Ein vierjähriges Grundstudium an der Harvard Universität kostet fast eine Viertelmillion Dollar - Schluss damit, sagen fünf Absolventen der Harvard Universität. Sie wollen jetzt in den Aufsichtsrat der Hochschule gewählt werden - mit dem erklärten Ziel, das Zulassungsverfahren der Kaderschmiede transparenter zu machen und die Studiengebühren abzuschaffen.
Und das sei nur der Anfang, sagt Ron Unz, ein erzkonservativer Politiker aus Kalifornien, der die Initiative "Free Harvard/Fair Harvard" gestartet hat:
"Wenn Harvard die Studiengebühren abschafft, Princeton, Yale und Stanford aber weiterhin 60.000 Dollar pro Jahr verlangen, dann werden die Eltern der Studierenden Protestmärsche vor den Unis organisieren, bis auch sie umsonst sind. Das würde eine Flutwelle auslösen, die über Universitäten in ganz Amerika schwappt."
Es geht dabei nicht allein um billigeres Studieren: Kritiker warnen, das eigentliche Ziel konservativer Gebührengegner wie Ron Unz sei, die Regelungen zu beseitigen, die Minderheiten den Zugang zur Hochschule erleichtern. Denn in der Diskussion um die Studiengebühren geht es auch darum, welche Bevölkerungsgruppen die Chance bekommen, in der Zukunft Teile der amerikanischen Führungseliten zu stellen.
Die Leitung der Universität denkt anders
Ron Unz versucht mit Zahlen zu überzeugen: Die reichste Uni der Welt brauche pro Jahr nur vier Prozent ihres Einkommens aus dem steuerfreien Stiftungsvermögen von 37,6 Milliarden Dollar, um ein kostenloses Studium aller 6.700 Undergraduates zu bezahlen. Harvards Studiengebühren sind seit der Finanzkrise um 15.000 Dollar gestiegen, zugleich hat sich das Stiftungsvermögen um 11,6 Milliarden Dollar vermehrt hat. Da stimmt doch was nicht, sagt Ron Unz:
"Harvard hat sich in einen riesigen Hedgefonds verwandelt, der nebenbei ein kleines College leitet, damit er keine Steuern zu bezahlen braucht."
Auch Ralph Nader, der ehemalige US-Präsidentschaftskandidat der Grünen, gehört der Initiative an. Doch die Leiter der Universität und viele Studierende denken anders. Ein Großteil des Stiftungsvermögens sei auf ausdrücklichen Wunsch der Spender zweckgebunden und darf nicht einfach ausgegeben werden. Außerdem würde die Studiengebührenfreiheit auch für Besserverdiener gelten - ein großer Fehler, warnte die Chefredaktion der Studentenzeitung Harvard Crimson kürzlich in einem Leitartikel. Robert Shand, ein Hochschulexperte an der Columbia Universität in New York, stimmt dem zu:
"Ich glaube nicht, dass Amerikaner ein Interesse daran haben, die Studiengebühren reicher Leute zu subventionieren. Die Vorstellung, dass die Krebsforschung gekürzt wird, damit das Kind eines Millionärs an der Harvard-Universität studieren kann, gefällt ihnen bestimmt nicht."
Washington setzt die reichen Unis unter Druck
Hinzu kommt: Das Harvard Studium ist für viele bereits jetzt schon kostenlos. Denn die Gebühren entfallen, wenn das Einkommen der Familie unter 60.000 Dollar liegt, sagt Jeannie Parks, Harvard Absolventin und Mitbegründerin der "Koalition für ein diverses Harvard", die heftig gegen die "Free Harvard/Fair Harvard"-Initiative kämpft.
"Harvard hat sehr viel getan, um allen ein erschwingliches Studium zu ermöglichen. Wir brauchen kein kostenloses Studium für alle. Besser wäre, wenn sich die Universität entschliessen würde, noch viel mehr Finanzierungsmöglichkeiten für Studierende aus unterprivilegierten Familien zu schaffen. Wie können sie noch unterstützt werden, wenn sie nach Harvard kommen und sich in einer fremden Umgebung neu orientieren müssen?"
Darauf drängt auch die Politik. Während die 323.000 ehemaligen Harvard Studierenden, die für die Wahl der neuen Mitglieder im Aufsichtsrat zuständig sind, gespannt auf das Ergebnis warten, das am 26. Mai verkündet wird, setzt Washington die 56 reichsten US-Universitäten unter Druck. Politiker haben vorgeschlagen, ihren Stiftungen die Steuerfreiheit zu entziehen, wenn sie nicht viel mehr Geld ausgeben, um Studierende aus Familien mit geringen Einkünften zu unterstützen. Ob es dazu kommt, muss sich erst noch zeigen.