Meurer: Der Bund für Umwelt- und Naturschutz, BUND, moniert, die Bundesregierung habe sich unglaubwürdig gemacht, hat sie das gestern?
Trittin: Nein, die Bundesregierung hat das gemacht, was sie angekündigt hat, nämlich saubere Fahrzeuge, die gleichzeitig sparen, sind steuerlich zu begünstigen, wenn sie gekauft werden, bevor die neue Abgasnorm Euro 5 gilt. Das tut sie angemessen zu den Kosten eines neuen Rußpartikelfilters. Und insofern ist das erstmal - und so sieht das im übrigen auch die große Mehrheit der Umweltorganisationen jenseits des BUND - ein Durchbruch für den Dieselfilter.
Meurer: Was ist mit Dieselautos, die in diesem Jahr 2005 gekauft werden?
Trittin: Wir gehen davon aus, dass auch diese Fahrzeuge davon profitieren. Es macht ja keinen Sinn, dass jemand, der ein neues Fahrzeug heute kauft, sich mit diesem Kauf zurückhält oder eben ein nicht gefiltertes Fahrzeug holt. Da sind wir uns mit dem Finanzministerium einigen. Wichtiger aber und insofern muss ich die Aufmerksamkeit schon ein bisschen von den Neufahrzeugen weglenken, wichtiger ist es, dass es gelungen ist, auch und gerade für die Nachrüstung von Fahrzeugen eine steuerliche Begünstigung zu haben. Damit erfassen wir die Masse der Fahrzeuge im Bestand und das sind nun mal sehr viel mehr als die jeweils neugekauften.
Meurer: Eine Nachrüstung kostet angeblich tausend Euro, gefördert wird die Nachrüstung mit 250 Euro. Ist das ein ausreichender Anreiz?
Trittin: Ich gehe davon aus, dass dieser Anreiz so ist, dass sehr viele davon Gebrauch machen werden. Das ist die Erfahrung, die wir gemacht haben, schon bei der Einführung des Katalysators. Auch damals hat man für alte Fahrzeuge den ungeregelten Katalysator eingeführt. Und es wird auch im Bereich der Nachrüstsätze genau das gleiche passieren wie bei den neuen Fahrzeugen. Da kostete vor anderthalb Jahren ein Partikelfilter noch 600, der Preis hat sich heute halbiert, weswegen wir auch mit der Förderung runtergehen konnten.
Meurer: Nun gibt es, Herr Trittin, ein entscheidendes Problem, nämlich der Bundesrat muss zustimmen, die Kfz-Steuer ist ja eine Einnahme für die Länder und da gibt es jetzt eine ganze Reihe von Ländern, Finanzminister, die sagen, die Förderung kostet eins bis 1,5 Milliarden Euro, das können und wollen wir nicht oder nicht alleine bezahlen. Scheitert die Sache an den Ländern?
Trittin: Das müssen Sie die Länder fragen. Die Länder profitieren von den erhöhten, man könnte auch sagen überhöhten und nicht mehr gerechtfertigten Steuersätze für Dieselfahrzeuge bei der Kfz-Steuer, insbesondere der Trend, der hingeht, immer mehr Diesel zu kaufen, führt dazu, dass die Länder in den nächsten zehn Jahren Mehreinnahmen von über elf Milliarden haben werden. Diese Mehreinnahmen gegengerechnet gegen die steuerliche Subvention für das saubere Fahrzeug, da bleibt für die Länder sehr, sehr viel Geld übrig. Ich habe mit Interesse vernommen, dass bereits im Oktober 2003 alle Umweltminister und übrigens auch alle Finanzminister eine solche steuerliche Förderung gefordert haben. Diese Forderung setzen wir nun um und insofern bin ich etwas verwundert über die Reaktion einzelner Finanzminister in den Ländern.
Meurer: Die berufen sich darauf, dass schon lange beschlossen worden sei innerhalb der Länder, dass diese steuerliche Änderung aufkommensneutral sein soll. Liegt die Lösung, Herr Trittin, darin, dass dann eben die Steuer für nicht...
Trittin: Entschuldigen Sie, sie ist mehr als aufkommensneutral. Die Länder profitieren, wenn ich das mal zusammenrechne mit ungefähr neun Milliarden von dem Trend zum Diesel. Dieser Nettogewinn der Länder kann wohl nicht den Autofahrern angelastet werden, dass hier in diesem Ausmaße durch die höhere Kfz-Steuer die Länderhaushalte profitieren. Ich bin wie gesagt sehr verwundert. Aufkommensneutralität hätte eigentlich einen größeren Steuervorteil erlaubt. Wir sind da sehr, sehr zurückhaltend gewesen, weil wir natürlich auch die Situation der Haushalte der Länder im Kopf haben.
Meurer: Werden Sie sich also dagegen stellen, dass die Lösung darin liegt, Fahrzeuge ohne den Filter künftig höher zu besteuern?
Trittin: Wir haben vor, einen Gesetzesentwurf zu machen, der eine steuerliche Begünstigung vorsieht und nicht irgendwelche anderen Maßnahmen, da sich dieses aus dem jetzigen System der Kfz-Steuer zugunsten der Länder heraus rechnet, eine zusätzliche Bestrafung von anderen Leuten wird nicht in dem Gesetzentwurf stehen, den wir vorlegen.
Meurer: Nun sagen manche, Dieselfahrzeuge werden doch sowieso gekauft, warum brauchen wir überhaupt noch eine zusätzliche steuerliche Förderung dafür?
Trittin: Weil wir aufgrund des Kaufs von Dieselfahrzeugen und wir wollen ja nicht den Kauf von Dieselfahrzeugen begünstigen, sondern die Einführung des Partikelfilters, weil aufgrund des Trends zum Diesel hin wir in den Städten ein wachsendes Problem mit krebserzeugenden, Kreislaufbeschwerden auslösende Partikeln haben, diese Belastung mit Partikeln ist die größte luftpolitische Herausforderung wenn man so will, wenn wir an dieser Stelle nicht an der Quelle nämlich in den Fahrzeugen diese Partikel vermindern, werden wir über kurz oder lang Fahrverbotsdiskussionen und ähnliches haben und das wird dann - auch mal mit Blick auf die Länder gesagt - unter dem Strich für die Länderhaushalte sehr, sehr viel teurer werden.
Meurer: Das war Bundesumweltminister Jürgen Trittin von Bündnis90/Die Grünen bei uns heute morgen im Deutschlandfunk. Herr Trittin, besten Dank und auf Wiederhören.