Schon der Begriff ist verharmlosend: "Pickup Artist" klingt irgendwie nach Künstler. Dabei geht es sogenannten "Pickup Artists" um die sexualisierte Jagd auf Frauen im öffentlichen Raum. In der Regel kommt es nicht zu so brutalen Übergriffen wie in Köln, aber Studentinnen werden durchaus auch körperlich angegangen. Das berichtet in den Räumen des Asta der Frankfurter Goethe-Uni die Studentin Toni, die ihren Nachnamen nicht nennen will. Sie hat mit der feministischen Aktionsgruppe Fantifa Berichte von Übergriffen gesammelt:
"Wir hatten über 50 Berichte von Frauen, die vom Campus vom 'Pickup Artist' beispielsweise bis nach Hause verfolgt wurden. Natürlich kommt es auch sehr oft zu sehr körperlichen Übergriffen. Und dazu würden wir auch schon zählen, wenn ein Mann eine Frau im öffentlichen Raum anspricht und ihr die Hand auf die Schulter legt oder in die Hüfte. Das ist natürlich noch kein krasser Übergriff, aber es ist ein Eingriff in die Privatsphäre und es ist auch ein körperlicher Übergriff."
Juristisch schwer zu fassen
Die Pressestelle der Uni Frankfurt am Main kennt diese Vorwürfe bisher nicht – man wolle dem aber nachgehen, versichert Sprecher Dirk Frank auf Nachfrage des Deutschlandfunks. Der AStA der Goethe-Uni weiß, dass es für die Uni-Leitung juristisch nicht einfach ist, gegen "Pickup"-Aktionen auf dem Campus vorzugehen. Dennoch wünscht sich der AStA-Vorstand Valentin Fuchs mehr Engagement der Uni-Leitung in dieser Frage: "'Pickup' ist ein schwieriger Bereich, der juristisch schwer zu fassen ist, wo Hausrecht oder gar Strafrecht nicht besonders leicht eingreifen kann. Natürlich kann man öffentlichkeitswirksam darauf hinweisen. Leider hat die Uni-Leitung Sexismus noch nicht thematisiert."
Das sieht auch die Studentin Toni so: "Ja, in Frankfurt an der Uni gibt es ja beispielsweise das Cornelia Goethe-Zentrum und auch die Frauen-Rätinnen beispielsweise des Fachbereichs Gesellschaftswissenschaften sind diesbezüglich engagiert. Aber nicht unbedingt in höheren Ebenen. Das heißt, es wäre eine stärker wirksame Aussage, wenn die Präsidentin oder der Senat dazu eine öffentliche Stellungnahme verfassen würde, die wäre auch wirksam ersichtlich für alle Studierenden."
AStA fordert mehr Engagement von der Unileitung
Auch weil er die politische Diskussion über das Thema "Pickup Artists" jetzt nicht durch die einstweilige Verfügung des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main stoppen lassen will, wird der AStA der Goethe-Uni sie nicht akzeptieren. Das Gericht will es der Studierendenvertretung bei Androhung eines Ordnungsgeldes von 250.000 Euro verbieten, den Namen des in der AStA-Zeitung beschriebenen studentischen "Pickup Artists" und seinen Status als Studierender der Uni künftig weiterhin zu nennen. Asta-Vorstand Valentin Fuchs: "Wir werden diese Verfügung nicht akzeptieren. Wir werden die ablehnen. Und dann hat der Kläger einen Monat Zeit, um Klage zur Hauptsache zu erheben. Wir gehen davon aus, dass er das tun wird und sind gespannt auf den Prozess, der darauf folgen wird."
Der AStA der Goethe-Uni wertet den Rechtsstreit als einen Präzedenzfall mit bundesweiten Auswirkungen. Es gehe darum, den Studierendenvertretungen nicht das Recht nehmen zu lassen, Sexismus auf dem Campus und darüber hinaus zu thematisieren, argumentiert Valentin Fuchs. Denn den "Pickup Artists" sei strafrechtlich oft schwer beizukommen: "Es zeigt ja, dass dieses gesamte Thema ein politisches Thema ist. Wenn das Recht nicht ausreicht, um an dieses Thema heranzutreten, muss man das eben politisch thematisieren. Und genau in diesem Verfahren wurde die politische Thematisierung, die ja von uns kam, unterbunden. Und das ist gerade die Fragwürdigkeit an diesem Urteil."
Auch diesen Rechtsstreit verfolgt die Leitung der Uni Frankfurt am Main bisher nur passiv – es gibt keine Unterstützung für den AStA. Der Streit sein "Sache des AStA", so Pressesprecher Dirk Frank. Das sieht die Studierenden-Vertretung anders. Das frauenverachtende Treiben von "Pickup- Artists" auf dem Campus sei Sache der gesamten Universität.