Stress ist für viele Arbeitnehmer einer der wichtigsten Faktoren, die ihre Gesundheit belasten. Eine Langzeitstudie, die die Techniker Krankenkasse parallel zu ihrem Gesundheitsreport vorgestellt hat, zeigt, dass zwischen den Jahren 2002 und 2009 nur drei von zehn Befragten angaben, dass ihre Arbeit sie auch nach Feierabend belastet. Der Blick auf die Daten zwischen 2010 und 2015 lässt erkennen: Zwar erklären sieben von zehn Befragten, sie seien insgesamt mit ihrer Jobsituation zufrieden, aber fast die Hälfte kann auch nach Feierabend nicht aufhören, sich mit der Arbeit zu beschäftigen, und fühlt sich deshalb gestresst.
Einer der Hauptgründe für den Stress am Arbeitsplatz: mangelnde Anerkennung. Für die Vorgesetzten und die Unternehmen bedeute das, erklärt der Arbeitsmediziner Klaus Jumpertz, sie müssten auch bei Fragen der Prävention umdenken:
"Wir haben gute ergonomische Arbeitsplätze in Deutschland, wir haben gute Rahmenbedingungen, die gesundes Arbeiten ermöglichen können. Das war wir brauchen, ist eine Verhaltensprävention."
Häufig reicht es aus, wenn sich der Vorgesetzte einmal am Tag blicken lässt
Statt eines relativ ungezielten Ansatzes mit einer weiteren Sportgruppe oder einem zusätzlichen vegetarischen Essen in der Kantine hat Jumpertz bei seiner Arbeit festgestellt:
"Häufig reicht es schon aus, wenn der Vorgesetzte sich einmal am Tag bei dem Arbeitnehmer blicken lässt und vielleicht auch ein wertschätzendes Gespräch führt."
Viele Befragte haben außerdem auch schon in früheren Studien angegeben, ein funktionierendes soziales Umfeld - Freunde, Familie – würden zu ihrem Wohlbefinden beitragen. Für dreiviertel der Befragten zwischen 30 und 44 sind Kinder Stresskiller. Und in der Tat zeigt der Gesundheitsreport, sagt der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas:
"Kinder erhalten einen, wenn ich's mal ganz schlagwortartig sagen wollte, gesund."
Eltern bekommen weniger Psychopharmaka verschrieben
Zwar steigt bei Eltern zwischen 30 und 40 die Zahl der Krankentage an - den genauen Grund kenne die Krankenkasse nicht, sagt Baas, er könne nur vermuten, dass kleine Kinder häufiger krank aus dem Kindergarten heimkämen und ihre Eltern ansteckten – Väter und Mütter über 40 aber werden seltener krankgeschrieben. Mit durchschnittlich 14,3 Tagen fehlten sie etwa zwei Tage weniger als Arbeitnehmer ohne Kinder. Mit zunehmendem Alter der Arbeitnehmer wächst die Differenz. Bei den 55-Jährigen beträgt sie eine Woche. Über alle Altersgruppen hinweg zeigt sich außerdem: Eltern bekommen auch weniger Psychopharmaka verschrieben als Gleichaltrige ohne Kinder.
Für den Gesundheitsreport wertet die Techniker Krankenkasse die Krankschreibungen und Arzneimittelverordnungen ihrer rund 4,6 Millionen Versicherten aus.
Die Versichertendaten zeigen außerdem, dass Kinder inzwischen häufiger bei den Müttern mitversichert sind als bei den Vätern. Gleichzeitig steigt bei Frauen die Zahl derjenigen, die Teilzeit arbeiten mit der Zahl der Kinder, während Männer mit Kindern seltener Teilzeit arbeiten. Dies lasse vermuten, sagt TK-Chef Baas, dass die Familienarbeit doch noch zu einem größeren Anteil bei den Frauen liege und Männer noch immer für den Hauptteil des Einkommens verantwortlich seien.