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Umgang mit EZB-Strafzinsen
CDU-Politiker Brinkhaus: Geld zu horten lohnt sich für Banken nicht

Banken und Sparkassen zahlen drauf, wenn sie Bargeld ihrer Kunden bei der EZB parken. Finanzhäuser wie die Commerzbank suchen daher nach Auswegen - bis hin zur Aufbewahrung des Geldes in Tresoren. Der CDU-Finanzpolitiker Ralph Brinkhaus glaubt aber nicht, dass die Commerzbank im großen Stil Bargeld horten wird. Das rechne sich nicht, sagte er im DLF.

Ralph Brinkaus im Gespräch mit Christoph Heinemann |
    Eingangsbereich einer Commerzbank-Filiale in Frankreich mit dem gelben Logo
    Bei der Commerzbank überlegt man intensiv, wie man die Strafzinsen der EZB fürs Geldparken künftig umgehen kann. (imago / Eibner)
    Hintergrund der Debatte sind die sogenannten Strafzinsen der EZB. Geschäftsbanken müssen derzeit 0,4 Prozent Zinsen an die Europäische Zentralbank zahlen, wenn sie dort kurzfristig überschüssige Liquidität sicher anlegen wollen. Die EZB will so die Geschäftsbanken zur Vergabe von Krediten und zur Stimulierung der Konjunkur motivieren. Die Commerzebank selbst hatte bereits erklärt, dass sie derzeit nicht verstärkt auf Bargeld setze.
    Ralph Brinkhaus am Rednerpult des Bundestags.
    Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ralph Brinkhaus. (dpa / Maurizio Gambarini)
    Brinkhaus kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Geldpolitik der EZB. Diese habe die Zinsen zu oft und zu schnell gesenkt. Die Zentralbank habe einen Teil des Vertrauens verspielt, so Brinkhaus. Er fürchte, dass der Kauf von Unternmehmensanleihen zu einer Marktstörung führe. Der CDU-Politiker monierte ein "dogmatisches Festhalten" an dem Zwei-Prozent Inflationsziel. Eigentlich gehe es um Strukturreformen. EZB-Präsident Draghi kaufe den Staaten Zeit, damit sie die Maßnahmen umsetzen könnten.

    Das Interview in voller Länge:
    Christoph Heinemann: Opernfreunde, Liebhaber von Richard Wagner haben diese Musik erkannt: Wotans und Loges Fahrt in die Tiefe der Erde. Dort hütet Alberich das Rheingold. Der Alberich unter den Geldhäusern ist möglicherweise bald die Commerzbank. Die möchte künftig auch Schätze horten, sie denkt jedenfalls laut darüber nach, nicht in Nibelheim, sondern in der Tiefe der eigenen Tresore. Normalerweise parken Banken ihr Geld gern bei der Europäischen Zentralbank, neuerdings nicht mehr.
    Am Telefon ist Ralph Brinkhaus, als stellvertretender Unions-Fraktionsvorsitzender zuständig für Finanz- und Haushaltspolitik. Guten Morgen.
    Ralph Brinkhaus: Guten Morgen!
    Heinemann: Herr Brinkhaus, wenn die Tresore bald voll sind, lohnen sich künftig Banküberfälle?
    Brinkhaus: Nein. Ich glaube auch nicht, dass die Tresore bald voll sind. Sie hatten das ja in Ihrem Bericht schon gesagt, das rechnet sich nicht, und insofern ist das auch, glaube ich, keine gute Alternative.
    Heinemann: Ist die Klage der Banken über die Negativzinsen berechtigt?
    Brinkhaus: Man muss das so sehen: Die Negativzinsen, das ist ein Phänomen, was eigentlich in allen Industrieländern momentan drängt. Insofern ist die EZB da keine Ausnahme. Nichts desto trotz ist es so, dass wir mit der Zinspolitik der EZB nicht zufrieden sind. Wir glauben, dass die Zinsen zu oft und zu tief gesenkt worden sind.
    "Die EZB muss sich schon mit der politischen Kritik auseinandersetzen"
    Heinemann: Die Commerzbank - über die haben wir ja gerade gesprochen - gehört zu 16 Prozent noch dem Staat. Wenn nun ausgerechnet diese Bank vorprescht, könnte das dann in der EZB als politische Entscheidung verstanden werden?
    Brinkhaus: Na ja. Soweit wir wissen ist die Commerzbank nicht vorgeprescht. Da gibt es Überlegungen, wie das bei wahrscheinlich vielen Banken der Fall ist. Und ich glaube auch nicht, dass das die EZB sonderlich beeindrucken wird. Aber die EZB muss sich schon mit der politischen Kritik auseinandersetzen, die nicht nur aus Deutschland, sondern auch von anderer Stelle kommt.
    Heinemann: Ist der Markt gestört?
    Brinkhaus: Insbesondere durch den Ankauf der Unternehmensanleihen befürchten wir eine Marktstörung, weil jemand jetzt in den Markt eingreift, der dort eigentlich nichts zu suchen hat. Der wird die Preisfindung stören, es ist eine höhere Nachfrage, die kommen wird, dass wir die Renditen absenken. Das hilft zwar auf den ersten Blick den Unternehmen, ist aber auch schlecht für diejenigen, die diese Unternehmensanleihen sonst gekauft hätten, weil die Renditen runtergehen. Wie gesagt, das ist eine Marktverzerrung.
    Was auch eine Marktverzerrung ist, dass die Preise dann nicht mehr die Wahrheit sagen. Preise für Unternehmensanleihen sollen das Risiko widerspiegeln und das wird dann nicht mehr der Fall sein.
    "Es ist auch nciht die Aufgabe der EZB, schwachen Unternehmen zu helfen"
    Heinemann: Die EZB will auf Teufel komm raus die Nachfrage ankurbeln. Was spricht dagegen?
    Brinkhaus: Die Frage ist, welche Nachfrage? Hilft das tatsächlich den Unternehmen, wenn die EZB Unternehmensanleihen kauft? Antwort nein, weil die EZB darf nur Unternehmensanleihen von Unternehmen kaufen, denen es relativ gut geht, die gut geratet sind. Das heißt, den schwachen Unternehmen hilft das nicht, und im Übrigen ist es auch nicht die Aufgabe der EZB, schwachen Unternehmen zu helfen, sondern die EZB ist in der Verpflichtung, eine gute Geldpolitik zu machen, aber keine gute Wirtschaftspolitik.
    Heinemann: Wie kann denn die EZB ihr Inflationsziel erreichen? Darum geht es ja.
    Brinkhaus: Ich denke mal, dieses Inflationsziel wird auch etwas überschätzt. Wir haben überall auf der Welt gewisse Inflationssituationen. Da kann sich die EZB auch nicht gegen wehren. Und dieses dogmatische Festhalten an diesem Ziel von zwei Prozent irritiert uns in Deutschland.
    Heinemann: Welches Ziel wäre denn realistisch?
    Brinkhaus: Ich denke mal, es geht gar nicht darum, dass wir realistische Inflationsziele erreichen.
    "Es geht um Strukturreformen und nicht um Inflationsziele"
    Heinemann: Auf irgendein Ziel müssen die sich schon festlegen.
    Brinkhaus: Es geht darum, dass wir die Wirtschaft voranbringen, und das hat Mario Draghi ja jüngst selbst gesagt, dass es eigentlich um Strukturreformen geht und nicht um Inflationsziele und dass er mit seiner Geldpolitik irgendwo indirekt den Ländern auch Zeit kauft, um die entsprechenden Strukturreformen umzusetzen. Solange das aber in Ländern wie beispielsweise Frankreich so zäh ist, dieser Strukturreformprozess, nützt auch eine Geldpolitik nichts, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln.
    Heinemann: Betreibt Draghi Geldpolitik für Südeuropa?
    Brinkhaus: Es ist strittig. Die EZB bestreitet das natürlich. Ich würde das mal so ausdrücken: Die EZB hat ihr Mandat ganz schön weit ausgedehnt, und insofern beobachten wir das in der deutschen Politik auch sehr genau, ob die EZB das macht, was sie darf, nämlich Geldpolitik, oder ob sie das macht, was sie nicht darf, nämlich Struktur-, Wirtschafts- und Fiskalpolitik für Südeuropa.
    "Die EZB ist nicht der verlängerte Arm der deutschen Wirtschaftspolitik"
    Heinemann: Und was macht sie, das was sie darf oder was sie nicht darf?
    Brinkhaus: Ich denke, wir sind momentan ganz schön an der Grenze. Aber wir müssen auf der anderen Seite auch respektieren, dass die EZB eine unabhängige Institution ist. Dafür haben wir Deutsche damals gesorgt, als die EZB gegründet worden ist. Und deswegen müssen wir bei Kritik auch immer etwas vorsichtig sein. Die EZB ist nicht der verlängerte Arm der deutschen Wirtschaftspolitik, sollte aber auch nicht der verlängerte Arm der französischen und italienischen Wirtschaftspolitik sein.
    Heinemann: Kann Draghi machen was er will?
    Brinkhaus: Nein, er kann nicht machen was er will, weil wenn er sich außerhalb des Mandats bewegt, was die EZB hat, dann tut er Dinge, die er nicht tun darf, und dann kann ihm das auch untersagt werden.
    Heinemann: Ist Sparen zurzeit schädlich?
    Brinkhaus: Sparen ist nie schädlich. Das gilt insbesondere für die Menschen, die jung sind, die fürs Alter vorsorgen müssen. Und da kann ich nur dringend empfehlen, ganz unabhängig von den Zinssätzen zu sparen, weil sonst hat man im Alter nichts. Und im Übrigen ist es so: Wenn die Zinsen mal wieder hochgehen und man hat nichts gespart, dann profitiert man auch weniger davon.
    "Hohe Zinsen bedeuten auch immer ein höheres Risiko"
    Heinemann: Draghi hat ja deutschen Sparern kürzlich mal geraten, sie sollten ihr Anlageverhalten ändern. Heißt das jetzt weg vom Sparbuch, rein in den Aktienmarkt?
    Brinkhaus: Ich glaube mal, der EZB-Chef ist nicht in der Position, deutschen Anlegern zu raten, wie sie ihr Anlageverhalten gestalten sollten. Das ist nun wirklich nicht sein Job.
    Und ich denke mal, es ist auch keine Lösung, aufgrund der niedrigen Zinsen den Menschen zu sagen, ihr müsst jetzt nur noch in risikoreiche Anlagen hineingehen, die hochverzinslich sind, denn hohe Zinsen bedeuten auch immer ein höheres Risiko und das muss der Anleger wissen.
    "Der Euro ist immer noch eine sehr, sehr stabile Währung"
    Heinemann: Herr Brinkhaus, vertrauen Sie der EZB und Mario Draghi noch?
    Brinkhaus: Ich denke mal, dass die EZB einen Teil des Vertrauens in der Vergangenheit verspielt hat. Aber die EZB besteht ja nicht nur aus Mario Draghi, sondern da sitzen ja Menschen aus ganz vielen Ländern. Meine Arbeitsannahme ist immer noch, dass die versuchen, im besten Sinne Geldpolitik zu machen.
    Hin und wieder kommen dabei Dinge heraus, die uns nicht gefallen, die wir für schädlich halten. Das waren insbesondere auch die Maßnahmen in den letzten Monaten. Aber insgesamt gesehen muss man eins sagen, dass der Euro immer noch eine sehr, sehr stabile Währung ist, und insofern denke ich mal, dass wir den Entscheidungsprozess in der EZB als deutsche Politik auch weiterhin kritisch begleiten werden.
    Heinemann: Der CDU-Finanzpolitiker Ralph Brinkhaus. Danke schön für das Gespräch und auf Wiederhören.
    Brinkhaus: Gerne! - Tschüss!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.