Richard Owusu Dapaah zeigt mit breitem Lächeln sein noch etwas karges WG-Zimmer: ein schmales Bett, ein Regal samt Stereoanlage, ein Kleiderschrank, ein einfacher Tisch. Aber es sein eigenes Zimmer. Und genau das hatte er in der Flüchtlingsunterkunft so sehr vermisst:
"Für mich ist das sehr gut! Denn vorher war ich in einem Camp. Und dann ist das hier besser. Hier habe ich ein bisschen Ruhe zum lernt. Das ist besser und schön!"
Vor zwei Jahren kam der 29-Jährige über Libyen und Italien aus Ghana nach Deutschland. Heute macht er eine Ausbildung beim Baukonzern Hochtief und wohnt in den neugebauten Folgeunterkünften für Flüchtlinge am Mittleren Landweg am Rand Hamburgs. Wenn alle der vierstöckigen Gebäuderiegel fertig und bewohnt sind, werden hier 2.500 Menschen leben.
Viele Widrigkeiten im Alltag während der Ausbildung
Damit möglichst viele von ihnen eine gute berufliche Perspektive bekommen, hat die Hamburger Handwerkskammer zusammen mit dem Betreiber der weitläufigen Anlage, der städtischen "Fördern & Wohnen" versucht, eigenen Wohnraum für junge Azubis zu finden. Denn in den beengten Flüchtlingsunterkünften sei es ungemein schwer, eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen, erklärt Kammer-Präsident Josef Katzer vor einem der rotgeklinkerten Wohnblöcke. Vor zwei Jahren war zwar der Wille da, junge Menschen auszubilden, aber schon die Anfahrt zum "Elb-Campus", der zentralen Berufsschule, war ein Problem:
"Es begann damit, dass wir die jungen Menschen eingeladen haben beispielsweise nach Harburg zu unserem Elb-Campus und keiner von denen hatte Fahrgeld am Anfang. Und von solchen kleinen Nickeligkeiten gab es ganz, ganz viele: Dass die Behörden nicht aufhatten, wenn unsere Mitarbeiter frei hatten. Tagsüber mussten ja die Lehrlinge auch zum Dienst erscheinen. Und die bekamen Aufforderungen, morgens um zehn irgendwo zu erscheinen, was so gar nicht ging. Oder dass sie morgens um fünf die Flüchtlingsunterkunft verlassen mussten und es da noch kein Frühstück gab, weil erst um sieben oder acht die Kantine aufmachte."
"Im Flüchtlingsheim war es schwer, pünktlich zu schlafen"
Neben dem Kammerpräsidenten, der zugleich sein Chef ist, steht der 19-jährige Afghane Behroz Hakimi. Er macht eine Ausbildung zum Gebäudereiniger. Die größte Schwierigkeit war damals die räumliche Enge in den Wohncontainern der Flüchtlingsunterkünfte, erzählt er:
"Früher im Flüchtlingsheim war es schwer, pünktlich zu schlafen, weil es so laut war. Die ganzen Leute kochten zusammen in einer Küche und benutzen die Badezimmer. Zwei Leute mussten da in einem Zimmer schlafen. Da war es schwer zu lernen. Und zum Beispiel konnten wir dort auch nicht unsere Kleidung waschen."
Denn die Waschräume waren immer nur zwischen acht und 16 Uhr geöffnet, genau in dem Zeitraum, in dem die Azubis in ihren Betrieben oder der Schule waren. Insgesamt machen nach Angaben der Handwerkskammer rund 320 junge Flüchtlinge eine Ausbildung in Hamburg.
Azubis-WGs sollen bessere Lernerfolge ermöglichen
Sechzig von ihnen wohnen nun in WGs am Mittleren Landweg, sie können von der nahe gelegenen S-Bahn-Station aus in nur 15 Minuten die Innenstadt erreichen. Der Geschäftsführer von "Fördern & Wohnen" Arne Nilsson betont: Die Azubis-WGs am Mittleren Landweg seien nur der Anfang. Auch in anderen Folgeunterkünften solle das Projekt verbreitet werden. Denn auf diese Weise würden auch bessere Lernerfolge der Azubis möglich:
"Der Hauptvorteil ist wahrscheinlich, dass im Umfeld eine gewisse Ruhe herrscht und man dadurch einfach mehr Konzentration, mehr innere Stabilität findet. Wenn man aus einem fremden Land kommt, ist es anspruchsvoll genug, sich hier zurechtzufinden. Und wir wissen aus anderen Unterkünften, in denen wir eine engere Belegung haben, dass das natürlich auch sozialen Stress und innere Destabilität hervorrufen kann. Und das wollen wir hier natürlich vor allem vermeiden."
Am Ende könne auf diese Weise das gesamte Neubauviertel profitieren. Dann nämlich, wenn die soziale Mischung ausgewogen ist, wenn die jungen Azubis auch anderen Bewohnern als Vorbild dienen, ihnen zeigen, dass es durchaus Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt gibt, dass sie willkommen sind und eine Perspektive haben.