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Uni-Bibliothek Konstanz
Digital, gedruckt, per Fernleihe

Aufsätze der hauseigenen Wissenschaftler, nach einem Jahr für alle zugänglich: Mit dieser "Open-Access"-Regelung geht die Universität Konstanz neue Wege. Doch längst nicht alle Artikel sind tatsächlich elektronisch abrufbar, wie ein Gang in die Bibliothek zeigt. Glücklicherweise gibt es noch andere Wege, an sie heranzukommen.

Von Thomas Wagner |
    Eine Studentin der Universität Bayreuth (Bayern) sitzen am 21.01.2016 mit ihrem Notebook in der Zentralbibliothek der Universität (Aufnahme mit Zoomeffekt).
    Die Digitalisierung verändert auch den Zugriff auf Fachzeitschriften an den Universitätsbibliotheken (dpa / Nicoals Armer)
    "An den öffentlichen PC's muss man sich einloggen. Das können wir jetzt grad mal machen"
    Christine Meyer spricht mit gedämpfter Stimme. Sie will all die anderen, die hier im Arbeitsraum der Uni-Bilbiothek Konstanz konzentriert vor den Rechnern sitzen, nicht stören.
    "So, die Ausweisnummer und das Passwort".
    Auf dem Bildschirm, auf dem die Mitarbeiterin der Konstanzer Uni-Bibliothek blickt, wird es plötzlich bunt: Sie klickt erst auf einen Internet-Browser, dann auf die Seite "Kataloge".
    "Studierende und Mitarbeiter, die haben auch von zuhause aus Zugriff auf ihre elektronischen Dokumente. Für externe Nutzer geht das so nicht. Die können nur innerhalb der Bibliothek an unseren PCs auf die elektronischen Volltexte zugreifen. Hier, so wie wir das jetzt machen."
    Gefragt: Lizenz für die elektronische Nutzung
    Über die Website des "Kommunikations- und Informations-Medienzentrums" der Universität Konstanz klickt sich Christine Meyer durch zu den Katalogen, in denen die Fachzeitschriften gelistet sind. Die Kataloge unterscheiden sich nach Fachgebieten: Hier sind naturwissenschaftliche, dort beispielsweise sozialwissenschaftliche Zeitschriften gelistet.
    "Und dann können wir nach einem gezielten Zeitschriftentitel suchen und erfahren, ob wir eine Lizenz für die elektronische Nutzung dieser Zeitschrift haben. Also ich schau' jetzt mal nach der Kölner Zeitschrift für Soziologie und prüfe jetzt, ob wir Zugriff auf die elektronische Version dieser Zeitschrift haben."
    Auf dem Bildschirm erscheinen die letzten Jahrgänge der Zeitschrift: Die meisten sind mit einem gelben Punkt gekennzeichnet. Und das heißt: Die sind elektronisch frei zugänglich; die einzelnen Artikel können direkt am Rechner heruntergeladen werden. Ein roter Punkt bedeutet: Nicht elektronisch zugänglich - und ganz oben auf dem Bildschirm erscheint tatsächlich ein roter Punkt.
    "Bei diesem Beispiel sehen wir, dass zum Beispiel die letzten zwölf Monate nicht elektronisch verfügbar sind, aber ältere Jahrgänge."
    Wir begnügen uns mit einem Aufsatz, der 2016 erschienen ist: Es geht um die Armutsentwicklung in Deutschland.
    "Dann klicke ich hier auf Volltext-Pdf und lande hier beim Artikel. Und ich kann ihn hier jetzt weiterverarbeiten: Aber es gibt die Möglichkeit, den Artikel hier zu lesen, ihn auszudrucken, auf einen USB-Stick abzuspeichern."
    Digital, gedruckt – oder über die Fernleihe
    Dumm nur, dass wir einen Aufsatz lesen wollen, der erst kürzlich geschrieben wurde. Der aktuelle Jahrgang der elektronischen Ausgabe ist aber gesperrt. Was tun?
    "In diesem Fall schauen wir, ob wir die Zeitung in gedruckter Form vorliegen haben. Wir gehen wieder auf unsere Website, auf unseren Katalog. schauen in unserem Katalog nach der Zeitschrift" und werden fündig:
    "Wir haben die Zeitschrift in gedruckter Form abonniert. Ich sehe hier den Standort der Zeitschrift, kann mir die Signatur notieren, die Zeitschrift hier lesen oder kopieren."
    Allerdings gibt es auch Zeitschriften, die die Universität Konstanz weder elektronisch noch als gedruckte Ausgabe abonniert hat.
    "Da gibt es verschiedene Möglichkeiten: Es gibt die klassische Fernleihe. Das funktioniert so, dass wir bei einer anderen Bibliothek Artikel oder ganze Bücher bestellen und leihweise hierher geschickt bekommen. Das dauert circa eine Woche."
    Wem das zu kompliziert erscheint, kann die Dienste des Direktlieferdienstes 'Subito' in Anspruch nehmen:
    "Das ist ein Direktlieferdienst, über den man sich Sachen nachhause schicken lassen kann. Das ist dann aber teurer: Bei Subito ist es so, dass eine Buchbestellung um die zwölf Euro kostet. Ein Aufsatz kann auf sechs Euro kommen."
    Fast alle gesuchten Artikel werden gefunden
    Christine Meyer glaubt, dass weit über 90 Prozent aller Texte, die gesucht werden, auf einem der aufgezeigten Wege gefunden werden - sei es direkt elektronisch, gedruckt in der Bibliothek oder über Fernleihe. Deshalb höre man so gut wie gar nicht von Fällen, dass Nutzer auf illegale Dokumentenbörsen zurückgreifen. Dass eine Suchanfrage zu gar keinem Ergebnis führt, komme ohnehin so gut wie nie vor.
    "Vielleicht sehr entlegene, kleine Veröffentlichungen - da kann es sicher mal den Fall geben, dass man gar nicht drankommt und man dann vielleicht versuchen muss, den Autor übers Internet zu ermitteln, ihn selbst anschreiben muss - das ist wirklich selten."
    Und zwar deshalb selten, weil sich die Zusammenarbeit der Hochschul-Bibliotheken über die Fernleihe bewährt habe: Jede Bibliothek bilde, wenn es um Abos für wissenschaftliche Fachzeitschriften geht, ihre jeweils eigenen Schwerpunkte:
    "Es gibt Schwerpunkte bezüglich der Fachgebiete, dass bestimmte Bibliotheken Literatur zu bestimmten Themen sammeln, bestimmte Fachliteratur zu bestimmten Fachgebieten. Das sind dann weniger die Verlage. Sondern es geht nach Fächern. Eine Bibliothek ist vielleicht auf Kunstgeschichte spezialisiert - man kommt an vieles dran."
    Und zukünftig an vieles mehr als bisher in digitaler Form. Davon ist Christine Meyer von der Konstanzer Unibibliothek überzeugt.
    "Es wird noch mehr in Richtung Digitalisierung gehen. Noch mehr Veröffentlichungen werden digital angeboten. Und was ich sehr wünschenswert fände: Dass die Oberflächen, die Angebote zu nutzen, noch vereinfacht werden und einheitlicher werden. Es ist nicht alles so selbsterklärend, wie man es gerne hätte. So, ich logge mich aus, Sie loggen sich aus -und dann können andere die öffentlichen Rechner hier nutzen."