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Uni Freiburg
Heidegger-Aufarbeitung bleibt schwierig

Der Philosophische Lehrstuhl in Freiburg bedürfte eines dringenden Neuanfangs, schon um Martin Heideggers antisemitische Äußerungen in den "Schwarzen Heften" aufzuarbeiten. Doch einen Neuanfang wird es vorerst nicht geben, denn der bisherige Inhaber des philosophischen Lehrstuhls bleibt weiter auf seinem Posten.

Von Werner Witt |
    Undatierte Aufnahme des deutschen Philosophen Martin Heidegger (1889-1976).
    Undatierte Aufnahme des deutschen Philosophen Martin Heidegger (1889-1976). (picture alliance / dpa)
    Eigentlich hätte Professor Günter Figal am 31. März in den Ruhestand gehen können. Doch er beantragte wie im akademischen Rahmen nicht unüblich, eine Verlängerung seiner Beschäftigung um drei Jahre.
    2013 beantragte die Philosophische Fakultät die Umwandlung des hoch dotierten Lehrstuhls in eine Juniorprofessur. Alle abstimmungsberechtigten Professoren waren dafür - nur einer war dagegen.
    Günter Figal. Die Spatzen pfeifen schon seit Jahren von den Unidächern, dass der Dekan der Philosophischen Fakultät Helmuth Gander und Günter Figal kaum noch ein Wort miteinander wechseln.
    Die Herabstufung seiner Stelle zu einer Juniorprofessur konnte also den gewünschten Nebeneffekt haben, dass eine Weiterbeschäftigung Günter Figals erschwert würde.
    Dringend notwendige Veränderungen
    Das Gericht hat diese Spekulationen nun überflüssig gemacht. Figal bleibt und das beutet für die Universität Freiburg weiterhin Stillstand in der Heidegger-Forschung, die dringend nötig wäre, denn seit 2014 sind in der Martin Heidegger Gesamtausgabe die "Schwarzen Hefte" erschienen. Diesen Denktagebüchern hat Heidegger über Jahrzehnte seine wichtigsten Ergebnisse und programmatischen Absichten anvertraut. Martin Heidegger hatte verfügt, dass sie erst am Ende des Gesamtwerks veröffentlicht werden dürfen.
    Was wir dort von 1933 bis in die Nachkriegsjahre zu lesen bekommen ist entsetzlich.
    Heidegger äußert sich unverhohlen antisemitisch, er sieht sich als den einzigen und wahren Hüter dessen, was die deutsche Nation und allen voran der Nationalsozialismus ins Werk setzen sollten. Er und nur er Heidegger ist auf seinem einsamen Denkweg in der Lage, diese Idee für eine ferne Zukunft zu retten. Mit dem Christentum rechnet Heidegger aufs Härteste ab.
    Was bedeuten Heideggers Aussagen in den "Schwarzen Heften" für die Deutung seines Gesamtwerks? Muss Heideggers Kollaboration mit den Nazis als Rektor der Universität Freiburg 1933/34 neu bewertet werden, hat Heidegger nach 1945 vor Feind, Freund und vor seiner Geliebten, der Jüdin Hannah Arendt, seine eigentlichen Intentionen verborgen, um wieder aufgenommen zu werden auch an der Uni?
    3.000 Unterschriften hat eine Internetaktion bisher gesammelt. Sie alle fordern von der Universität Freiburg eine wissenschaftlich unabhängige Forschung, die all diese Fragen stellt und möglichst im Rahmen einer historisch-kritischen Neubewertung des Gesamtwerks Heideggers auch beantwortet.
    Erforderlicher Neuanfang
    Günter Figal hat in diesem Kontext wenig bis gar nichts geleistet. Nach Bekanntwerden antisemitischer Aussagen Heideggers über seinen Vorgänger Edmund Husserls trat Figal vom Vorsitz der Heidegger-Gesellschaft zurück, weil er die Person Heidegger nicht länger vertreten mochte, so Figals Begründung.
    Nun blockiert er mit seiner erfolgreichen Klage bis auf Weiteres einen dringend notwendigen Neuanfang innerhalb der Freiburger Philosophie. Verhindert werden kann das noch durch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs in der Hauptsache. Bis dahin haben Universitäten in Wuppertal, Siegen und in Vallendar schon längst fundierte Anträge auf Forschungsgelder für die wissenschaftliche Bewertung der Schwarzen Hefte gestellt. Im Sommer-Semester wird es die ersten Kongresse und Seminare dort geben.
    Dagegen ist das, was an der Universität Freiburg stattfindet, eine Provinzposse.