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US-Präsident in Polen
Hohe Erwartungen an Trump

Der Besuch von US-Präsident Donald Trump in Warschau wird von vielen Polen mit Spannung erwartet. Sie erhoffen sich unter anderem Unterstützung beim Kurs ihrer Regierung in der Flüchtlingspolitik. Doch es gibt auch Kritik und Proteste - wenn auch außer Sichtweite des Präsidenten.

Von Florian Kellermann |
    US-Präsident Donald Trump steigt am Flughafen Newark in ein Flugzeug ein (11.6.2017).
    US-Präsident Donald Trump reist heute nach Warschau. (AFP / Mandel Ngan)
    Schrauben und Hämmern am Krasinski-Platz im Zentrum von Warschau. Hier wird morgen Donald Trump seine Rede halten. Bisher stehen weder das Rednerpult noch die Tribüne. Auch den Anwohnern kommt die Vorbereitung auf das große Ereignis etwas verspätet vor:
    "Es wird wieder wie bei Obama, die Polizei wird hier alles absperren. Wie und wo, weiß ich nicht, uns hat niemand informiert. Unser Staat agiert sehr spontan, wissen Sie, man könnte das auch Durcheinander nennen", sagt ein älterer Herr. Aber ihm sei das egal, er habe nichts vor in den nächsten beiden Tagen.
    Der Krasinski-Platz ist ein symbolischer Ort: Hier steht das Denkmal für den Warschauer Aufstand gegen die deutschen Besatzer im Zweiten Weltkrieg. Damals halfen amerikanische Piloten den polnischen Aufständischen. Morgen soll Trump der polnischen Regierung gegen die - angeblich von Deutschland dominierte - EU den Rücken stärken, unter anderem gegen deren Flüchtlingspolitik. So sieht es jedenfalls die polnische Regierung.
    Vorbereitungen für den Trump-Besuch in Warschau
    Vorbereitungen für den Trump-Besuch in Warschau (Deutschlandradio/Florian Kellermann)
    Für Rafal Balinski jedoch, der seinen Hund über den Platz führt, sind praktische Fragen viel wichtiger:
    "Ich habe die Infolinie der Stadt Warschau angerufen und erfahren, dass ich den ganzen Donnerstag über, 24 Stunden lang, nicht von der Straße in meine Wohnung komme. Oder aus der Wohnung heraus. Meine Freundin und ich haben uns jetzt bei Bekannten einquartiert."
    Von Trump hält der 28-Jährige zwar nicht viel, auch nicht von der polnischen Regierung. Trotzdem: Dass der US-Präsident schon jetzt nach Polen komme, noch vor Deutschland und Frankreich, das sei wohl ein Erfolg für die Regierungspartei PiS, meint er.
    "Trump kann ein für Polen besonderer US-Präsident werden"
    An der einen Seite des Krasinski-Platzes stehen das lang gezogene Gebäude des Obersten Gerichtshofs, und - vor dessen kupferverkleidetem Säulengang - einige Campingwagen und Zelte. Deren Insassen protestierten für eine gerechtere Justiz, sagt Adam Slomka, der Koordinator des Protests:
    "Wir wollen versuchen, auch während Trumps Rede hier zu bleiben. Bisher wissen wir nichts Konkretes. Die Amerikaner haben nichts dagegen, haben wir gehört, aber unser polnischer Geheimdienst will uns vertreiben. Wir müssen jeden Moment damit rechnen, dass wir angegriffen werden."
    Auch, ob er Trump unterstützen soll, weiß der 52-Jährige nicht. Der Unternehmer bezeichnet sich zwar selbst als konservativ. Aber der US-Präsident sei ihm zu unberechenbar. Außerdem solle er erst unter Beweis stellen, dass er nicht mit der russischen Regierung unter einer Decke stecke.
    Ortswechsel: Anhänger der rechtskonservativen Regierungspartei PiS bereiten sich auf Trump vor. Sie gehören dem "Klub der Gazeta Polska" an, einer patriotischen Wochenzeitung. Die Regierung hat ihnen zwar etliche Eintrittskarten für Trumps Rede zukommen lassen. Gerade aber haben die Versammelten erfahren, dass sie keine Fahnen mitnehmen dürfen, aus Sicherheitsgründen. Der Vorsitzende Adam Borowski rät, sich wenigstens T-Shirts anzuschaffen, wahlweise mit dem weißen Adler, dem polnischen Wappentier, oder mit den US-amerikanischen Stars and Stripes:
    "Trump kann ein für Polen besonderer US-Präsident werden. Er könnte sich dafür einsetzen, dass die USA die Visumspflicht für uns aufheben. Und dann wird er uns in unserem Kurs unterstützen, keine Immigranten aufzunehmen. Denn die meisten, die in den vergangenen Jahren nach Europa gekommen sind, sind doch Wirtschaftsflüchtlinge."
    So sehen das auch die meisten Politiker der PiS. Und selbst die liberale Opposition stimmt dem schweigend zu, schließlich hält auch sie die USA für den wichtigsten Garanten der polnischen Sicherheit.
    Proteste außer Sichtweite
    Nur wenige Warschauer werden also morgen protestieren gegen Trump. Dafür aber besonders originell: In der Zentrale der linken Partei "Razem" wird eifrig Stoff geschnitten und genäht. Bis morgen sollen mindestens 20 Kostüme fertig sein, Frauenkostüme aus einer Fernsehserie, die in einer düsteren Zukunftsvision die schleichende Versklavung der Frauen vorhersieht. Die Grafikerin Katarzyna Kowalska bringt gerade gekonnt einen Saum an:
    "Uns als Frauen tut vor allem Trumps Sexismus weh. Zum Beispiel will er den Frauen das Recht auf Abtreibung nehmen. Bei uns in Polen ist dieses Recht auch stark eingeschränkt. In der Serie beginnt es auch scheinbar harmlos, damit, dass wir einige Rechte verlieren. So wie jetzt in Polen."
    Katarzyna Kowalska näht Kostüme für den Anti-Trump-Protest in Warschau
    Katarzyna Kowalska näht Kostüme für den Anti-Trump-Protest in Warschau (Deutschlandradio/Florian Kellermann)
    Aber auch die kleine Protestkoalition, der weitere außerparlamentarische Organisationen angehören, blickt noch etwas unsicher auf morgen. Die Stadtverwaltung hat ihr zwar in letzter Minute einen Ort zum Demonstrieren zugewiesen - außer Sichtweite von Donald Trump, versteht sich. Doch es bleibe ein großes Aber, sagt Barbara Wycisk von der Partei "Razem":
    "So viele Straßen werden gesperrt sein, dass ich gar nicht sicher bin, ob wir zu diesem Ort vordringen können. Ich hoffe, dass die Polizei uns nicht doch noch einen Strich durch die Rechnung macht."
    Wie immer in Polen: Am Schluss wird wahrscheinlich doch alles klappen. Und Trump wird, wie von ihm gewünscht, einmal wieder vor vielen begeisterten Zuhörern sprechen können.