Wer beim Fernsehsender ESPN arbeitet, kannte bislang eigentlich nur eine Ansage: Das lange extrem erfolgreiche Medienunternehmen war von seinen amateurhaften Anfängen im Laufe von 30 Jahren zu einem selbstbewussten Spezialanbieter herangewachsen. Der füllt zahllose Kanäle mit Live-Übertragungen und beschäftigt Kommentatoren, die das Thema "Sport” sowohl selbstbewusst als auch selbstironisch rüberbringen.
Wie in den Werbespots für das abendliche Flaggschiff namens "Sports Center”. Dafür stellten sich Weltstars wie Roger Federer, Usain Bolt, Floyd Mayweather, Alexander Owetschkin gerne zur Verfügung. Die 8.000 Mitarbeiter hatten Grund, sich zu amüsieren. Als die Welt noch in Ordnung war, lieferten sie pro Jahr zwei Milliarden Dollar Gewinn bei der Konzernmutter ab – dem Unterhaltungskonzern Disney.
Lieber Netflix als ESPN
Die Zeiten haben sich geändert, weil immer mehr amerikanische Fernsehzuschauer ihre bis zu 100 Dollar pro Monat teuren Kabelanschlüsse kündigen und lieber Netflix oder YouTube anschauen. ESPN verlor so mehr als 10 Millionen Abonnenten. Vor zwei Jahren wurde deshalb das Personal hinter den Kulissen um 300 Angestellte reduziert. Gestern bekamen rund 100 weitere ihre Kündigung. Die Besonderheit: Man kennt ihre Namen und Gesichter vom Bildschirm.
Weshalb Kommentatoren, die ihren Job behalten, so weit gingen und kurze Trauermeldungen von sich gaben: "Wir vermissen unsere Freunde und wir erinnern uns gut an sie", sagte etwa Scott van Pelt. Bob Ley erklärte: "Es ist an der Zeit darüber nachzudenken, was sie in all den Jahren für unsere vielen Plattformen und für Sie getan haben." Betroffene meldeten sich auf Twitter und machten auf gute Stimmung. Typisch amerikanisch eben – optimistisch.
Auswirkungen auf die Lizenzrechte
Tatsächlich sind die Sparmaßnahmen weniger dramatisch, als sie wirken. Doch sie sind ein Warnsignal für die gesamte Sportbranche. ESPN überweist jedes Jahr im Rahmen langfristiger Verträge Milliardenbeträge an die wirtschaftlich verwöhnten großen amerikanischen Ligen wie etwa die NFL und die NBA.
Weiter sinkende Einnahmen bei ESPN bedeutet jedoch: Auch bei den Lizenzrechten wird man demnächst massiv mit dem Sparen beginnen müssen.