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TTIP-Demo in Hannover
Proteste vor Obama-Besuch

So viel Gegenwind hat ein US-Präsident in Deutschland schon lange nicht mehr erlebt. In Hannover haben Zehntausende Menschen ihren lautstarken Protest gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA auf die Straße getragen. Sie kritisieren auch, dass unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt wird. Bundeskanzlerin Merkel verteidigt diese Geheimhaltung.

    Tausende Demonstranten protestieren in Hannover gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP.
    Tausende Demonstranten protestieren in Hannover gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP. (dpa / Christian Charisius)
    Was für ein Empfang für Barack Obama in Hannover: Einen Tag vor seinem wohl letzten Deutschlandbesuch als US-Präsident richtete sich dort eine Großdemonstration gegen das Vorhaben, die Handelshemnisse zwischen den Wirtschaftsmächten EU und USA weiter zu lockern. Nach Angaben der Polizei versammelten sich rund 35.000 Menschen, die Veranstalter sprachen von rund 90.000 Teilnehmern.
    Mit TTIP wollen die EU und die USA die größte Freihandelszone der Welt mit rund 800 Millionen Menschen schaffen. Umweltschutz-, Verbraucherschutz- und Dritte-Welt-Organisationen protestieren gegen das geplante Abkommen TTIP, das aus ihrer Sicht ökologische und soziale Standards in Europa in Gefahr bringt. Es drohe die Einführung von US-Standards im Verbraucherschutz, was einem geringerem Schutz-Niveau gleichkomme. Dann müssten etwa in Deutschland gentechnisch veränderte Lebensmittel zugelassen werden.
    Flugblätter wiesen in Hannover auf mögliche negative Folgen des Abkommens für den Umwelt- und Verbraucherschutz hin. Viele Teilnehmer trugen Plakate und Papptafeln mit Aufschriften wie "Nein zu TTIP" oder "Stop TTIP! Yes, we can" - eine Anspielung auf Obamas Wahlkampfmotto. Angeführt wurde der Demonstrationszug von einem Korso aus etwa 35 Traktoren. Auf einem Anhänger war ein großes hölzernes Pferd aufgebaut mit der Aufschrift "TTIP - ein Trojaner?".
    Merkel verteidigt Geheimhaltung
    Ein Hauptkritikpunkt der TTIP-Gegner zielt auf die Verhandlung des Abkommens in Hinterzimmern. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechtfertigte die Geheimhaltung bei den Gesprächen jetzt in ihrem wöchentlichen Podcast. Es könne nicht alles "immer bereits im Vorfeld sozusagen für jedermann zugänglich sein", sagte Merkel. Daraus würde der Verhandlungspartner "bestimmte Vorzüge ziehen - was wir nicht wollen".
    Merkel wandte sich aber gegen den Eindruck vieler Kritiker, "wir würden hier irgendwas verschweigen oder wir würden irgendwelche Normen zur Disposition stellen". Das Gegenteil sei der Fall: Alles was in Europa als Norm gelte, sei gesichert, betonte die Kanzlerin. "Wir sichern das, was im Umweltbereich, im Verbraucherschutzbereich in Europa heute gilt." Merkel sagte, sie halte das Freihandelsabkommen für eine große Chance, auch Standards weltweit zu definieren.
    Über das Freihandelsabkommen wird seit Juli 2013 verhandelt. Merkel und US-Präsident Barack Obama wollen darüber auch sprechen, wenn der Präsident am Sonntag und Montag Deutschland besucht. Am Montag beginnt die 13. Verhandlungsrunde in New York.
    Merkel und Obama wollen am Sonntagabend die Hannovermesse eröffnen. Die USA sind in diesem Jahr Partnerland der weltgrößten Industrieschau.
    (sdö/ach)