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Streit um Haushaltsausschuss
Willsch: Linkenpolitikerin Lötzsch ist "keine Anhängerin des Parlamentarismus"

Gesine Lötzsch will den Vorsitz des Haushaltsausschusses im Bundestag, CDU-Politiker Klaus-Peter Willsch will das auf jeden Fall verhindern. Die Politikerin der Linken sei dafür nicht geeignet, da sie den Kommunismus in Deutschland wieder anstrebe.

    Tobias Armbrüster: Es ist jahrzehntelang praktizierter Brauch im Deutschen Bundestag: die größte Oppositionspartei darf den Vorsitzenden in einem der wichtigsten Ausschüsse stellen, im Haushaltsausschuss. Aber einige Abgeordnete der Union wollen davon offenbar jetzt nichts mehr wissen, denn die größte Oppositionspartei, das ist seit der letzten Bundestagswahl die Linkspartei, und die will die ehemalige Parteivorsitzende Gesine Lötzsch auf diesem Posten sehen. Der CDU-Abgeordnete und Haushaltspolitiker Klaus-Peter Willsch hat eine Initiative gestartet, um Frau Lötzsch auf diesem Posten zu verhindern. Jetzt ist er bei uns am Telefon. Schönen guten Morgen, Herr Willsch.
    Klaus-Peter Willsch: Guten Morgen, Herr Armbrüster!
    Armbrüster: Herr Willsch, will die Union jetzt auch noch über die Personalauswahl der Opposition bestimmen?
    Willsch: Es ist keine Initiative der Union. Das ist eine Initiative von manchen Abgeordneten aus der Union, von den Grünen und von der SPD. Und wir sind der Auffassung, dass Frau Lötzsch nicht geeignet ist dafür, weil sie sich nicht als Anhängerin des Parlamentarismus, sondern als jemand verschiedentlich erklärt hat, die den Kommunismus als Ziel ihrer politischen Arbeit anstrebt.
    Armbrüster: Was stört Sie denn genau an Frau Lötzsch?
    Willsch: Die Frage ist, ob man jemanden, der persönlich das Ziel verfolgt, den Kommunismus in Deutschland zu errichten, für geeignet hält und ob man der Auffassung ist, dass dort ganz normal die parlamentarischen Bräuche anzuwenden sind, wie sie von uns ja nicht in Frage gestellt werden ansonsten. Aber ich glaube, wenn man sich anschaut, was mit Parlamenten geschieht, wenn das Zielbild, was Frau Lötzsch verfolgt, nämlich den Kommunismus zu errichten, erst einmal erreicht wird, …
    Armbrüster: Wie kommen Sie zu der Annahme, Herr Willsch, dass Frau Lötzsch den Kommunismus in Deutschland wieder errichten will?
    Willsch: Sie sagt das ja selbst. Sie hat eine ungebrochene Traditionslinie mit der Vorgängerpartei, das ist die SED. Da gibt es ja keinen wirklichen Bruch, sondern nur Umbenennungen. Und sie beschreibt, das sind ihre eigenen Worte, in einem Gastbeitrag in der "Jungen Welt" beispielsweise unter der Überschrift „Wege zum Kommunismus“, diese Wege können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung. Sie hat einen Umgang mit dem Parlamentarismus, der vom Ziel her angelegt ist und der mehr technisch ist und der mehr zweckhaft ist, und überall, wo Kommunisten was zu sagen haben, haben später Parlamente nichts mehr zu sagen.
    Linkspartei ist nach wie vor die Partei der Altkader der SED
    Armbrüster: Das heißt, Herr Willsch, ist für Sie die Linkspartei heute noch die gleiche Partei wie die SED 1989?
    Willsch: Sie hat sich natürlich verändert, es sind andere Leute dazugekommen. Sie ist aber im Kern natürlich nach wie vor die Partei der Altkader der SED im Bereich der neuen Länder. In den westlichen Bundesländern sind kommunistische Splittergruppen dazugekommen. Sie hat ein ungeklärtes Verhältnis zu dem, was in der DDR mit den Leuten angerichtet worden ist.
    Armbrüster: Das heißt, Sie sehen da gar nicht, dass sich irgendetwas bei dieser Partei verändert hat im letzten Viertel Jahrhundert?
    Willsch: Natürlich hat sich was verändert. Aber die Frage ist doch, ob man nach wie vor dem Modell anhängt, für das die SED stand, und das tut sie offenkundig. Sie hat bei einem Fest anlässlich des Abrisses des Palastes der Republik, also dieses ja quasi Parlaments der DDR, sich zu der Äußerung hinreißen lassen, dass der Bundestag im Gegensatz zum Palast der Republik kein Haus des Volkes sei. Also da muss man schon ziemlich viel an Geschichtsverleugnung aufbringen, um zu so einer Position zu kommen.
    Armbrüster: Herr Willsch, wollen Sie jetzt die Rote-Socken-Kampagne noch mal wiederholen?
    Willsch: Nennen Sie es, wie Sie wollen. Ich glaube, es ist notwendig, dass man dem Gegner von Parlamentarismus und Demokratie rechtzeitig entgegentritt, und ich finde, dass Gegner von Parlamentarismus nicht einfach Gebräuche, die es gibt im Parlamentarismus, einfach so für sich in Anspruch nehmen können. Dann müssen sie sich gefallen lassen, dass andere auch etwas dagegen sagen, und das tun wir laut.
    Armbrüster: Ich habe das deshalb gefragt, weil diese Kampagne in den 90er-Jahren ja sehr erfolgreich lief, vor allem für die Linkspartei.
    Willsch: Ich denke, dass der Umgang mit der Linkspartei inzwischen ein ganz normaler Umgang ist, manchmal zu normal in meinen Augen, weil man dabei vergisst, dass die Gleichen, die verantwortlich waren für den Bau der Mauer, die vor 25 Jahren glücklicherweise gefallen ist, weil die Bürger dagegen aufgestanden sind, heute einfach so tun können, als ob sie damit nichts zu tun hätten, und dass wir das als Demokraten nicht einfach so passieren lassen wollen.
    Armbrüster: …, sagt hier bei uns im heute Morgen im Deutschlandfunk Klaus-Peter Willsch von der CDU. Vielen Dank dafür.
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