Zuvor hatte die Polizei das Gebäude der Sender im Istanbuler Stadtteil Sisli trotz erbitterten Widerstands der Angestellten gestürmt. Auf Fernsehbildern ist zu sehen, wie die Feuerwehr den Sicherheitskräften mit einem Metallschneider Zugang zu dem Gelände verschafft. Angestellte und Demonstranten versuchten, die Polizisten mit Regenschirmen zurückzudrängen. Vor dem Gebäude im Stadtteil Sisli hatten sich zahlreiche Menschen versammelt, um gegen das Vorgehen zu demonstrieren. Die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein. Bugün TV setzte seine Live-Übertragung zunächst fort.
Die Koza Ipek Holding steht der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen nahe. Der frühere Verbündete des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan lebt seit mehr als 15 Jahren im Exil in den USA. Erdogan wirft ihm vor, innerhalb der Türkei Parallelstrukturen aufgebaut zu haben und ihn stürzen zu wollen. Die Behörden gingen schon in der Vergangenheit immer wieder gegen mutmaßliche Anhänger Gülens in Justiz, Polizei und Medien vor.
Gericht setzt Treuhänder ein
Diese Woche hatte ein Gericht Koza Ipek unter staatliche Aufsicht gestellt und Treuhänder für die Sender und Zeitungen einsetzt. Bereits Anfang des Monats gab es bei mehreren Tochterfirmen des Konzerns Razzien.
Die Türken wählen am Sonntag ein neues Parlament. Die Neuwahl war notwendig geworden, nachdem es der von Erdogan gegründeten AKP im Sommer nicht gelungen war, eine Koalition zu bilden. Kritiker werfen dem Präsidenten vor, die Wahl nur deshalb abzuhalten, um die im Juni verlorene absolute Mehrheit zurückzugewinnen und die Türkei zu einem Präsidialstaat umzubauen. In Umfragen sieht es zur Zeit aber nicht so aus, als könnte der Partei dies gelingen.
Human Rights Watch und EU reagierten besorgt
Human Rights Watch verurteilte das Vorgehen der Behörden als ungewöhnliche Maßnahme, um kritische Medien zum Schweigen zu bringen. Die Europäische Union äußerte sich besorgt. Die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini sagte in Brüssel: "Die Türkei muss wie jedes andere Land, das über einen EU-Beitritt verhandelt, sicherstellen, dass die Menschenrechte eingehalten werden - das schließt auch das Recht auf freie Meinungsäußerung ein." Die Entwicklungen seien besorgniserregend und würden von der EU genau beobachtet.
(jasi/tgs/ach/fw)