Ein geübter Handgriff von Vermibus - und schon öffnet sich der große Werbeleuchtkasten. Die Menschen, die an der Haltestelle auf die Straßenbahn warten, interessieren sich kaum dafür, was der unauffällige Mann im schwarzen Parka da treibt.
"Du musst ein bisschen aufpassen, aber letztlich ist es nicht so schwierig. Ich mache ja auch nichts kaputt. Ich öffne den Kasten mit einem Werkzeug, das jeder im 1-Euro-Shop kaufen und dann selbst umbauen kann. Ich benutze ja keine Einbrecher-Werkzeuge."
Das Plakat interessiert ihn: Ein makelloses blondes Model im langen roten Kleid wirbt für ein Designer-Outlet. Der Künstler, der sein Gesicht und seinen bürgerlichen Namen streng geheim hält, wird es mitnehmen - von "Stehlen" würde er nie sprechen:
"Du musst ein bisschen aufpassen, aber letztlich ist es nicht so schwierig. Ich mache ja auch nichts kaputt. Ich öffne den Kasten mit einem Werkzeug, das jeder im 1-Euro-Shop kaufen und dann selbst umbauen kann. Ich benutze ja keine Einbrecher-Werkzeuge."
Das Plakat interessiert ihn: Ein makelloses blondes Model im langen roten Kleid wirbt für ein Designer-Outlet. Der Künstler, der sein Gesicht und seinen bürgerlichen Namen streng geheim hält, wird es mitnehmen - von "Stehlen" würde er nie sprechen:
"Nicht ich stehle, sondern sie stehlen uns den öffentlichen Raum."
Sie - das sind für Vermibus die Werbeindustrie, die Firmen, die uns Mode und Kosmetikprodukte mithilfe von Gesichtern und Körpern verkaufen wollen, die alle demselben vollkommen unrealistischen Schönheitsideal entsprechen - das oft erst bei der Bildbearbeitung am Computer entsteht.
"Es geht nicht nur um Photoshop, sondern darum, dass der Körper überhaupt dazu benutzt wird, um etwas zu verkaufen. Das ist eine perverse Art, mit Körpern umzugehen."
"Ich hätte einer von ihnen werden können"
Für Vermibus ist Werbung Umweltverschmutzung - wie Lärm oder Müll. Als er noch nicht in Berlin, sondern noch in Madrid gelebt hat, war er selbst Fotograf für eine Modemarke. Auf Bildern von Fashionpartys hat er auf Anweisung seines Chefs jene Menschen aus Fotos wegretuschiert, die nicht schön genug waren. Dieses Schicksal hat ihn irgendwann selbst getroffen:
"Ich wurde gefeuert, weil ich den Schönheitsvorstellungen der Modemarke nicht entsprochen habe. Und das war das Beste, was mir passieren konnte, denn ich hätte ganz leicht einer von ihnen werden können."
Seitdem sieht sich Vermibus in einer besonderen Verantwortung, gegen ein System zu kämpfen, das er selbst einmal unterstützt hat. Seine Waffe ist Ad-Busting. Ad steht für "advertisement", also Werbung. "To bust" bedeutetet "zerschlagen" oder "zerstören". Aber bei Vermibus müsste es eher auflösen heißen. Denn der Künstler und Aktivist bearbeitet Werbeplakate mit Lösungsmitteln. Entdeckt hat er die Technik zufällig:
Seitdem sieht sich Vermibus in einer besonderen Verantwortung, gegen ein System zu kämpfen, das er selbst einmal unterstützt hat. Seine Waffe ist Ad-Busting. Ad steht für "advertisement", also Werbung. "To bust" bedeutetet "zerschlagen" oder "zerstören". Aber bei Vermibus müsste es eher auflösen heißen. Denn der Künstler und Aktivist bearbeitet Werbeplakate mit Lösungsmitteln. Entdeckt hat er die Technik zufällig:
"Ich habe einen großen Fehler gemacht, habe bei einer Arbeit die falsche Entwicklerlösung verwendet und das falsche Papier. Dann habe ich den Effekt gesehen, der versehentlich entstanden ist und war ganz begeistert!"
Während Vermibus Föhnfrisuren, Kleider und Augen meistens unangetastet lässt, trägt er Lösungsmittel gezielt auf die Haut der Models auf. Sobald die Farben verschwimmen, traktiert er die perfekten Oberflächen mit zackigen Pinselstrichen, lässt Nasen verschwinden und Gesichter regelrecht auslaufen. Manche Models sehen aus, als würde ihnen ein buntes Fell wachsen oder als litten sie unter einer seltsamen Hautkrankheit. Einige erinnern an Zombies. Vermibus verwandelt makellose Werbeplakate in beklemmende und doch schöne Bilder, die an Ölmalereien denken lassen.
"Technisch gesehen ähnelt das auch einem Ölgemälde. Diese Plakate werden im Offset-Druckverfahren hergestellt; dabei basiert die Tinte auf Öl. Sobald ich Lösungsmittel auftrage, löst sich die Farbe, ich kann mit ihr spielen, sie bewegen und so entstehen diese Pinselstriche."
Während Vermibus Föhnfrisuren, Kleider und Augen meistens unangetastet lässt, trägt er Lösungsmittel gezielt auf die Haut der Models auf. Sobald die Farben verschwimmen, traktiert er die perfekten Oberflächen mit zackigen Pinselstrichen, lässt Nasen verschwinden und Gesichter regelrecht auslaufen. Manche Models sehen aus, als würde ihnen ein buntes Fell wachsen oder als litten sie unter einer seltsamen Hautkrankheit. Einige erinnern an Zombies. Vermibus verwandelt makellose Werbeplakate in beklemmende und doch schöne Bilder, die an Ölmalereien denken lassen.
"Technisch gesehen ähnelt das auch einem Ölgemälde. Diese Plakate werden im Offset-Druckverfahren hergestellt; dabei basiert die Tinte auf Öl. Sobald ich Lösungsmittel auftrage, löst sich die Farbe, ich kann mit ihr spielen, sie bewegen und so entstehen diese Pinselstriche."
"Fleisch, das man den Würmern übergibt"
Auch wenn Vermibus seine bearbeiteten Plakate momentan ganz legal an den Wänden der Galerie Open Walls in Berlin zeigt und verkauft - normalerweise setzt er sie wieder im öffentlichen Raum aus - in Werbeleuchtkästen. So, wie in seiner ersten spektakulären Aktion vor fünf Jahren, als er eine komplette Berliner U-Bahnstation mit manipulierten Plakaten von Kate Moss ausgestattet hat. Dadurch ist auch sein Galerist Guillaume Trotin auf ihn aufmerksam geworden:
"Graffiti und Streetart werden im Moment immer mehr auf hübsche Bilder bei Facebook oder Instagram reduziert. Aber sollte es darum wirklich gehen? Ich glaube nicht. Ich mag es, wenn Arbeiten auch eine Bedeutung, eine Intention haben - so wie bei Vermibus. Seine Arbeiten sind sehr ästhetisch, aber sein Ansatz ist sehr heftig und voller Gewalt."
Mit diesem Ansatz will er Frauen von dem Druck befreien, Plakatmodels ähneln zu müssen. Die künstlichen Werbeschönheiten will er zu neuem Leben erwecken. Dafür steht schon sein Künstlername Vermibus, abgeleitet von der lateinischen Inschrift "Caro Data Vermibus" - Fleisch, das man den Würmern übergibt.
Mit diesem Ansatz will er Frauen von dem Druck befreien, Plakatmodels ähneln zu müssen. Die künstlichen Werbeschönheiten will er zu neuem Leben erwecken. Dafür steht schon sein Künstlername Vermibus, abgeleitet von der lateinischen Inschrift "Caro Data Vermibus" - Fleisch, das man den Würmern übergibt.
"Ich habe diesen Satz eines Tages gesehen und dachte: Das trifft genau das, worum es mir geht. Der Wurm bringt neues Leben. In Werbebildern werden Models in tote Körper verwandelt. Wenn du einer Person alle Persönlichkeit nimmst, bleibt nur ihr Fleisch, sie werden zu Objekten. Und diesen Objekten gebe ich eine Persönlichkeit zurück."
Vermibus' Plakate können Ihnen ganz zufällig in der Stadt begegnen, noch bis zum 25. November sind Sie aber auch in der Ausstellung "In Absentia" in der Berliner Galerie Open Walls zu sehen.