Die Allmacht der Wirtschaftsbosse und Lobbygruppen, die Korrumpierbarkeit der politischen Klasse und die Machtlosigkeit des Einzelnen – alarmierende Trends, die eine Welle von Zorn und Unzufriedenheit über die USA spülen.
Und die Präsidentschaftskandidaten hervorgebracht haben, die gegen das politische Establishment zu Felde ziehen. Sei es der Demokrat Bernie Sanders, der Hillary Clinton monatelang das Leben schwer gemacht hat. Oder der Republikaner und Immobilienmogul Donald Trump. Der punktet nicht nur mit seiner Vulgärrhetorik, sondern auch damit, dass er seinen Wahlkampf selbst finanziert und deshalb unabhängig sei.
Den Boden für das toxische Getöse hat eine fortschreitende Aushöhlung der liberalen Demokratie in Amerika bereitet, eine Krise eben jenes Systems von Checks and Balances, das die USA so lange zum Vorbild für Freiheit und sozialen Aufstieg machte.
Das zumindest ist die These des neuen Buchs von Josef Braml, Amerikaexperte bei der "Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik". Eine Analyse, wie maßgeschneidert für den Wahlkampf.
"Ich glaube, dass keiner Donald Trump erwartet hat. Aber es war deutlich, dass die Amerikaner genug vom politischen System haben, genug vom "business as usual", dass sich sehr viel Protest schon vorher artikuliert.
Das Versagen demokratischer Prozesse, so Braml, manifestiere sich in allen Politikbereichen – Wirtschaft, Handel und Finanzwesen, Innen- und Sozialpolitik, Außen- und Sicherheitsfragen.
Und die Präsidentschaftskandidaten hervorgebracht haben, die gegen das politische Establishment zu Felde ziehen. Sei es der Demokrat Bernie Sanders, der Hillary Clinton monatelang das Leben schwer gemacht hat. Oder der Republikaner und Immobilienmogul Donald Trump. Der punktet nicht nur mit seiner Vulgärrhetorik, sondern auch damit, dass er seinen Wahlkampf selbst finanziert und deshalb unabhängig sei.
Den Boden für das toxische Getöse hat eine fortschreitende Aushöhlung der liberalen Demokratie in Amerika bereitet, eine Krise eben jenes Systems von Checks and Balances, das die USA so lange zum Vorbild für Freiheit und sozialen Aufstieg machte.
Das zumindest ist die These des neuen Buchs von Josef Braml, Amerikaexperte bei der "Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik". Eine Analyse, wie maßgeschneidert für den Wahlkampf.
"Ich glaube, dass keiner Donald Trump erwartet hat. Aber es war deutlich, dass die Amerikaner genug vom politischen System haben, genug vom "business as usual", dass sich sehr viel Protest schon vorher artikuliert.
Das Versagen demokratischer Prozesse, so Braml, manifestiere sich in allen Politikbereichen – Wirtschaft, Handel und Finanzwesen, Innen- und Sozialpolitik, Außen- und Sicherheitsfragen.
Lobbyisten sind gewichtig in der US-Politik
Und alle seien miteinander verflochten. Beispiel: der militärisch-industrielle Komplex, vor dem US-Präsident Dwight D. Eisenhower schon 1961 warnte.
Der aktuelle Militärhaushalt der USA beträgt knapp 560 Milliarden Dollar. Nutznießer sind Rüstungsgiganten wie Lockheed Martin und Boeing.
"Diese Firmen können gewichtige Argumente in die politische Willensbildung und Entscheidungsfindung in Washington einbringen. Denn durch Waffenexporte und Aufrüstung des eigenen Landes werden angeblich nicht nur das Heimatland, sondern auch Arbeitsplätze gesichert."
Der Autor widmet sich auch dem wachsenden Einfluss von Netzwerken, vor allem Lobbygruppen und Think Tanks. Sie profitieren von der traditionell schwachen Rolle der Parteien in den USA, sagt Braml.
"In den USA gibt es keine Parteien nach unserem Verständnis. Parteien sind in diesem System nur bessere Wahlvereine, und selbst diese Minimalfunktion haben sie schon an Interessengruppen und vermögende Einzelne abgegeben."
Schlüsselrolle politiknaher Forschungsinstitute
Der aktuelle Militärhaushalt der USA beträgt knapp 560 Milliarden Dollar. Nutznießer sind Rüstungsgiganten wie Lockheed Martin und Boeing.
"Diese Firmen können gewichtige Argumente in die politische Willensbildung und Entscheidungsfindung in Washington einbringen. Denn durch Waffenexporte und Aufrüstung des eigenen Landes werden angeblich nicht nur das Heimatland, sondern auch Arbeitsplätze gesichert."
Der Autor widmet sich auch dem wachsenden Einfluss von Netzwerken, vor allem Lobbygruppen und Think Tanks. Sie profitieren von der traditionell schwachen Rolle der Parteien in den USA, sagt Braml.
"In den USA gibt es keine Parteien nach unserem Verständnis. Parteien sind in diesem System nur bessere Wahlvereine, und selbst diese Minimalfunktion haben sie schon an Interessengruppen und vermögende Einzelne abgegeben."
Schlüsselrolle politiknaher Forschungsinstitute
Mehr als 200.000 Interessengruppen sind in den USA aktiv und werden häufig von finanzstarken Konzernen mit üppigen Spenden gefüttert.
Eine Schlüsselrolle spielen auch politiknahe Forschungsinstitute – und zwar als Ideenproduzent und Personalagentur zugleich.
"In diesem Drehtürsystem werden Personen und mit ihnen auch Ideen und Interessen zwischen staatlichen Behörden, Abgeordnetenbüros, Unternehmen, Think Tanks, Anwaltskanzleien und Interessengruppen ständig ausgetauscht."
Besonders hart geht Braml mit den Medien ins Gericht. Vor allem das Fernsehen sei längst Teil des politischen Kampfes geworden. Auch von der Wächterfunktion der Medien sei wenig übrig geblieben – insbesondere seit der Oberste Gerichtshof die Regulierung von Wahlkampfspenden als Einschränkung der Meinungsfreiheit für verfassungswidrig erklärt habe.
"Die Werbespots in Radio und Fernsehen verschlingen den Großteil der für den Normalbürger unvorstellbaren Summen an Wahlkampfgeldern. (...) Die Medien, die von diesem Geldsegen ganz gut leben, sind verständlicherweise die verlässlichsten Anwälte der Redefreiheit und politisieren gegen jegliche Beschränkung von Wahlkampfspenden."
Schließlich: die Außenpolitik. Schon früher hat in den USA der äußere Feind häufig für innere Stabilität gesorgt und dem Präsidenten Handlungsspielräume eröffnet. Das war im Kalten Krieg so, ebenso wie beim Kampf gegen den Terror nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Jetzt habe Amerika einen neuen Feind ins Visier genommen, schreibt Braml:
"Damit das Militärbudget nicht allzu sehr schrumpft, (...) werden Rüstungslobbyisten nicht müde werden, auf die Gefahr hinzuweisen, dass China durch kontinuierliche Aufrüstung die unangefochtene Vormachtstellung der USA in Asien irgendwann herausfordern könnte."
Anders als in Deutschland und Europa drückt sich der Protest der amerikanischen Wutbürger allerdings nicht im Aufstieg bestimmter Parteien aus, sondern eben im Erfolg von Kandidaten wie Donald Trump.
Und der sei so problematisch, dass am Ende vielleicht doch das politische Establishment siegen könne, meint Braml:
"Gegen Donald Trump könnte sogar Hillary Clinton gewinnen. Es hätte ja eine Reihe anderer Kandidaten gegeben, gegen die sie sich sehr viel schwerer getan hätte. Aber selbst gegen Donald Trump ist der Sieg noch nicht ausgemacht. Hillary Clinton hat zu viel politisches Gepäck. "
Sei es ihr Votum für den Irak-Krieg oder ihre Rolle in der Bengasi-Affäre.
Auf Kosten der Freiheit: Josef Braml hat eine sauber recherchierte und klar geschriebene Analyse über die komplexe Matrix der Macht und das Systemversagen der Demokratie in Amerika vorgelegt. Auch wenn der Autor den ein oder anderen anti-amerikanischen Reflex bedient, vermeidet er dennoch plumpes Amerika-Bashing. Vielmehr dient seine Analyse als Handbuch, als Navigationshilfe und als Kommentar für das Wahljahr 2016 in den USA.
Eine Schlüsselrolle spielen auch politiknahe Forschungsinstitute – und zwar als Ideenproduzent und Personalagentur zugleich.
"In diesem Drehtürsystem werden Personen und mit ihnen auch Ideen und Interessen zwischen staatlichen Behörden, Abgeordnetenbüros, Unternehmen, Think Tanks, Anwaltskanzleien und Interessengruppen ständig ausgetauscht."
Besonders hart geht Braml mit den Medien ins Gericht. Vor allem das Fernsehen sei längst Teil des politischen Kampfes geworden. Auch von der Wächterfunktion der Medien sei wenig übrig geblieben – insbesondere seit der Oberste Gerichtshof die Regulierung von Wahlkampfspenden als Einschränkung der Meinungsfreiheit für verfassungswidrig erklärt habe.
"Die Werbespots in Radio und Fernsehen verschlingen den Großteil der für den Normalbürger unvorstellbaren Summen an Wahlkampfgeldern. (...) Die Medien, die von diesem Geldsegen ganz gut leben, sind verständlicherweise die verlässlichsten Anwälte der Redefreiheit und politisieren gegen jegliche Beschränkung von Wahlkampfspenden."
Schließlich: die Außenpolitik. Schon früher hat in den USA der äußere Feind häufig für innere Stabilität gesorgt und dem Präsidenten Handlungsspielräume eröffnet. Das war im Kalten Krieg so, ebenso wie beim Kampf gegen den Terror nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Jetzt habe Amerika einen neuen Feind ins Visier genommen, schreibt Braml:
"Damit das Militärbudget nicht allzu sehr schrumpft, (...) werden Rüstungslobbyisten nicht müde werden, auf die Gefahr hinzuweisen, dass China durch kontinuierliche Aufrüstung die unangefochtene Vormachtstellung der USA in Asien irgendwann herausfordern könnte."
Anders als in Deutschland und Europa drückt sich der Protest der amerikanischen Wutbürger allerdings nicht im Aufstieg bestimmter Parteien aus, sondern eben im Erfolg von Kandidaten wie Donald Trump.
Und der sei so problematisch, dass am Ende vielleicht doch das politische Establishment siegen könne, meint Braml:
"Gegen Donald Trump könnte sogar Hillary Clinton gewinnen. Es hätte ja eine Reihe anderer Kandidaten gegeben, gegen die sie sich sehr viel schwerer getan hätte. Aber selbst gegen Donald Trump ist der Sieg noch nicht ausgemacht. Hillary Clinton hat zu viel politisches Gepäck. "
Sei es ihr Votum für den Irak-Krieg oder ihre Rolle in der Bengasi-Affäre.
Auf Kosten der Freiheit: Josef Braml hat eine sauber recherchierte und klar geschriebene Analyse über die komplexe Matrix der Macht und das Systemversagen der Demokratie in Amerika vorgelegt. Auch wenn der Autor den ein oder anderen anti-amerikanischen Reflex bedient, vermeidet er dennoch plumpes Amerika-Bashing. Vielmehr dient seine Analyse als Handbuch, als Navigationshilfe und als Kommentar für das Wahljahr 2016 in den USA.
Josef Braml:
Auf Kosten der Freiheit, Quadriga Verlag, 270 Seiten, 22 Euro, ISBN: 978-3-86995-086-0
Auf Kosten der Freiheit, Quadriga Verlag, 270 Seiten, 22 Euro, ISBN: 978-3-86995-086-0