Die Abschreckung, auf die US-Präsident Trump setzt, funktioniert im Fall von Maria aus El Salvador nicht. Tausende Kilometer hat sie mit ihrem siebenjährigen Sohn zurückgelegt: zu Fuß, versteckt in LKW oder auf Dächern von Zügen, um der Lebensgefahr in ihrer Heimat zu entkommen. Dort herrschen in den Armenvierteln Jugendbanden, die Maras. In einer Migrantenherberge in Tijuana an der US-mexikanischen Grenze wartet die junge Mutter auf den geeigneten Moment zum Grenzübertritt.
Dass ihr das Kind dabei möglicherweise von US-Behörden weggenommen wird, nimmt sie Kauf: "Ich bin bereit, dieses Opfer zu bringen. So habe ich zumindest die Hoffnung, meinen Sohn eines Tages wiederzusehen. Wenn ich zurück in mein Land gehe, werde ich ihn verlieren. Dort wurde ich so oft bedroht. Dort habe ich Angst um unser Leben."
Schon mehr als 2300 Kinder von ihren illegal eingereisten Familien getrennt
Maria hatte vor allem Angst davor, ihren Sohn an die Maras zu verlieren, die sogar Minderjährige zwangsweise für ihre illegalen Geschäfte rekrutieren. Der Bandenterror in Mittelamerika gilt in den USA seit kurzem nicht mehr als Asylgrund. Seit die US-Regierung die Null-Toleranz-Politik ausgerufen hat, wurden schon mehr als 2300 Kinder von ihren illegal eingereisten Familien getrennt.
Die Eltern werden wie Kriminelle behandelt und inhaftiert, und ihre Kinder landen in Lagern oder Pflegefamilien. Einige mittelamerikanische Herkunftsländer, wie El Salvador und Guatemala bitten die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte um Hilfe.
Gestern protestierte Mexikos Außenminister Luis Videgaray: "Im Namen unserer Regierung und des mexikanischen Volkes verurteile ich diese grausame und unmenschliche Politik aufs Schärfste. Wir respektieren die Souveränität der USA und ihr Recht, über ihre Migrationspolitik zu entscheiden. Die illegale Einwanderung wird von Mexiko in keiner Weise unterstützt, aber wir können nicht gleichgültig sein, wenn es um Menschenrechtsverletzungen geht und um Kinder - wenn selbst Kinder mit Behinderung diese Behandlung erfahren."
Kaum mexikanische Kinder betroffen
Mexiko selbst ist von den Familientrennungen kaum betroffen: Nur ein Prozent der Kinder in den Lagern stamme aus Mexiko, so der Außenminister. Aber, das, was an der US-mexikanischen Grenze geschieht, geht nicht spurlos an seinem Land vorüber. Viele der Migranten aus Mittelamerika bleiben aus Angst hier. Ein Honduraner, der mit seinen zwei kleinen Kindern den weiten Weg in eine Migrantenherberge im Süden Mexikos geschafft hat, ist verzweifelt:
"Viele Freunde haben mir erzählt, dass die Situation an der US-Grenze sehr hässlich ist und dass sie Kinder von ihren Familien trennen. Deshalb werde ich jetzt erst einmal für einige Monate in Mexiko bleiben. Wenn sie dir deine Kinder wegnehmen, siehst du die Sache ganz anders."