Die Max-Schmeling-Halle in Berlin. Eine Inszenierung wie aus dem Bilderbuch: Jugendliche weitgehend unter sich. Hier leben sie ihn - ihren Traum vom ganz großen sportlichen Erfolg, große Symbole inklusive.
"Es ist vollbracht: Die Jugend trainiert für Olympia und Jugend trainiert für Paralympics Flamme ist entzündet."
"Jugend trainiert für Olympia" und "Jugend trainiert für Paralympics" - eine Reihe, die weltweit ihres Gleichen sucht: 800.000 Teilnehmer waren zuletzt dabei. Jahr für Jahr. Wer es in seiner Olympischen Disziplin durch Stadt- und Kreisfinals, dann durch Zwischenrunden, Bezirks- und schließlich Landesfinals geschafft hat, kommt hier an - auf einem von bislang drei Bundesfinalveranstaltungen im Jahr.
"Für viele Kinder ist es halt das erste Mal, dass sie aus ihrer Heimatstadt herauskommen, nach Berlin können, weil sie das Finale erreicht haben",
sagt Felix Fischer. Er kommt direkt von der Deutschen Volleyball-Meisterschaft am Bodensee zur Jugendveranstaltung - als strahlender Sieger, als Vorbild - und entzündet die Flamme. „Jugend trainiert" war einst für ihn selbst Ansporn, wenn auch
"unerreichbar, weil wir haben immer dann im Berlin-Finale leider jedes Mal den Kürzeren gezogen, so dass ich es gar nicht ins Bundesfinale geschafft habe."
Felix Fischer aber, der Mittelblocker und nun Deutscher Meister, hat sich damals trotzdem jedes Mal lang gemacht, seine Freizeit dem Sport gewidmet - die Medaille und vor allem die Abschlussparty mit Tausenden Gleichgesinnten stets vor Augen.
"Die Kinder müssen halt ein Ziel haben, jedes Jahr zu sagen: Okay, ich mache das halt um beim Bundesfinale Platz eins bis drei zu erreichen. Und wenn man halt sagt, ne, braucht man nicht mehr, finde ich halt milde gesagt eine Frechheit. Die Jugend so im Stich zu lassen, finde ich einfach nur feige."
Bundesregierung: Breitensport ist Ländersache
Fischers Kritik zielt auf die Politik ab. Die Bundesregierung kürzt ihre Zuschüsse für "Jugend trainiert": 350.000 Euro gibt sie im laufenden Jahr weniger. Im nächsten Jahr will Bundessportminister Thomas de Maizière sogar gar nichts mehr besteuern. Die Logik dahinter ist so simpel wie plump: Die Länder halten sich bei der immerhin Nationalen Anti-Doping-Agentur zurück und so gibt sich auch der Bund konsequent. Breitensport? Das ist fortan allein Sache der Länder. Eine klassische Retourkutsche.
"Die Probleme in anderen Themen - Stichwort: NADA-Finanzierung und ähnliches - jetzt mit dem Thema 'Jugend trainiert für Olympia' zu kompensieren, ist durchaus verständlich aus Sicht des Bundes",
sagt Alfons Hörmann, der Chef des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB am Rande der Veranstaltung.
"Aber ich hoffe, dass es dann ganz am Ende bei den vielen Themen, die Bund und Land miteinander zu regeln haben, wieder eine vernünftige Lösung gibt. Man sollte ein solches Thema nicht auf dem Rücken der Kinder austragen."
Ein Satz, den alle unterschreiben würden. Letztlich muss aber einer das Geld locker machen, wenn die Großveranstaltung auch groß bleiben soll. Der DOSB jedenfalls wolle nicht einspringen, sagt Hörmann, sonst fehle das Geld doch an anderer Stelle. Streit gibt es auch darüber, wann die Bundesregierung wen informiert hat. Das Sport- und Innenministerium sagt, die Pläne seien schon seit 2012 bekannt. Thomas Poller aber, Sportreferent in Berlin und Organisator der Bundesfinals, gibt sich überrumpelt:
"Ich denke, dass ist auch eine Frage der Würdigung der Arbeit im Umgang miteinander. Und da kann ich sagen, dass dem Land Berlin keine schriftlichen Dinge vom Bundesministerium des Inneren vorlagen, dass die Förderung eingestellt wird."
Die Zeit drängt
Poller erzählt, das Finale von "Jugend trainiert" kostet knapp 1,4 Millionen Euro. Das laufende Jahr sei gesichert, Herbstfinals inklusive. Für 2015 aber dränge die Zeit, denn er brauche Vorlauf. Noch im Sommer müsse deshalb die Finanzierung stehen, sonst eben gekürzt werden, jüngster Erfolge etwa in Sachen "Inklusion" zum Trotz.
"Das zu erleben, was olympisches Flair ist, mit anderen Sportlern zusammen, was wir jetzt mit 'Jugend trainiert für Paralympics' haben, Anerkennung von Leistungen, von behinderten und nicht-behinderten Sportlern in einer Wettkampfstätte, da glaube ich: Die zeitliche Schiene, die bringt natürlich sehr viel Verdruss in diese ganze Entwicklung."
Sollte sich der Bund tatsächlich restlos aus dem Schulsportwettbewerb zurückziehen, müssten die Länder ran. Die geben sich aber erst mal bockig und sprechen von einer Bedrohungsslage für "Jugend trainiert". Sogar die Idee, die Veranstaltung zu pausieren, steht inzwischen im Raum. Damit aber würde dann tatsächlich die Nachwuchsförderung unter die Räder kommen. Ausgerechnet.