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Streit um israelische NGO
Verhärtete Positionen

Die Organisation "Breaking the Silence", die Militärs über ihren Dienst in der Westbank berichten lässt, wird von der israelischen Regierung zum Sündenbock gemacht. Ehemalige Geheimdienstler unterstützen die Organisation deshalb demonstrativ - manche sehen mittlerweile die Demokratie und die Meinungsfreiheit in Israel bedroht.

Von Torsten Teichmann |
    Dokumente der Organisationen Breaking the Silcene und B'Tselem, die über die Situation in den israelisch besetzten Gebieten berichten.
    Dokumente der Organisationen Breaking the Silcene und B'Tselem, die über die Situation in den israelisch besetzten Gebieten berichten. (picture alliance / Johanna Geron / BELGA / dpa)
    "Ihr seid die Saat des Bösen, ihr besitzt keinen Topfen Judentum in Euch", brüllt ein Demonstrant durch sein Megafon. Kahl rasierter Schädel, schwarzer Pullover mit dem weißen Symbol einer ausgestreckten Faust.
    Seine Beleidigungen richtet er an vorbeilaufende Gäste der Barbur Galerie in Jerusalem. Dort sprechen an diesem Abend frühere Chefs des Israelischen Geheimdienstes, Gatekeeper wie Ami Ayalon über beinahe 50 Jahre israelischer Besatzung palästinensischen Gebiets.
    "Sobald wir mit der Realität der Besatzung in Kontakt geraten, geben wir kein gutes Bild ab, nicht als Gesellschaft, nicht als Volk, nicht als Staat und auch nicht als Menschen."
    Im Inneren der Galerie drängen sich Besucher. Von draußen sind weiter die Rufe einzelner Demonstranten zu hören. In Israel streiten Anhänger der rechts-nationalen Regierung Netanjahus und Gegner der Besatzung kurz vor dem Jubiläum über die Bedeutung des Krieges von 1967 und dessen Folgen.
    Demonstrative Unterstützung der Organisation
    Ehemalige Geheimdienstler wie Ayalon oder Carmi Gillon stellen sich dabei an die Seite der Kritiker. Sie unterstützen mit ihrem Auftritt die Organisation "Breaking the Silence", die Soldaten über ihre Einsätze auf palästinensischem Gebiet berichten lässt.
    "Die Situation, in der wir unsere Jugend in der Armee an diese Orte schicken, ist eine unmögliche Situation und verändert das Bild der Armee entsprechend."
    Die Demonstranten vor der Tür machen dagegen die Kritiker der Besatzung für das schlechte Bild verantwortlich. Sie haben dabei die Unterstützung der israelischen Regierung: So hat Israels Kulturministerin Regev "Breaking the Silence" vorgeworfen, bei jeder Gelegenheit Israels Namen in den Dreck zu ziehen. Die Regierung hat ein NGO-Gesetz erlassen mit Auflagen für Organisationen, die viele Spenden aus dem Ausland erhalten. Kritikern werden öffentliche Räume entzogen. Der Barbur-Galerie droht sogar das Aus.
    Modechai Kremnitzer vom Israelischen Demokratischen Institut hält das Vorgehen für falsch.
    "'Breaking the Silence' ist jetzt der Sündenbock. Sie sind diejenigen, die für die Delegitimierung des Staates Israel verantwortlich gemacht werden. Das ist völlig absurd. Die Politik des Staates ist verantwortlich und die Versuche, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die gegen die Besatzung vorgehen. Denn die große Straftat, die diese Menschen begehen, ist es, die Wahrheit zu sagen."
    Vorstellungen gehen mittlerweile extrem weit auseinander
    Man kann natürlich fragen, warum kritische Militärs und Geheimdienstler in Israel nicht schon früher auf Distanz zur Regierung gehen, warum sie immer erst nach ihrem Abschied vom aktiven Dienst aufstehen. Ami Ayalon widerspricht.
    "Du hörst uns nicht, so lang wir im Amt sind. Aber für mich und andere gilt, wie haben sehr ähnlich argumentiert damals, zum Beispiel als ich noch Geheimdienstchef war. Aber davon erfährst du nichts. Deshalb entsteht das Bild, wir würden erst nach unserer aktiven Zeit Kritik üben. Aber das stimmt nicht."
    Für ihn gehe es mittlerweile um die Verteidigung der Demokratie und der Meinungsfreiheit in Israel, so Ayalon
    "Uns fehlt der intellektuelle und zivile Mut, um dieses wunderbare Gebilde zu erhalten, das unsere Eltern im Laufe vieler Jahre erschaffen haben und das sich "der Staat Israel" und "die israelische Gesellschaft" nennt."
    Die Vorstellungen, was diese Gesellschaft ausmacht, gehen in Israel mittlerweile extrem weit auseinander.