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Untertagespeicherkraftwerke
Nicht jede Zeche eignet sich als Wasserkraftwerk

Energietechnik. - Pumpspeicher speichern Energie effizient. Elektrische Pumpen drücken Wasser in ein höher gelegenes Reservoir. Wenn man die so gespeicherte Energie braucht, lässt man das Wasser mit der Schwerkraft wieder nach unten laufen und treibt Turbinen an. So etwas könnte auch in aufgelassenen Bergwerken funktionieren. Doch ein genauerer Blick zeigt: Die Idee birgt viele Tücken, die noch gelöst werden müssen.

Von Sönke Gäthke | 07.03.2014
    Die Stollen eines stillgelegten Bergwerks messen 30 Kilometer und mehr – rechnerisch können mehrere hunderttausend Kubikmeter Wasser unter Tage weit über 500 Meter in die Tiefe stürzen, und dabei unter Umständen vier Stunden lang 200, 300 Megawatt Leistung erreichen. Damit würde ein unterirdisches Pumspeicherkraftwerk zu den mittelgroßen Speicherwerken gehören. Doch so einfach ist die Verwandlung nicht - sagt Wolfgang Busch, der sich seit Jahren mit der Idee beschäftigt.
    "Wir müssen uns hier andere Formen der Speicherhaltung des Wassers überlegen."
    Denn bei den Berechnungen stoßen Wasserexperten auf eine Eigenschaft von bestehenden Bergwerken, die nicht so recht zur Idee passen will, Wasser durch die Gänge fließen zu lassen: Bergleute pflegten die Stollen einigermaßen rechtwinklig aufeinander stoßen zu lassen. Dabei hatten sie die Geomechanik im Blick
    "sprich: den Druck des aufliegenden Gebirges."
    Die Stollen der alten Bergwerke ziehen sich in Tiefen bis zu 1000 Metern dahin. Eine Kreuzung unter Tage wird daher rechtwinklig gegraben, damit alle vier Ecken gleich kräftig die Decke stützen.
    "Und hier gibt es natürlich ein Problem: Wenn Sie sich vorstellen, Sie hätten eine Sammelleitung und würden natürlich…"
    stundenlang hunderttausende Kubikmeter Wasser von oben in dieses rechtwinklige Labyrinth schießen lassen. Dabei entstünden zahllose Wirbel, die den Ecken und Kanten hart zusetzen würden. Mit der Zeit könnte es durchaus passieren, dass das Wasser diese rechten Winkel abschleift. Ein Problem vor allem, wenn ein unterirdisches Pumpspeicherwerk in einer alten Kohlezeche angelegt werden soll. Wolfgang Busch:
    "Die Steinkohle ist umgeben von einem weichen Gestein, ist ja auch weich..."
    und daher erwartet Wolfgang Busch, dass dieses Gestein dem Wasser weniger lange Widerstand leisten kann. Ein Ausweg wäre, einen Teil oder alle Stollen neu aufzufahren. Dann könnten die Bergleute die Gänge so gestalten, dass das Wasser ohne Probleme durchströmen kann – zum Beispiel, indem sie den Gang im Kreis graben. Eine solchen Kreis mit 15 Kilometern im Durchmesser – damit er genug Wasser für mehrere Stunden Betrieb aufnehmen kann - untersuchen Forscher der Universität Duisburg-Essen für die Zeche Prosper-Haniel. Doch auch das löst das Problem mit dem weichen Gestein nicht völlig, ist Wolfgang Busch überzeugt.
    "Nach unserer Auffassung muss man eine komplette Auskleidung der entweder neu aufgefahrenen oder vorhandenen Hohlräume vornehmen."
    Die Wände müssten dann mit Beton oder Kunststoff verkleidet werden, damit das vorbeiströmende Wasser die Oberfläche des Gesteins nicht mit der Zeit auswäscht. Das aber dürfte aufwändig und teuer werden. Busch:
    "Wir haben deshalb festgestellt: Im wesentlichen ist, um auch die Kosten gering zu halten, dass man sich in einem festen Gestein aufhält, und festes Gestein haben sie in Erzlagerstätten. Also im ehemaligen Erzbergbau."
    Insgesamt, schätzt der Clausthaler Experte, können in unterirdischen Erzbergwerken zwei bis drei Gigawatt Strom gespeichert werden – das ist etwas weniger als die Hälfte dessen, was Stauseen fassen können. Aber auch bei Untertagespeichern in aufgelassenen Erzbergwerken gäbe es einige Probleme zu lösen: Zum Beispiel könnte Wasser durch unbekannte Spalten entweichen. Dabei könnten Reste der abgebauten Erze ausgespült und ins Grundwasser getragen werden. Jede alte Mine muss daher vor einer Umwandlung in ein Speicherwerk genau unter die Lupe genommen.