"Im Moment geht es mir noch ganz gut - ich studiere. Aber bald kommt die Jobsuche und das wird schwierig. Denn hier gibt es ja keine Arbeit. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Vielleicht auswandern? Dass es keine Jobs gibt, ist für uns wirklich das größte Problem."
Die Arbeitslosigkeit auf Gran Canaria ist höher als in den meisten spanischen Regionen auf dem Festland. Mehr als die Hälfte der Unter-25-Jährigen sucht einen Job. Denn neben dem Tourismus gibt es nicht viel auf der Insel - kaum Industrie, nur wenig Landwirtschaft.
José erzählt von Freunden, die seit Monaten eine Stelle suchen. Viele von ihnen hatten auf Baustellen gearbeitet. Doch die Bauwirtschaft liegt überall in Spanien am Boden. Josés Freundin Maria befürchtet, dass die Krise noch lange nicht zu Ende ist.
"Auch ich sehe für mich keine Zukunft hier auf den Kanarischen Inseln. Nach dem Studium werde ich wohl wegziehen. Selbst wenn meine Familie das nicht so gerne sehen würde. Die Krise trifft uns eben alle hart."
Auch diejenigen, die noch zur Schule gehen - wie den 17-jährigen Luis. Er wohnt mit seinen Eltern in Telde, einem Ort südlich von Las Palmas. Sein Vater hatte bei einem Versicherungskonzern gearbeitet. Vor zwei Monaten ist er entlassen worden. Seitdem reiche das Geld nicht mehr, erzählt Luis.
"Ich kann zum Beispiel nicht mehr so oft ins Kino gehen, das ist zu teuer. Ich bin ganz ehrlich: Jetzt mache ich ein bisschen mehr für die Schule und bleibe einfach öfter mal zu Hause, anstatt mit Freunden wegzugehen."
Wie sehr die junge Generation auf Gran Canaria unter der Krise zu leiden hat, beobachtet auch Manfred Schock. Der evangelische Pfarrer leitet eine deutsche Kirchengemeinde in Maspalomas - eine Touristenstadt im Süden der Insel:
"Was sehr gut läuft hier, ist, dass die Familien sehr stark zusammenhalten. Und wenn jemand Probleme hat, dann wird er von der Familie aufgenommen und versorgt, sodass also keine unmittelbare wirtschaftliche Not direkt herrscht. Aber: Die Menschen haben keine Perspektive für die Zukunft."
Zukunftsängste und finanzielle Probleme machen erfinderisch. Die 26-jährige Ana aus Las Palmas bessert sich ihren Kontostand auf eine sehr umstrittene Art auf: Sie spendet Eizellen. In Deutschland ist das gesetzlich verboten - in Spanien aber völlig legal. Private Kliniken im ganzen Land machen Werbung dafür und zahlen Eizellenspenderinnen eine so genannte Aufwandsentschädigung von bis 1000 Euro. Denn die jungen Frauen müssen neben einer Hormonbehandlung auch einen Eingriff unter Vollnarkose über sich ergehen lassen.
"Das ist kein regelmäßiges Monatsgehalt. Aber Geld, mit dem ich zum Beispiel meiner Familie helfe. Und ich brauche es auch, um die Einschreibegebühr für meinen Master-Studiengang zu bezahlen."
Die katholische Kirche in Spanien kritisiert Eizellenspenden. Aus ihrer Sicht verstoßen sie gegen die Menschenwürde - Frauen seien großen psychischen und physischen Problemen ausgesetzt. Manfred Schock ist zwar ein evangelischer Pfarrer, aber auch er ist gegen die Eizellenspende.
"Hier geht es ja nicht in erster Linie um den Gedanken, jemand anderem helfen zu wollen, sondern es ist ein wirtschaftlicher Prozess, der hier stattfindet. Und es ist eigentlich ein Ausnutzen von Armut. Die meisten Frauen, denke ich, werden das nur tun, weil sie finanziell darauf angewiesen sind, irgendwie zu Geld zu kommen. Und nicht, weil sie überzeugt sind, das ist etwas Gutes, was ich da tue für den Rest der Welt, für die Menschheit."
Ana hört bei solcher Kritik weg. Für sie zählt vor allem eins: Durch die Eizellenspende kann sie ihr Chemie-Studium in Las Palmas finanzieren.
"Ich finde nicht, dass die Eizellenspende eine schlechte Idee ist. Jeder muss seine Zukunft selbst aufbauen - egal wie. Jeder sucht immer einen Ausweg."
Der Ausweg aus der Krise - für junge Menschen auf Gran Canaria ist er im Moment nicht leicht zu finden. Immerhin haben viele noch die Hoffnung, dass es Spanien wirtschaftlich bald wieder besser geht, und dass sie nicht zu einer verlorenen Generation gehören werden.