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Spuren in der Tiefsee
DNA liefert Hinweise auf Fischvorkommen

Der Klimawandel sorgt dafür, dass sich die arktischen Ozeane erwärmen. Als Folge verändern sich auch die Fischgemeinschaften. Dänische Forscher haben jetzt ein Verfahren entwickelt, um den ökologischen Wandel auch 1000 Meter tief im Meer genauer zu beobachten.

Von Lucian Haas |
    Ein weiblicher Tiefseeanglerfisch wurde 700 bis 3000 Meter in der Tiefe des atlanischen Ozeans entdeckt.
    Durch die Analyse von Umwelt-DNA wollen die Forscher kontrollieren, wie sich der Klimawandel auf die Artenzusammensetzung in der Tiefsee auswirkt (imago / Bluegreen Pictures)
    Die Biodiversität der Fische in der Tiefsee zu studieren, ist bislang sehr aufwendig. Forscher ziehen mit Netzen Fangproben aus großen Wassertiefen. So können sie die Arten und die Häufigkeit der gefangenen Fische in den Netzen bestimmen. In Zukunft könnte ein anderes Verfahren ein solches Monitoring vereinfachen. Fische lassen sich anhand von Spuren ihrer Erbsubstanz DNA erkennen, die sie im Wasser hinterlassen:
    "Man benötigt nur noch eine Wasserprobe. Wir lassen dafür einen zwei Liter fassenden Kollektor 1000 Meter in das Meer hinab. Anschließend ziehen wir das dort gesammelte Wasser an die Oberfläche, bringen es ins Labor und filtern die DNA heraus."
    Philip Thomsen ist Genetiker an der Universität von Kopenhagen. Seit Jahren erforscht er, wie sich im Wasser lebende Organismen anhand von DNA-Spuren nachweisen lassen, die sie im Wasser hinterlassen. Bei Salamandern, Kröten, aber auch Fischen in Flüssen und Seen funktioniert das schon gut.
    "Man könnte allein anhand der DNA-Analysen sagen, wo die ergiebigsten Fischgründe sind"
    etzt hat der Forscher gemeinsam mit Kollegen das Verfahren erstmals in der Tiefsee vor der Küste Westgrönlands getestet. Hier war die spannende Frage: Würden sich in kleinen Proben aus den schier unendlichen Wassermassen des Ozeans genügend DNA-Fragmente finden lassen, um daraus realistische Rückschlüsse auf die dort vorkommenden Fischbestände zu ziehen? Um das beantworten zu können, nutzte Philip Thomsen Daten echter Fischfänge mit Netzen an den gleichen Standorten als Vergleich:
    "Es ist gut, diese Fangdaten zu haben. Wir kennen so das Gewicht und die Zahl der Fische, die gefangen wurden. Vergleicht man das mit der Menge an DNA, die wir in den Wasserproben gefunden haben, so zeigt sich: Zumindest bei den zwei häufigsten Fischarten dort, dem Heilbutt und dem Rotbarsch, die auch kommerziell gefangenen werden, gibt es eine gute Korrelation. Der Gewichtsanteil dieser Arten an der gesamten Fangmenge spiegelt sich auch in der relativen Menge der zugehörigen Fisch-DNA im Wasser wider. Man könnte also allein anhand der DNA-Analysen sagen, wo die ergiebigsten Fischgründe sind."
    Noch besser als für quantitative Aussagen eignet sich die Methode nach Ansicht von Philip Thomsen allerdings für qualitative Erkenntnisse. Welche Fischarten kommen überhaupt an einem beprobten Standort vor? Hier zeigt die Studie ebenfalls sehr gute Übereinstimmung zwischen den DNA- und den Fang-Daten. Von insgesamt 28 Fischarten, die vor Grönland in den Netzen landeten, konnten die Forscher 26 auch per DNA-Spur nachweisen. Darüber hinaus fanden sie Hinweise auf drei andere Fischarten, die nur in den Gen-Daten auftauchten:
    "Die Tatsache, dass wir zu sehr abgeschiedenen Orten wie der Tiefsee vordringen können und dann nur anhand von DNA-Spuren Information über die dort verborgene Biodiversität erhalten, finde ich wirklich erstaunlich."
    Monitoring des ökologischen Wandels in der arktischen Tiefsee
    Eine der offenen Fragen ist, inwieweit DNA von anderen, entfernten Orten durch Meeresströmungen herangetragen wird und so die Ergebnisse verfälschen könnte. Philip Thomsen sieht keinen Anlass zur Sorge. Zum einen hätten Versuche gezeigt, dass DNA in Salzwasser innerhalb weniger Wochen komplett abgebaut wird. Zum anderen lieferten die aktuellen Messungen keine verdächtigen Spuren ortsuntypischer Arten. Der Forscher hält das Verfahren für tauglich, um die lokalen Fischvorkommen in den Meeren zu überwachen:
    "Ein Beispiel ist das Monitoring, wie sich im Zuge des Klimawandels die Artenzusammensetzung der Fische in der Arktis verändert. Wir könnten Proben im arktischen Ozean nehmen, Jahr für Jahr. Wir wissen, dass manche Fischarten sich als Folge des wärmeren Klimas weiter nach Norden ausbreiten. Wir könnten das jetzt anhand der DNA-Spuren in Echtzeit und ganz standardisiert verfolgen."