Familienidylle in einem umgebauten Bauernhäuschen in Wolfegg, eine beschauliche oberschwäbische Gemeinde mit gerade mal 3.500 Einwohnern: Der Familienvater (*) spielt nach Feierabend mit seinen kleinen Kindern – in den eigenen vier Wänden.
"Also vor knapp zehn Jahren habe ich zusammen mit meiner Frau ein altes Haus gekauft, dieses komplett saniert. Einen Teil des Schweizer Darlehens habe ich über Schweizer Franken finanziert."
Denn Franken-Kredite für den Eigenheimbau schien vor zehn Jahren kein schlechtes Geschäft zu sein.
"Also der Kreditzins in Schweizer Franken war damals wesentlich günstiger als der hiesige Zins. Von daher hat es sich angeboten, zumindest ein Teil des Kredits über Schweizer Franken zu finanzieren. Natürlich nimmt man den Zinsvorteil gerne mit und versucht, das Risiko auszublenden."
Verkanntes Risiko
Das Risiko bestand schon damals darin, dass sich der Wechselkurs zwischen Franken und Euro erheblich verschieben könnte. So richtig für möglich gehalten hat das vor zehn Jahren aber kaum jemand: Bankberater, Häuslebauer - sie alle hielten Franken-Kredite für eine gute Idee - und nicht nur sie.
"Das war natürlich verlockend für die Gemeinden zu sagen: Hier können wir im laufenden etwas sparen, wenn man in der Schweiz unsere Darlehen entsprechend aufnehmen."
Bettina Huber ist Kämmerin von Bad Säckingen am Hochrhein, eine südbadische Kleinstadt direkt an der Grenze zur Schweiz. Doch der Ausblick über den Hochrhein hinüber in die Schweizer Nachbarschaft war seinerzeit nicht der Grund, um sich insgesamt 25 Millionen Schweizer Franken zur Aufbesserung der städtischen Finanzen zu pumpen.
"Der Grund war ganz einfach: Der Zins in der Schweiz war wesentlich niedriger als in Deutschland."
Verlockendes Angebot mit fatalen Folgen
Und das war ein verlockendes Angebot für mehrere Dutzend Gemeinden und mehrere Hundert Häuslebauer in ganz Süddeutschland, Kredite in Schweizer Franken aufzunehmen: Zinssätze, die um zwei Prozent günstiger als im Euroraum lagen – das versprach, wie die Baden-Württemberger zu sagen pflegen, ein gutes 'Geschäftle' zu werden.
Wäre es auch geworden - wenn nicht, mit Beginn der Euro-Krise, der Schweizer Franken gegenüber dem Euro in atemberaubender Geschwindigkeit an Wert gewonnen hätte. Das verteuerte Zins und Tilgung derjenigen, die sich in Schweizer Franken Geld geborgt hatten, ganz enorm.
Der Häuslebauer aus dem oberschwäbischen Wolfegg hat das mal ausgerechnet:
"Das ist ein Verlust, von wir sprechen da von annähernd 100.000 Euro. Klar, muss man da schlucken. Wir sind mittlerweile eine kleine Familie mit zwei kleinen Kindern. Da geht das Geld so, wie es reinkommt, auch wieder raus. Also wir haben wegen dem jetzt keine schlaflosen Nächte. Trotzdem ist es natürlich schon eine Hausnummer, wenn man von einem Tag auf den anderen wesentlich mehr Schulden hat."
Glück im Unglück
Die Stadt Bad Säckingen hatte Glück im Unglück: Nur kurz vor dem jüngsten Währungssprung zahlte sie über die Hälfte ihres Kredits in Schweizer Währung zurück - und sparte sich damit einiges. Allerdings Für die verbleibende Summe von zwölf Millionen Franken gilt der neue, erheblich ungünstigere Umrechnungskurs. Will heißen: Bad Säckingen muss alleine wegen der Währungsturbulenzen bis zu vier Millionen Euro mehr zurückzahlen als ursprünglich geplant. Dennoch heißt die Devise für Bürgermeister Alexander Guhl: Erst einmal Ruhe bewahren.
"Die letzten Tranchen in Franken werden Ende dieses Jahres fällig. Da muss man schauen, wie sich der Kurs bis dahin entwickelt hat."
Da schwingt die leise Hoffnung mit, dass der Euro gegenüber dem Franken auch mal wieder an Wert gewinnen und sich die Rückzahlung der Frankenkredite damit verbilligen könnte. Die gleiche Erwartung hegt der Häuslebauer aus dem oberschwäbischen Wolfegg:
"Es gibt zwei Möglichkeiten: Versuchen, das Ganze auszusitzen in der Hoffnung, dass sich der Euro irgendwann wieder stabilisiert oder eben in den sauren Apfel beißen und sagen: Okay, ich versuche jetzt den Kredit zurückzuzahlen, was dann aber doch länger geht wie ursprünglich geplant."
"Es gibt zwei Möglichkeiten: Versuchen, das Ganze auszusitzen in der Hoffnung, dass sich der Euro irgendwann wieder stabilisiert oder eben in den sauren Apfel beißen und sagen: Okay, ich versuche jetzt den Kredit zurückzuzahlen, was dann aber doch länger geht wie ursprünglich geplant."
Ungewisse Zukunft
Doch ob die Hoffnung der betroffenen Häuslebauer und Gemeinden aufgeht und die Schweizer Währung tatsächlich wieder an Wert verliert, ist fraglich. Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee, dämpft solche Hoffnungen:
"Die Stärke des Franken ist ja nichts anderes als der Spiegel der Schwäche des Euro. Dann, fürchte ich, wird eher der Drang zur Flucht aus dem Euro noch zunehmen und nicht ab und der Euro weiterhin schwach bleiben und der Franken stark."
"Die Stärke des Franken ist ja nichts anderes als der Spiegel der Schwäche des Euro. Dann, fürchte ich, wird eher der Drang zur Flucht aus dem Euro noch zunehmen und nicht ab und der Euro weiterhin schwach bleiben und der Franken stark."
(*) Anmerkung der Redaktion: Auf Wunsch eines Interviewpartners wurde dessen Namen anonymisiert.