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Verbalnote an Bundesregierung
Türkei verlangt Strafprozess gegen Böhmermann

Der Streit um die "Schmähkritik" am türkischen Präsidenten von Jan Böhmermann geht in die nächste Runde: Laut einem Medienbericht erwartet die Regierung in Ankara nun eine Strafverfolgung. So könnten die laufenden Ermittlungen tatsächlich rechtliche Folgen für den TV-Moderator haben.  

    Der Schauspieler Max Mauff hält am 08.04.2016 in Marl (Nordrhein-Westfalen) vor der Verleihung der Grimmepreise eine Plakat mit der Aufschrift "Vermisst", das auf die Abwesenheit des Satirikers Jan Böhmermann hin weist.
    "Vermisst" wurde Jan Böhmermann von Schauspieler Max Mauff bei der Grimme-Preis-Verleihung - er hatte seine Teilnahme kurzfristig abgesagt. (picture alliance / dpa / Henning Kaiser)
    Dem Auswärtigen Amt liegt eine sogenannte Verbalnote des türkischen Botschafters vor, berichtet der Berliner "Tagesspiegel". Regierungskreise hätten das bestätigt und erklärt, die Bundesregierung werde ihren Inhalt "sorgfältig und so zügig wie möglich prüfen" und dann entscheiden, wie damit weiter zu verfahren sei, heißt es weiter. An diesem Montag kämen Mitarbeiter des Bundeskanzleramts, des Außenministeriums und des Justizressorts in der Sache zusammen.
    In der Sache ermittelt bereits die Staatsanwaltschaft Mainz. Dabei geht es um den Vorwurf der Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten. Es seien rund 20 Strafanzeigen von Privatpersonen eingegangen, teilte die Behörde Mitte der vergangenen Woche mit. Nun werde geprüft, ob die formalen Voraussetzungen für eine Strafverfolgung erfüllt seien. Dies sei nur möglich, wenn die türkische Regierung ein Strafverfahren verlange und die Bundesregierung eine Ermächtigung erteile.
    Dem "Tagesspiegel"-Bericht zufolge hat die Bundesregierung den türkischen Erwartungen bereits unter Hinweis auf die Presse-, Meinungs- und Kunstfreiheit nicht widersprochen. Eine Zustimmung zur Forderung aus der Türkei sei demnach nicht auszuschließen.
    Bis zu fünf Jahre Haft sind möglich
    Böhmermann hatte in seiner Satiresendung "Neo Magazin Royale" Erdogan mit Worten unter der Gürtellinie angegriffen - und vorher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass so etwas in Deutschland nicht erlaubt sei. Er selbst sprach von einer "Schmähkritik". Das ZDF distanzierte sich von dem Auftritt und strich die Aufnahme aus dem Archiv.
    Die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder einer Geldstrafe geahndet werden. Allerdings muss sich das beleidigte Staatsoberhaupt zum Zeitpunkt der Beleidigung laut Paragraf 103 im Strafgesetztbuch im Inland befinden. Erfolgt die Beleidigung mit verleumderischer Absicht, kann sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahre verhängt werden.
    (bor/tzi)