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Türkei
Ankara rüstet auf

Die Türkei plant den Aufbau einer eigenen Rüstungsindustrie. Damit will sie sich von Importen unabhängig machen und gleichzeitig beweisen, wie leistungsfähig die türkische Wirtschaft ist. Ziel ist es außerdem, bis 2023 einer der zehn weltgrößten Rüstungsexporteure zu werden.

Von Thomas Bormann |
    Recep Tayyip Erdogan
    Der bisherige türkische Ministerpräsident und designierte Präsident Erdogan. Die Türkei will das Volumen ihres Rüstungsexports innerhalb eines Jahrzehnts um das 18-Fache steigern. (dpa / picture alliance / Sergey Guneev)
    Mitte Juni dieses Jahres auf dem Gelände der Kommandantur des türkischen Heeres in Ankara: Staatspräsident Gül und Ministerpräsident Erdogan lassen sich den neuen Kampfhubschrauber T 129 Atak vorführen. Der Hubschrauber schwebt eine Zeit lang gut drei Meter über dem Boden; fliegt dann zunächst ein Stück vorwärts, danach rückwärts und schließlich seitwärts über den Platz; vor dem Piloten sitzt der Bordschütze, der mithilfe des Bordcomputers das eingebaute Maschinengewehr an der Unterseite des Hubschraubers in alle Richtungen schwenkt. Erdogan, der damals mitten im Präsidentschaftswahlkampf steckte, war begeistert. Dieser Hubschrauber passt in sein Bild von einer starken Türkei:
    "Die meisten Geräte und Elemente des Kampfhubschraubers Atak - darunter auch der Bordcomputer - sind von türkischen Ingenieuren entwickelt worden."
    Der T 129 Atak ist der Stolz der türkischen Armee, eine Weiterentwicklung eines italienischen Hubschraubers, er soll jetzt in großer Serie in der Türkei produziert werden:
    "Ich bin Atak." - "Mein Auftrag: die Türkei schützen." Heißt es im Werbefilm der Herstellerfirma.
    Importanteil soll sinken
    Die gesamte türkische Rüstungsbranche ist auf Expansionskurs. Erdogan gerät ins Schwärmen, wenn er all die Neu-Entwicklungen aufzählt, für die seine Regierung die Aufträge erteilt hatte. Der Kampfhubschrauber Atak ist nur eines von vielen Vorzeige-Projekten:
    "All diese Projekte tragen jetzt ihre Früchte: Unser nationaler Panzer "Altay", unser nationales Kriegschriff "Milgem", unsere Drohne "Anka", unser Trainingsflugzeug "Hürkuş" sind nur einige davon."
    Erklärtes Ziel der türkischen Regierung ist es, eine eigene Rüstungsindustrie aufzubauen; die Türkei will nicht mehr auf Importe angewiesen sein und gleichzeitig beweisen, wie leistungsfähig die türkische Wirtschaft ist. Verteidigungsminister Ismet Yilmaz hat die Zahlen dazu:
    "Vor zehn Jahren noch waren wir zu 80 Prozent vom Ausland abhängig. Heute ist dieser Anteil unter die 50-Prozent-Marke gesunken."
    Der Importanteil soll noch weiter sinken, und mehr noch: Die Türkei will zu einem großen Rüstungsexporteur werden.
    Tatsächlich haben bereits rund einem Dutzend Staaten Interesse am neuen Kampfhubschrauber Atak gezeigt, darunter Libyen, Saudi-Arabien oder Pakistan. Noch aber gibt es keine konkreten Bestellungen für den Hubschrauber.
    Das Geschäft läuft an
    Anders sieht es bei Panzer-Haubitzen aus.
    Die Haubitze vom Typ Firtina hat die türkische Armee sogar schon im Ernstfall eingesetzt, nämlich an der fast 900 Kilometer langen Grenze zu Syrien.
    Von Syrien aus schlagen immer wieder Granaten auf türkischem Boden ein. Die türkische Armee ermittelt in solchen Fällen den mutmaßlichen Abschussort der syrischen Granate und schießt dann auf diese Stellung, zum Beispiel mit einer Haubitze vom Typ Firtina.
    Diese Erprobung im Ernstfall macht die Haubitze zu einem begehrten Exportgut. Aserbaidschan hat schon 36 Stück in der Türkei bestellt; das Geschäft läuft also an.
    2023: Rüstungsgüter im Wert von 25 Milliarden Dollar verkaufen
    Lütfi Aral Alis vom türkischen Verband der Rüstungsexporteure ist optimistisch, dass die Türkei ihre hoch gesteckten Ziele erreichen wird und bald in die erste Liga der weltweiten Rüstungsexporteure aufsteigen wird:
    "Die Projekte und Aufträge, an denen türkische Unternehmen derzeit arbeiten, deuten darauf hin, dass das Ziel für das Jahr 2023 durchaus realistisch ist. Zwar hat die Türkei noch einen sehr geringen Anteil innerhalb der globalen Verteidigungsindustrie. Aber bis zum Jahr 2023 wird die Türkei zu den größten zehn Exporteuren gehören."
    Ein ehrgeiziges Ziel: Die Türkei will das Volumen ihres Rüstungs-Exports innerhalb eines Jahrzehnts um das 18-Fache steigern und im Jahr 2023 Rüstungsgüter im Wert von 25 Milliarden Dollar verkaufen. Diese Jahreszahl 2023 hat in der Türkei geradezu eine magische Wirkung; denn in jedem Jahr feiert die Republik Türkei ihren hundertsten Geburtstag. Sie will dieses Jubiläum als regionale Supermacht feiern Land mit einer starken Armee, als einer der zehn weltgrößten Rüstungsexporteure.