Der Bericht der US-Geheimdienste, zusammengetragen vor allem von der CIA, dem FBI und der NSA, lässt keinerlei Raum für Zweifel: Russland und Staatspräsident Vladimir Putin persönlich sind für die Cyberangriffe während des amerikanischen Wahlkampfes verantwortlich zu machen – Putin habe angeordnet, durch Hackerattacken, durch Propagandamaßnahmen und durch faked news, also gezielte Falschinformationen, die amerikanischen Wahlen zu beeinflussen, heißt es in dem Bericht. Er war Präsident Obama bereits am Donnerstag vorgelegt worden und am Freitag Grundlage für eine ausführliche Unterrichtung des gewählten Präsidenten Donald Trump durch die größten Geheimdienste der USA.
Das Motiv Putins sei gewesen, das Vertrauen der Amerikaner in ihr politisches System zu untergraben und Donald Trump im Wahlkampf Vorteile zu verschaffen, indem seine demokratische Gegenkandidatin Hillary Clinton gezielt geschwächt und diskreditiert werden sollte. Das Ausmaß der russischen Cyberaktivitäten habe das bisher gekannte Maß weit überschritten, heißt es in dem Bericht, der am Freitagabend in einer gekürzten und um vertrauliche Informationen bereinigten Fassung veröffentlicht worden war. Er dürfte jetzt eine tiefgehende Diskussion über künftige Maßnahmen zur Cyberabwehr in den USA zur Folge haben.
Trump spricht von "politischer Hexenjagd"
So ließ Donald Trump nach seiner Unterrichtung durch die Geheimdienste in einer kurzen schriftlichen Erklärung mitteilen, er werde ein Team zusammenstellen, das binnen 90 Tagen ein Sofortprogramm zur effizienten Abwehr von Cyberangriffen vorlegen soll – die Methoden, Instrumente und Taktiken, die dabei zur Anwendung kommen werden, sollen nach dem Willen Trumps allerdings nicht zum Gegenstand öffentlicher Diskussionen werden.
Kurz vor seinem Treffen mit den Geheimdiensten hatte Trump in einem Interview mit der New York Times die Vorwürfe gegen Wladimir Putin noch als "politische Hexenjagd" bezeichnet. Nach der Begegnung deutete nichts darauf hin, dass er seine Haltung geändert haben könnte. Für den demokratischen Abgerodneten Adam Schiff, der als prominentes Mitglied im Geheimdienstausschuss über intime Sachkenntnisse verfügt, war das Anlass, den künftigen Präsidenten scharf zu kritisieren – er könne ja weiterhin auf bessere Beziehungen zu Russland hoffen, sagte er, aber Trump könne nicht mehr die Augen vor den Fakten verschließen.
Demokratin Harman warnt vor diplomatischem Kleinkrieg
Für nicht akzeptabel halten die Demokraten Trumps Einschätzung, wonach die russischen Hackeraktivitäten keinerlei Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt hätten. Für Adam Schiff steht außer Frage, dass die ständigen Enthüllungen der Internet-Plattform Wikileaks über die Demokraten die Kandidatin Hillary Clinton tatsächlich geschwächt haben.
Schiff forderte mit anderen hochrangigen demokratischen Politikern wirksame Strafmaßnahmen gegen Russland und eine Verschärfung der Sanktionen.
Die ehemalige Kongressabgeordnete Jane Harman, die heute Präsidentin des einflussreichen Think Tanks Wilson Center in Washington ist, sieht aber die Gefahr eines diplomatischen Kleinkriegs mit Russland. Das berge das Risiko einer schleichenden politischen Eskalation in sich.
Russische Intervention wird ihre Schatten über Trumps Amtszeit werfen
Allerdings ist auch Jane Harman davon überzeugt, dass die russischen Cyberaktivitäten während des amerikanischen Wahlkampfs kein Einzelfall bleiben werden. Sie prognostizierte ähnliche Interventionsversuche bei den kommenden Wahlen in Europa – und nannte als vermutlich prominentestes Ziel die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel als Vertreterin einer älteren Führungsgeneration in Europa.
Donald Trump wird die kommenden Tage jetzt dazu nutzen, um sich auf seine Inauguration am 20. Januar vorzubereiten. Nachdem der Kongress in einem politischen Ritual die Stimmen der Wahlmänner und –frauen offiziell ausgezählt hat, ist Donald Trump als 45. Präsident der Vereinigten Staaten als Wahlsieger bestätigt und kann nun vereidigt werden. Doch die russische Intervention bei diesem Wahlsieg wird ihre Schatten über seine Amtszeit werfen – und das Verhältnis der mächtigen Geheimdienste zu ihrem künftigen Dienstherrn dürfte nach dieser Affäre und nach Trumps politischem Flirt mit Vladimir Putin nachhaltig getrübt sein.