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Stuttgarter Oper
Sanierung kostet 300 statt 18 Millionen

Die Stuttgarter Oper wird saniert. Soviel war bekannt vor der Verwaltungsratssitzung der Stuttgarter Staatstheater. Am Ende stand eine Überraschung: Statt erwarteter 18 Millionen Euro sollen Stadt und Land nun 300 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

Von Uschi Götz |
    Stuttgarter Opernhaus in der Abenddämmerung
    Stuttgarter Opernhaus in der Abenddämmerung (dpa/picture alliance/Bernd Weißbrod)
    Am Ende einer Verwaltungsratssitzung der Stuttgarter Staatstheater sagte die grüne Wissenschaftsministerin Theresia Bauer, man habe bewusst die Kosten für den großen Wurf abgefragt.
    Der große Wurf liegt nun in Form eines Gutachtens vor und geht von etwa 300 Millionen Euro für die Sanierung der Stuttgarter Oper und Neubauten rund um das sogenannte Große Haus aus. Bislang rechnete man in Stuttgart mit etwa 18 Millionen Euro Sanierungskosten.
    Stadt und Land werden sich die Sanierungskosten teilen. Stuttgarts grüner Oberbürgermeister Fritz Kuhn forderte gleich nach Bekanntwerden der Gutachtenhöhe eine transparente Debatte. Die Bürger sollen das Projekt am Schluss mittragen können, so Kuhn. Der Oberbürgermeister wünscht auch keine Diskussion über die Höhe der Sanierungskosten, zumindest nicht bei den Mitgliedern des Verwaltungsrats:
    "Ich wollte nicht, dass jetzt die Scheidelinie geht, wer ist für 300 Millionen oder nicht. Erst einmal müssen wir überprüfen, wie die tatsächlichen Raumbedarfe wirklich sind. Der Gutachter schlägt ja auch einen Ausbau vor, im Gelände, die unter Denkmalschutzgesichtspunkten gar nicht gehen."
    Generalsanierung statt Erneuerungen
    Darüber dass saniert werden muss, besteht allerdings kein Zweifel, weder bei der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg noch bei der Stadt:
    "Stuttgart ist ja eine sensationelle Opernstadt, mit einem hochfachkundigen Publikum und selbstverständlich werden wir das tun, was für die Oper notwendig und sinnvoll ist."
    Wie können aber aus 18 Millionen jetzt 300 Millionen geschätzte Sanierungskosten werden? Rückblick: Im Jahr 2007 wird ein Gesamtsanierungsbedarf ermittelt, darin enthalten sind mögliche Kosten für die Renovierung des Theaters und Verbindungshäusern innerhalb des Gesamtkomplexes. Marc-Oliver Hendriks, Geschäftsführender Intendant der Württembergischen Staatstheater:
    "Im Rahmen dieses Paketes war eine Tranche von 18 Millionen Euro auch geplant gewesen für Sanierungen im Opernhaus. Das war aber keine Generalssanierung, da ging es um Erneuerungen, Ertüchtigungen, im Bereich des Orchestergrabens, der Bühnentechnik, der Untermaschinerie, der Steuerung, kleinere Maßnahmen im Bereich der Haustechnik, die von der Bauverwaltung zusammengestellt wurden, weitestgehend ohne Beteiligung des württembergischen Staatstheater und die auf einer Kostenschätzung beruhten, und die auf einer Kostenschätzung beruhten, die glaube ich für das Ganze auch angemessen ist. Das Ganze sollte dann in einer verlängerten Sommerpause in sieben Monaten umgesetzt werden."
    Jetzt liegt eine Expertise vor, die realistisch sei, sagt Hendriks. Es handelt sich um ein über 600 Seiten umfassendes Gutachten, das von dem für Bühnentechnik spezialisierten Planungsbüro Kunkel Consulting in Zusammenarbeit mit dem britischen Architekten Chipperfield vorgelegt wurde. 300 Millionen Euro, je nach Planungsvariante etwas günstiger oder auch etwas teurer.
    Kuhn warnt vor Parallelen zu Stuttgart 21
    In der Süddeutschen Zeitung heißt es: "Wir können alles. Außer Baukosten". Der Autor des Artikels zählt viele falsch kalkulierte Baustellen auf, darunter auch das Stuttgarter Schauspielhaus. Intendant Hendriks ist überzeugt: das Opern-Gutachten werde skandalisiert:
    "Ich verstehe die berechtigte Kritik aus der Vergangenheit, ich nenne da die Sanierung des Schauspielhauses an der staatlichen Bauverwaltung, kann aber die aktuelle Berichterstattung nicht ganz nachvollziehen. Ich glaube es handelt sich da mehr um den Bereich der journalistischen Sottise."
    Und dann ist da ausgerechnet in unmittelbarer Nachbarschaft zur Oper die Großbaustelle für das Bahnprojekt Stuttgart 21. Oberbürgermeister Kuhn warnt schon heute vor reflexartig gezogenen Parallelen:
    "Dass es kulturpolitische oder sozialpolitische Debatten gibt, in einer Stadt, gehört zum normalen politischen Geschehen in einer Stadt, da finde ich ja auch gut. Die Stadt muss sich immer, jeden Tag entscheiden, wie wollen wir in Zukunft leben und wofür wollen wir unser Geld ausgeben? Darin besteht ja gerade das Spannende in der Kommunalpolitik. Selbstverständlich, wenn jetzt diskutiert wird um Größenordnungen bis zu 300 Millionen, dann werden andere Fragen dabei mit aufgerufen sein, aber davor muss man sich nicht fürchten, das ist die Essenz der kommunalen Demokratie."
    Verhindern möchte Kuhn eine Neiddebatte in der Kunst und Kulturszene. Auch lässt sich die Diskussion sparen, ob überhaupt saniert werden muss. Im Großen Haus fällt der Putz von den Wänden, die Bühnentechnik ist alt und lebensgefährlich. Wie viel was kosten darf, darüber wird natürlich gesprochen, ganz sicher auch gestritten werden. Spendenfreudige Stuttgarter Mäzenen oder Unternehmen, wie jüngst beim Neubau der John-Cranko-Ballettschule, lassen sich bei diesen Summen wohl nicht finden:
    "Wer über Zahlen redet von "bis zu 300 Millionen", da kommen sie mit Sponsoren nicht weit. Das ist ein öffentliches Gebäude, der Littmannbau, hohe Denkmalqualität. Stadt und Land müssen sich darum kümmern, was da geschieht. Wenn das zusätzlich für Besonderheiten noch privates Geld organisiert werden muss, dann werden wir das tun. Aber die Illusion möchte ich nicht aufmachen, dass wir die Basis über so etwas finanzieren können, das ist da nicht gegeben."
    "Erbe der Zurückhaltung"
    Intendant Hendriks, seit 2009 in Stuttgart, kann in der baden-württembergischen Landeshauptstadt keine besonders ausgeprägte Spendenkultur erkennen:
    "In Hamburg hat das eine andere Tradition, in München ist die Repräsentation des eigenen Geldes in der Öffentlichkeit statuswirksam. Hier wirkt ein gewisses pietistisches Erbe der Zurückhaltung, der Bescheidenheit, den Wohlstand weniger in der Öffentlichkeit, sondern mehr im Privaten zu zeigen und zu zelebrieren. Die Solidarität privater Einrichtungen, Unternehmen, oder Personen, mit der doch nicht armen Stadt Stuttgart und dem nicht wirklich armen Land Baden-Württemberg hält sich in Grenzen. Das ist eine Erfahrung, die ich in persönlichen Gesprächen gemacht habe. "