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US-Einreiseverbote
CDU-Politiker Hardt warnt vor Druck auf Trump

Der CDU-Politiker Jürgen Hardt hält zuviel Druck aus dem Ausland auf US-Präsident Donald Trump für sinnlos und kontraproduktiv. Die Proteste und der Gerichtsentscheid gegen das Einreiseverbot für viele Muslime hätten gezeigt, dass die USA die Kraft hätten, sich selbst des Problems zu entledigen, sagte er im DLF.

Jürgen Hardt im Gespräch mit Doris Simon |
    Der Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt (CDU), Koordinator für die Transatlantische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt
    Der Bundestagsabgeordnete Jürgen Hardt (CDU), Koordinator für die Transatlantische Zusammenarbeit im Auswärtigen Amt (dpa / picture-alliance / Kay Nietfeld)
    Trump habe mit seinem Dekret zum Einreiseverbot eine "schwere Zäsur" in den USA herbeigeführt, sagte Hardt. Das Land unterscheide nun offensichtlich nach Religion und Herkunft. Die USA seien damit kein Ort mehr, in dem jeder Mensch als Individuum betrachtet werde und gleiche Chancen habe, erklärte der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Die Kritik von US-Gerichten und führenden amerikanischen Politikern sei so groß, dass er glaube, die amerikanische Nation habe die Kraft, sich des Problems auf legale Weise zu entledigen. Die vergangenen Stunden hätten gezeigt, dass Rechtsstaat und Demokratie in Amerika funktionierten.
    Deutschland müsse zweifellos Stellung beziehen, sagte der CDU-Politiker. Er halte aber nichts davon, "wenn wir Trump jetzt lautstark kritisieren und angreifen". Dies könne eher das Gegenteil bewirken. Denn Trump wolle zeigen, dass er dem Druck von außen entschlossen standhalte. Die Bundesregierung müsse aber "klar anmelden", dass etwa Deutsch-Iraner oder Deutsch-Jemeniten das gleiche Recht zur Einreise in die USA hätten wie andere Deutsche auch.
    Hardt betonte, Trump habe eine Grenze überschritten, indem er alle Muslime unter Generalverdacht stelle. Er könne nicht verstehen, wie der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer "diese Art von Aktionismus für kluge Politik halten" könne. Gerade Bayern müsse wegen seiner Exporte nach Amerika daran interessiert sein, dass die USA ein weltoffenes Land blieben.

    Das Interview in voller Länge:
    Doris Simon: Das Einreiseverbot für Flüchtlinge und für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern in die USA, das richtet sich gegen Terroristen. Das war die Absicht von Präsident Trump. Es trifft aber wahllos Menschen, die in den USA arbeiten oder studieren oder dorthin reisen wollen, auch Visen haben, und es trifft unter anderem auch Zehntausende Doppelstaatler aus Deutschland. Die Bundeskanzlerin ist überzeugt, der Kampf gegen den Terrorismus, der rechtfertige keinen Generalverdacht gegen Herkunft oder Glauben. So soll es Angela Merkel auch Präsident Trump direkt gesagt haben bei ihrem Telefonat am Samstag. - Jürgen Hardt ist CDU-Bundestagsabgeordneter und Koordinator der Bundesregierung für die transatlantischen Beziehungen. Ihn habe ich vor einer dreiviertel Stunde gefragt: Reicht das aus von deutscher Seite?
    Jürgen Hardt: Wir sehen ja in diesen Tagen, dass die schwere Zäsur, die Donald Trump mit seinem Dekret in der amerikanischen Geschichte, kann man schon sagen, herbeigeführt hat, nämlich dass dieses Land plötzlich offensichtlich nach Religion unterscheidet, und nach Herkunft und eben nicht mehr der Ort ist, an dem jeder als Individuum betrachtet wird und seine Chancen hat, diese Zäsur wird ja sowohl von Gerichten als auch von führenden Politikern in Amerika schwer kritisiert. Das Dekret hat offensichtlich auch vor dem obersten Gericht keinen Bestand. Deswegen glaube ich, dass die amerikanische Nation schon die Kraft hat, sich dieses Problems auch auf legaler Weise zu entledigen. Zweifellos müssen wir dazu klar unser Wort machen.
    Simon: Aber das heißt, wir protestieren und dann belassen wir es dabei?
    Hardt: In irgendeiner Weise Gegenmaßnahmen zu ergreifen, wo doch in Amerika eine breite und weite Stimmung da ist, dass dies eine falsche Entscheidung ist und dass dies insbesondere auch nicht hilft im Kampf gegen den Terrorismus, sondern im Gegenteil die Konfrontation vielleicht sogar noch erhöht, das ist im Grunde doch das, was wirken kann in dem Land. Wenn wir jetzt von außen auf Trump Druck ausüben, könnte ich mir vorstellen, dass das vielleicht eher gegenteilig bewertet wird.
    "Am ehesten nützt im Augenblick der massive Protest in Amerika"
    Simon: Sie sagen, das kann wirken in dem Land. Aber der Präsident zeigt sich ja sehr unbeeindruckt. Er hat ja heute Nacht gesagt, die Medien sind schuld.
    Hardt: Ja das ändert aber nichts daran, dass natürlich in Amerika die Verfassung gilt und dass die obersten Richter über die Einhaltung der Verfassung wachen und dass natürlich auch der Senat und das Abgeordnetenhaus ein wichtiges Wort mitzureden haben. Ich fand es sehr interessant, was der republikanische Verteidigungsausschuss-Vorsitzende im Senat, der Senator John McCain dazu gesagt hat. Er hat diese Maßnahme massiv kritisiert. Amerika muss schon aufpassen, dass es mit diesem Protektionismus in der Wirtschaftsfrage und mit dieser Abschottung gegenüber Muslimen nicht den Weg verlässt, der Amerika 200 Jahre lang groß gemacht hat, nämlich offen zu sein, frei zu sein, der Hort und das Zentrum der Freiheit in der Welt. Und Amerika verdient es nicht, jetzt innerhalb weniger Wochen oder gar Tage zurückgestoßen zu werden auf die Ebene von Ländern, die wir eigentlich mehr südlich der USA ansiedeln.
    Simon: Ja, Herr Hardt. Aber da mal Hand aufs Herz: Bei anderen Ländern, da wären wir gar nicht so zurückhaltend. Da würden wir jetzt schon mit den europäischen Partnern sprechen und uns vorbereiten, wie wir uns weiter verhalten. Warum tun wir das hier nicht?
    Hardt: Solche Gespräche finden mit Sicherheit statt. Die Frage ist, was nützt es. Ich glaube, am ehesten nützt im Augenblick der massive Protest in Amerika, die lauten Stimmen, die vom Hill, also aus dem Parlament Richtung Regierung kommen, und vor allem die Tatsache, dass die Gerichte, sowohl regionale Gerichte als auch eine oberste Bundesrichterin entschieden haben, dass diese Maßnahme so verfassungswidrig ist. Ich glaube, das ist eine Grenze, die in Amerika auch ein Präsident Trump nicht überschreiten kann.
    Simon: Das heißt doch anders ausgedrückt, wir gehen mit Trump um wie mit einem rohen Ei, aus Angst, dass er sonst noch mehr kaputt macht?
    Hardt: Ich halte nichts davon, wenn wir jetzt unsererseits das lautstark kritisieren und ihn dafür angreifen, weil das genau das ist, was seine Anhänger und was er möchte, dass er als Präsident Amerikas von außen Druck erfährt, dem er entsprechend entschlossen standhält. Ich glaube, das macht keinen Sinn. Amerika ist mehr als nur dieser Präsident und die letzten Tage, die letzten Stunden zeigten, dass in Amerika der Rechtsstaat und die Demokratie funktionieren. Ich glaube im Übrigen, dass wir im Blick auf die deutschen Staatsbürger in Amerika klar anmelden müssen, dass wir erwarten, dass selbstverständlich Deutsch-Iraner oder Deutsch-Jeminiten Einreise nach Amerika genießen so wie andere deutsche Staatsbürger auch. Aber das hat die Bundeskanzlerin in aller Klarheit wohl vorgetragen.
    "Der Präsident hat zweifellos eine Grenze überschritten"
    Simon: Die Folgen aber dieser Entscheidung, auch wenn sie nur temporär sein sollte, diese Entscheidung, und nicht verlängert wird, die betreffen aber auch uns direkt. Das ist nicht eine rein inneramerikanische Sache. Denn wenn Muslime jetzt sich als verfolgte Minderheit darstellen können in der Welt, das ist doch ein Fest für den IS.
    Hardt: Der Präsident hat damit zweifellos eine Grenze überschritten, die wir bisher im gemeinsamen Kampf gegen den IS hatten, dass wir nämlich klar gemacht haben, dass der IS eine terroristische Organisation ist, die sich zwar auf den Islam beruft, aber mit dem Islam und mit den vielen friedlichen islam-gläubigen Menschen in der Welt nichts zu tun hat. Diese Grenze wird in dem Augenblick überschritten, in dem jeder Muslim unter Generalverdacht gestellt wird, und darüber muss auch zu reden sein. Allerdings glaube ich, dass in Amerika die Diskussion mindestens so erbittert zu dieser Frage geführt wird, wie das bei uns hier in Europa der Fall ist.
    Simon: Ja. In Europa gibt es aber zum Beispiel auch CSU-Chef Seehofer, der Donald Trump gelobt hat, weil der mit Konsequenz und Geschwindigkeit seine Wahlversprechen Punkt für Punkt umsetze, auch wenn er, Seehofer, nicht jede Maßnahme für richtig halte. Das sei eben ein ganz anderer Politikstil als bei uns in Europa, lobt Seehofer. Herr Hardt, sind Sie auch fürs Regieren mit Dekreten?
    Hardt: Ich kann nicht verstehen, wie der Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzende diese Art von Aktionismus, von populistischem Aktionismus für kluge Politik halten kann. Ich glaube, dass gerade Bayern in großem Maße daran interessiert sein muss, dass Amerika ein weltoffenes Land bleibt. Ich glaube, kein anderes Bundesland in Deutschland hängt so sehr ab vom Export nach Amerika, und deswegen sollte Horst Seehofer, glaube ich, die gleiche kritische Haltung gegenüber diesem Präsidenten einnehmen, die wir auch einnehmen.
    "Das, was Donald Trump macht, führt in die mückigen Sümpfe"
    Simon: Gehen Sie davon aus, dass viele Leute in Deutschland im Prinzip das ganz gut finden, wenn Dinge anders angepackt werden a la Trump?
    Hardt: Ich glaube, dass da auf eine erste Erleichterung ein tiefer Schmerz folgen wird, denn das, was Donald Trump macht, führt ja in die mückigen Sümpfe. Das ist ja keine ausgefeilte Zukunftsstrategie, die das Land sicherer macht, wirtschaftlich stärker macht, größer macht, sondern das ist eine Politik, die in die Sackgasse führt. Protektionismus und Abschottung nach außen kann ein Land wie Amerika sich nicht leisten und von daher ist der Anfangserfolg, der vielleicht die Lufthoheit über den Stammtischen sicherstellt, führt zu einer Situation, dass anschließend ein Riesen-Katzenjammer herrschen wird, wenn sich die wirtschaftlichen Erfolge nicht einstellen, sondern im Gegenteil das Land runtergeht. Und wenn erst die New Yorker Börse begreift, in welche Richtung der Kurs Amerikas geht, dann glaube ich auch, dass Donald Trump erheblich in Bedrängnis kommt.
    Simon: Herr Hardt, Sie sind jetzt wieder unterwegs in die USA. Wir haben vor knapp zwei Monaten mal gesprochen, da waren Sie auch unterwegs in die USA, und da sagten Sie auf Nachfragen, ob es nicht mit Donald Trump etwas bedenklich sei, was er so plane, na ja, ich bin hier in New York, die Lichter brennen noch, alles halb so wild. Sagen Sie das jetzt auch noch?
    Hardt: Ja. Zumindest müssen wir feststellen, dass er sich in keiner Weise von den Dingen abkehrt, die er, wie wir fanden, radikal formuliert hat im Wahlkampf. Ich sehe weiterhin das, was mich im November auch darin bestärkt hat in meiner Haltung, nämlich dass es auf dem Hill, im Parlament massive andersdenkende Positionen gibt. Gerade auch der angesprochene Senator John McCain ist einer von diesen.
    Simon: …, der aber ziemlich einsam ist unter den Republikanern.
    Hardt: Das glaube ich nicht. Ich habe ja im November meine Gespräche geführt und habe den Eindruck gewonnen, dass Protektionismus und eine Anti-NATO-Politik mit diesem Senat nicht zu machen sein wird. Ich werde heute und morgen in Washington Gespräche führen, eben auch auf dem Hill, sicherlich auch mit Vertretern der Administration und werde unmissverständlich klarstellen, was wir von dieser Art von Politik halten.
    Simon: Jürgen Hardt, der Koordinator der Bundesregierung für transatlantische Beziehungen, jetzt unterwegs in die USA. Das Gespräch haben wir vor einer dreiviertel Stunde aufgezeichnet.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.