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Studie zum Mindestlohn
Minijobber systematisch unterbezahlt?

Viele Minijobber erhalten offenbar nicht den gesetzlichen Mindestlohn, obwohl er ihnen zusteht. Das geht aus einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. Danach bekam 2015 knapp die Hälfte der geringfügig Beschäftigten weniger als 8,50 Euro brutto pro Stunde.

Von Volker Finthammer |
    Eine Reinigungskraft in einem Krankenhaus
    Minijobber verdienen oft weniger als die gesetzlich zugesagten 8,50 Euro. (picture alliance / dpa / Daniel Reinhardt)
    Über fünf Millionen Minijobs gibt es in Deutschland, also solche Beschäftigungsverhältnisse, in denen man in einem vollen Monat nicht mehr als 450 Euro verdienen darf und die, sofern es kein weiteres Einkommen vorhanden ist, frei von Abzügen für die gesetzliche Krankenkasse oder die Arbeitslosenversicherung sind.
    Seit dem Jahr 2015 gilt für diese Beschäftigungsverhältnisse auch das Mindestlohngesetz. Bei dem Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro pro Stunde darf die maximale Arbeitszeit im Monat für einen Minijobber nicht mehr als 50 Stunden und 54 Minuten betragen. Bis zum Ende des vergangenen Jahres und dem alten Mindestlohn von 8,50 waren das noch zwei Stunden mehr.
    Nur jeder zweite Minijobber bekommt Mindestlohn
    Eine aktuelle Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, die vor allem auf statistischen Erhebungen und Befragungen bis Mitte Juni 2015 beruht, kommt zu dem Ergebnis, dass von den fünf Millionen Minijobbern allenfalls 2,5 Millionen Beschäftigte tatsächlich den Mindestlohn erhalten.
    "Ich befürchte, wir haben es hier leider bei einigen Arbeitgebern mit der Einstellung zu tun: Minijob gleich Minirechte. Die Ergebnisse unserer Studie sind ja nun eindeutig. Wir haben jeden zweiten Minijobber, der im Jahr 2015 nicht den Mindestlohn erhalten hat", sagt Toralf Pusch, Co-Autor der Studie der Hans-Böckler-Stiftung.
    Dabei ist die gesetzliche Regelung eindeutig. Auch die Minijobzentrale der Bundesagentur für Arbeit weist auf ihrem Informationsportal auf die für die Arbeiter verpflichtenden Regelungen hin. Doch offenbar ist gerade die tatsächliche Arbeitszeit ein gern genutzter Umgehungstatbestand.
    "Da wurden vor kurzem Interviews geführt für eine weitere Studie mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, die den Mindestlohn kontrolliert. Und was es in der Tat recht häufig gibt, ist, dass die Arbeitszeiten nicht richtig dokumentiert werden, wie sie es eigentlich sollten. Das heißt, dass die Leute am Ende mehr arbeiten, als im Vertrag steht."
    Bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls gibt es bislang keine Erhebungen zu den Minijobs, weil diese bei den Kontrollen in den Unternehmen nicht als eigenständige Kategorie erfasst werden. Da es bislang nur den Weg der unangemeldeten Kontrollen des Zolls oder eben Hinweise mutiger Arbeitnehmer gibt, um gegen die Lohndrücker vorzugehen, hält Toralf Pusch nur den Weg der Verbandsklage für ein geeignetes Mittel, um diesem Missstand zu begegnen:
    "Das wäre im Einzelfall wahrscheinlich die geringere Hürde als zu erwarten, dass jemand persönlich Klage beim Gericht einreicht."
    Linke kritisieren Minijobs
    Allerdings ist dies in Deutschland gesetzlich bislang nicht vorgesehen. Klaus Ernst von den Linken nahm die Studie zum Anlass für eine generelle Kritik an den Minijobs. Sie würden allein dazu dienen, reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu umgehen und Menschen zu Dumpinglöhnen zu beschäftigten. Mit keinem anderen Beschäftigungsmodell werde derart Schindluder getrieben. Sie sollten deshalb abgeschafft und durch reguläre sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse ersetzt werden.
    Das fordert auch Brigitte Pothmer von den Grünen. Minijobs seien anfällig für Betrug und seien hochproblematisch für die Erwerbsbiografien vor allem von Frauen. Trotzdem habe Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) nichts dafür getan, um mehr Minijobber in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu bringen. Dieses Versprechen aus dem Koalitionsvertrag habe sie einfach unter den Tisch fallen lassen, erklärte Pothmer.