Selbstbewusstsein herkommen bei diesen Ereignissen des letzten Jahres, die jetzt hinter der Partei liegen?
    von Dohnanyi: Ja, es hat Fehler gegeben, aber jeder macht Fehler. Auch eine Partei kann Fehler machen. Die SPD wird wiederkehren. Da habe ich gar keinen Zweifel. Und ich glaube auch, dass Olaf Scholz ein guter vorübergehender Vorsitzender ist, und hinterher, wenn es zu einer Großen Koalition kommt, wovon ich ausgehe und wozu ich auch die SPD ausdrücklich aufrufe, auch die Mitgliedschaft, dann würde er, glaube ich, auch einen sehr guten Finanzminister abgeben und würde eine konservative vielleicht, zugleich aber auch fortschrittliche SPD-Finanzpolitik machen.
    Heckmann: Welche Fehler sind denn gemacht worden aus Ihrer Sicht? Was waren die größten Fehler?
    von Dohnanyi: Ich glaube, die Berufung von Martin Schulz war natürlich ein kardinaler Fehler. Dazu habe ich ja auch nie geschwiegen. Ich fand das falsch. Ich finde, er ist kein Mann mit einem politischen Instinkt. Er hat große Fehler gemacht und an diesen Fehlern gegenwärtig nagen dann auch noch seine Nachfolger. Das ist sicherlich das zentrale Problem gewesen. Einen Mann wie Schulz mit 100 Prozent zu wählen, war natürlich einfach ein Fehler.
    Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz verlässt am 21.01.2018 beim SPD-Sonderparteitag in Bonn (Nordrhein-Westfalen) das Podium. 
    "Ein historischer Irrtum" - Am Ex-SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz lässt Klaus von Dohnanyi kein gutes Haar (dpa / picture alliance / Oliver Berg)
    "Martin Schulz? Ein historischer Irrtum"
    Heckmann: War Martin Schulz ein historischer Irrtum?
    von Dohnanyi: Ein historischer Irrtum.
    Heckmann: Was hat er falsch gemacht?
    von Dohnanyi: Er ist die falsche Person für diese Situation gewesen. Er hat zurückgeschaut, er hat im Wesentlichen den nostalgischen Bereich der SPD versucht, wieder zu aktivieren. Aber die SPD hat ihre Wurzeln in einer Zeit, in der sie nach vorne geschaut hat. Und wissen Sie, die Partei macht auch große Fehler, finde ich, im Bewusstsein der Menschen. Am Ende eines Parteitages singt sie, "Mit uns zieht die neue Zeit". Wenn Sie sich mal angucken, wie dieser Text weitergeht – der Text geht dann weiter, "eine Woche Hammerschlag, eine Woche Häuserquadern." Ja das hat doch mit der Zukunft überhaupt nichts zu tun.
    Heckmann: Das sollte man aus Ihrer Sicht als erstes abschaffen?
    von Dohnanyi: Dieses Gedicht stammt übrigens von einem Mann, der später ein ziemlich übler Nazi-Dichter wurde. Ich finde, man sollte mal am Ende eines Parteitages das Deutschlandlied gegenwärtig singen, unsere Nationalhymne, "Einigkeit und Recht und Freiheit", und die schwarz-rot-goldene Fahne, die unsere Nationalfahne ist, die sollten wir auch dann zeigen. Das ist ja auch unser Stolz.
    Heckmann: Aber, Herr von Dohnanyi, hat die SPD nicht im Moment andere Probleme? Kommen wir noch mal auf die Fehler zurück. Ein Fehler - das ist ja nun schon oft gesagt worden - war, nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen sich noch mal hinzustellen und zu sagen, wir gehen in die Opposition. Aber man muss doch dazu sagen, das hat doch nicht Martin Schulz alleine entschieden. Da ist doch die gesamte SPD-Führung beteiligt gewesen.
    von Dohnanyi: Ja, das ist schon richtig. Herr Heckmann, wenn Sie wollen - ich will nicht so gerne über die Vergangenheit reden. Es sind Fehler gemacht worden, die Fehler sind offensichtlich, aber jeder macht mal Fehler. Die Partei war in einer schwierigen Lage, auch in einer etwas chaotischen Lage durch diese Fehler, und sie musste sich davon befreien. Aber ich finde, wenn wir über die Zukunft der SPD - und damit fingen Sie ja an, mit 16,5 Prozent -, wenn wir über die Zukunft der SPD reden, dann müssen wir auch über die Zukunft reden, auf die die SPD zugehen kann.
    Heckmann: Das ist schon klar. Dazu kommen wir auch gleich noch mal. Aber weil Sie ja sagten, Martin Schulz war der historische Fehler, …
    von Dohnanyi: Er war ein Fehler der Vergangenheit. Er ist jetzt nicht mehr dabei.
    "Martin Schulz kannte die Statuten nicht, er kannte auch die Partei nicht wirklich"
    Heckmann: Aber die Frage ist, ob nicht auch andere beteiligt gewesen sind. Andrea Nahles zum Beispiel, Herr von Dohnanyi, die hat sich neben Martin Schulz hingestellt. Schulz hat gesagt, er wird jetzt Außenminister, Sigmar Gabriel sollte ausgebootet werden, und sie fand das eine gute Idee.
    von Dohnanyi: Na ja. Ich finde es nicht so gut, ehrlich gesagt, wenn man immer über vergangene Fehler redet, um über die Zukunft zu reden.
    Heckmann: War das ein Fehler von Andrea Nahles?
    von Dohnanyi: Das mag ein Fehler gewesen sein. Sie war wahrscheinlich auch in einer schwierigen Lage, weil die Dinge sich überstürzt hatten. Der zentrale Fehler - da haben Sie ja völlig recht - war die Berufung von Martin Schulz mit 100 Prozent, ein großer Irrtum. Der Mann war ungeeignet für diese Funktion, das konnte man auch wissen. Ich habe das von Anfang an gesagt.
    Aber ich bin nun seit über 60 Jahren in dieser Partei und ich habe viele Wechsel und Situationen erlebt, und ich bin ganz sicher, dass die SPD wiederkehren wird, und sie wird nicht bei 16,5 Prozent bleiben. Aber sie muss sich der Zukunft zuwenden und ich würde lieber über die Zukunft reden als über die Vergangenheit.
    Heckmann: Machen wir auch gleich noch mal. Aber man muss auch ein bisschen zurückblicken, denke ich, auf die letzten Tage, die ja nun wirklich dramatisch gewesen sind. Es gab einen Wechsel in der Parteiführung. Die Führung der Partei, die wollte Andrea Nahles hoppla hopp kommissarisch zur Parteichefin machen und damit eine Vorfestlegung treffen, und auch dagegen regte sich Widerstand.
    von Dohnanyi: Das war ein Fehler. Das hätte man sehen müssen.
    Heckmann: Sie sagen, das ist ein Fehler.
    von Dohnanyi: Aber der Martin Schulz kannte auch die Statuten nicht. Der kannte auch die Partei nicht wirklich.
    Heckmann: Aber das war doch eine Entscheidung der gesamten Führung der Partei.
    von Dohnanyi: Ja, gut! Wenn der Parteivorsitzende eine bestimmte Richtung einschlägt, dann neigt man auch dazu, zunächst ihm nicht ein Bein zu stellen.
    Heckmann: Da sagen die bei der SPD alle ja, die an der Spitze sitzen?
    von Dohnanyi: Nein, das ist nicht richtig. Die sagen nicht alle ja. Aber in diesem Falle sind sie auch überrollt worden von diesen Fehlern. Martin Schulz ist Vergangenheit. Die Zukunft liegt wahrscheinlich bei einer Mischung aus Frau Nahles und Olaf Scholz, und da habe ich an sich großes Vertrauen. Wie gesagt, wir sollten stolz sein auf das, was auch die SPD mit geleistet hat an dieser sehr erfolgreichen Regierung Merkel. Und wenn man dann im Schatten der Kanzlerin steht, ist das auch natürlich. Das ist immer so gewesen. Wenn der Kanzler vorne steht, stehen die Koalitionsparteien eher im Schatten. Aber wir sollten selbstbewusst zeigen, was wir dort selber geleistet haben.
    ARCHIV - ARCHIV - 25.09.2017, Berlin: Die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) steht am 25.09.2017 neben Hamburgs Ersten Bürgermeister und stellvertretenden SPD-Parteivorsitzenden Olaf Scholz (SPD) zu Beginn der Vorstandssitzung im Willy-Brandt-Haus. Statt Martin Schulz soll es künftig Andrea Nahles als SPD-Vositzende für die Sozialdemokraten richten. Das neue Machtzentrum bilden dann Nahles und der als Vizekanzler und Finanzminister vorgesehene Olaf Scholz. 
    Statt Martin Schulz soll es künftig Andrea Nahles als SPD-Vorsitzende für die SPD und der als Vizekanzler und Finanzminister vorgesehene Olaf Scholz richten. (dpa / picture alliance / Christian Charisius)
    Heckmann: Ist Andrea Nahles die Richtige, um die Partei aus der Krise zu führen?
    von Dohnanyi: Ich glaube, ja.
    Heckmann: Auch wenn sie jetzt politisch von der Ausrichtung her nicht unbedingt Ihrer Linie entsprach oder entspricht.
    von Dohnanyi: Ja, das ist richtig. Aber die Leute werden ja im Laufe des Lebens alle immer klüger, und das gilt auch für mich selbst. Und die Frau Nahles ist auch klüger geworden. Ich war nicht ihrer Meinung, als sie links außen war. Olaf Scholz war das übrigens auch mal. Die Leute werden alle im Laufe ihres Lebens vernünftiger. Sie lernen zu und das tun wir alle, und das tun Sie, Herr Heckmann, und ich auch.
    Insofern, glaube ich, hat die SPD auch eine gute Zukunft, wenn sie mit Selbstbewusstsein und mit Modernität arbeitet. In einer Gesellschaft, in der wir eine Industrie 4.0 vor uns haben, da kann man nicht mit "eine Woche Hammerschlag und eine Woche Häuserquadern" argumentieren. Das ist doch Unsinn. Da muss man sich nach vorne bewegen und da muss man sehen, wie man mit diesen neuen Strukturen, mit diesen neuen Angestellten und Mitarbeitern umgeht. Und das tut man nicht, indem man auf die Vergangenheit schaut.
    "Ein Verzicht auf die Mitarbeit in einer möglichen Regierung wäre ein kardinaler Fehler"
    Heckmann: Herr von Dohnanyi, es geht jetzt erst mal um die Frage, soll die SPD in eine neue sogenannte Große Koalition gehen oder nicht, oder sagen wir in eine schwarz-rote Koalition. Das ist wahrscheinlich treffender. Die GroKo-Gegner, die pochen darauf, dass es eine Urwahl jetzt geben soll bei der Parteispitze. Überzieht da die Parteilinke nicht gewaltig, denn auf einem Parteitag, da kann ja jeder kandidieren? Es gibt auch schon drei Gegenkandidaten.
    von Dohnanyi: Wir haben bewusst ein Statut, in dem wir wissen, wie der Parteivorsitzende gewählt wird, und das ist nicht durch eine Urwahl. Im Übrigen möchte ich wirklich darauf bestehen, dass es klug ist, wenn die Mitglieder heute dieser Großen Koalition zustimmen und sich das auch zu Herzen nehmen.
    Die SPD hat einen erheblichen Anteil an der Zerstörung der Weimarer Republik gehabt. Sie hat sich nämlich jahrelang der Mitarbeit in der Koalition verweigert, aus zum Teil sehr minimalen, sehr geringen Gründen, unerheblichen Gründen. Die SPD sollte sich an diese Geschichte erinnern heute.
    Deswegen wäre ein Verzicht auf die Mitarbeit in einer möglichen Regierung gegenwärtig ein kardinaler Fehler. Deswegen kann ich die Mitglieder nur aufrufen, sich einen Ruck zu geben und dieser Großen Koalition zuzustimmen. Alle, die dagegen argumentieren, sollten sich an Weimar erinnern.
    Heckmann: Wenn jetzt Hilde Mattheis und ihre Kollegen aus dem linken Flügel sagen, alles andere als eine Urwahl bei der Neubesetzung der Parteispitze sei undemokratisch, beschädigt sie damit den Ruf der Partei?
    von Dohnanyi: Erst mal ist es Unsinn, denn die Demokratie besteht nicht darin, dass man überall immer nur die Leute fragt und die Mitglieder, sondern dass diese eine bestimmte Gruppe auswählen, die dann ihrerseits wiederum Entscheidungen treffen. Nächstens stimmt man ab, über jede Entscheidung in der Bundesregierung erst mal die Bevölkerung zu fragen. Das geht doch alles nicht. Die Beschädigen weniger die Partei als die Demokratie, und deswegen bin ich der Meinung, wir sollten bei den Statuten der SPD bleiben.
    Heckmann: Auf der anderen Seite ist es so, dass viele Menschen sowieso ohnehin denken - ich denke, da stimmen Sie zu -, dass es Politikern nicht um die Sache geht, sondern vor allem um sich selbst.
    von Dohnanyi: Ach, Unsinn!
    Heckmann: Denken Sie das nicht?
    von Dohnanyi: Wissen Sie, das kann ich überhaupt nicht teilen. Ich habe selber an der Seite von Willy Brandt gearbeitet. Ich habe an der Seite von Karl Schiller gearbeitet.
    Klaus von Dohnanyi und Helmut Schmidt unterhalten sich beim Bundesparteitag.
    Hamburgs Erster Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (l.) und Bundeskanzler Helmut Schmidt auf dem SPD-Landesparteitag 1982 in Hamburg. (dpa / Georg Spring)
    Heckmann: Ich sage ja auch gar nicht, dass ich das denke. Ich sage nur, dass viele Menschen der Meinung sind.
    von Dohnanyi: Ja, gut! Aber das muss man den Leuten auch ausreden und nicht einreden. Die Leute müssen wissen, welche Verantwortung bei den Politikern ist und mit wieviel Engagement sie für die gute Sache kämpfen. Und dass man das ohne Macht nicht kann, dass Macht dazu gehört, um etwas durchzusetzen, das weiß doch jeder.
    Heckmann: Aber wenn Sie sich die Ereignisse der letzten Tage angucken, wo es wirklich ganz offensichtlich wurde, dass es Andrea Nahles, Sigmar Gabriel, Martin Schulz ganz offensichtlich, ganz stark auch um die eigene Rolle und die eigene Zukunft ging, hat dann die SPD nicht erheblich dazu beigetragen, dass sich diese Menschen jetzt bestätigt fühlen können?
    von Dohnanyi: Na ja, ich finde, Martin Schulz lassen wir jetzt mal bei Seite.
    "Ohne Macht geht es nicht in der Politik"
    Heckmann: Bei dem meinen Sie ja?
    von Dohnanyi: Bei dem würde ich das eher unterstellen. Zum Beispiel die Frau Nahles ist natürlich eine ehrgeizige, tüchtige Politikerin, aber ohne, dass man dafür auch die Macht erringt. Sie erinnern sich, was Gerhard Schröder für das Land getan hat, und er hat auch mal an dem Zaun des Kanzleramtes gerüttelt und gesagt, da will ich rein. Ohne Macht geht es nicht in der Politik. Deswegen, finde ich, darf man die Leute auch dafür nicht verurteilen, dass sie Macht brauchen, um Politik durchzusetzen.
    Heckmann: Aber ist es nicht fatal, wenn der Eindruck entsteht, dass die eigene Rolle...
    von Dohnanyi: Ich weiß, Frau Merkel ist wirklich gut, und ich weiß, wie sie mit sich gerungen hat, ob sie noch mal kandidieren sollte, und das war nicht Machtbewusstsein, sondern Verantwortungsbewusstsein. Das muss man auch in der Politik respektieren, das müssen auch die Wähler respektieren.
    Heckmann: Und den Eindruck haben Sie, dass das beim handelnden Personal bei der SPD auch so ist?
    von Dohnanyi: Ich hoffe das auf jeden Fall so und ich glaube nicht, dass diese Reduzierung der Diskussion auf das Machtbewusstsein der Politiker die politische Arbeit wirklich beschreibt. Wir wollen etwas Gutes, etwas Richtiges tun. Dazu müssen wir natürlich auch den Hebel der Macht in der Hand haben. Sonst können wir ja gar nichts bewirken.
    Heckmann: Der ehemalige Erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg war das, Klaus von Dohnanyi. Herr von Dohnanyi, ganz herzlichen Dank für das Gespräch und Ihre Zeit heute Früh.
    von Dohnanyi: Herr Heckmann, vielen Dank für Ihre Geduld.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.