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Türkei
Erdogan verspricht "neue Ära"

Die Türkei steht vor der Einführung eines Präsidialsystems: Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan will nach seinem Sieg bei der Präsidentenwahl das Amt mit zahlreichen Machtbefugnissen ausstatten. Seinen Landsleuten kündigte der 60-Jährige eine neue Ära der Versöhnung an.

    Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan feiert seinen Sieg bei der Präsidetenwahl.
    Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan feiert seinen Sieg bei der Präsidetenwahl. (AFP / Adem Altan)
    Er wolle eine "neue Ära" beginnen und den "Streit der Vergangenheit" beilegen, sagte der islamisch-konservative Politiker am Sonntagabend vor Anhängern in der türkischen Hauptstadt Ankara. Er wolle der Präsident aller 77 Millionen Türken sein. Erdogan gewann die erste Direktwahl eines türkischen Präsidenten mit 52 Prozent der Stimmen. Sein Hauptrivale Ekmeleddin Ihsanoglu kam auf 38,3 Prozent. Der Kandidat der kurdischen Minderheit, Selahattin Demirtas, erhielt 9,7 Prozent.
    Unser Korrespondent Thomas Bormann berichtet von der Siegesrede Erdogans auf dem Balkon des Gebäudes seiner Partei AKP. Vor tausenden Anhängern sprach der designierte Präsident von einem "historischen Tag". "Heute hat nicht nur Recep Tayyip Erdogan gewonnen", sagte er. "Heute hat der Wille des Volkes einmal mehr gesiegt. Heute hat die Demokratie einmal mehr gesiegt." Erdogan kündigte einen "neuen sozialen Versöhnungsprozess" an. Alle Türken, ganz gleich welcher Herkunft und welchen Glaubens, sollten gleichberechtigte Bürger sein.
    Özdemir über "den eigentlichen Sieger"
    Grünen-Chef Cem Özdemir hat sich skeptisch über den angekündigten Versöhnungskurs geäußert. Er sagte im Deutschlandfunk, solche Ankündigungen habe es in der Vergangenheit schon häufiger gegeben. Ob Erdogan die Probleme "anpacken wird oder ob er sich vor allem darauf beschränken wird, seine Macht zu festigen, das bleibt abzuwarten". Der eigentliche Sieger der Wahl sei Demirtas, "denn er hat seine Wählerstimmen mobilisieren können und hat sogar welche dazugewonnen".
    Cem Özdemir, Co-Vorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen
    Grünen-Parteichef Cem Özdemir ist skeptisch über Erdogans Versöhungskurs (dpa / Bernd von Jutrczenka)
    Auch von der türkischen Gemeinde in Deutschland hieß es, Erdogan müsse einen moderateren Kurs einschlagen als bisher. Andernfalls seien in der Türkei massive Auseinandersetzungen zu erwarten. Bisher habe Erdogan polarisiert, einen autoritären Führungsstil gezeigt und ein gewisses Demokratieverständnis vermissen lassen.
    Erdogans Vorsprung fiel weniger groß aus als von manchen Beobachtern vorhergesagt. Doch erhielt er wie erwartet auf Anhieb die absolute Mehrheit, obwohl er auf das schwierigste Jahr seiner Regierungszeit seit 2003 zurückblickt. Im Sommer 2013 hatten sich Proteste gegen ein Bauprojekt in Istanbul zu landesweiten Demonstrationen gegen seinen autoritären Regierungsstil ausgeweitet. Das brutale Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten wurde auch im Ausland scharf kritisiert. Auch eine beispiellose Korruptionsaffäre in höchsten politischen Kreisen überstand Erdogan. Seine Amtseinführung ist für den 28. August geplant.
    Gratulationen an Erdogan
    Die EU-Führung in Brüssel gratulierte Erdogan. "Die Türkei ist ein Schlüsselpartner für die Europäische Union: Ein Kandidatenland, das über den EU-Beitritt verhandelt, ein Nachbar, ein wichtiger Handelspartner und ein außenpolitischer Verbündeter", schrieben Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy in einer gemeinsamen Erklärung.
    Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beglückwünschte Erdogan. "Es ist mir ein persönliches Anliegen, die traditionell freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern gemeinsam mit Ihnen zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger fortzuführen und weiter zu vertiefen", hieß es in einer Erklärung. Deutschland und die Türkei verbinde "eine enge und vertrauensvolle Partnerschaft".
    (sdö/db)