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Vertriebenenbund
Deutsche Schicksale als Mahnung an die Welt

Künftige Generationen sollen das Leid deutscher Vertriebener nicht vergessen, mahnt Kanzlerin Merkel und fordert, gegen heutige Vertreibungen auch die Stimme zu erheben. Die scheidende BdV-Präsidentin Steinbach ärgert sich derweil über die Deutung des Kriegsendes 1945.

    Sudetendeutsche werden am 1. Januar 1946 aus der Tschechoslowakei in Richtung Bayern geschickt.
    Sudetendeutsche am 1. Januar 1946 (picture-alliance / CTK)
    Das Schicksal der deutschen Heimatvertriebenen bleibt aus Sicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Mahnung gegen gewaltsame Verfolgung weltweit. "Wir müssen unsere Stimme gegen die Vertreibungen von heute erheben", sagte Merkel bei einem Festakt des Bundes der Vertriebenen (BdV) in Berlin mit Blick auf Flüchtlinge in Syrien und im Irak. "Die Brutalität, mit der gegen sie vorgegangen wird, verschlägt uns die Sprache." Vertreibungen seien immer Unrecht und durch nichts zu rechtfertigen. Auch hierzulande müsse die Erinnerung an die Vertreibung von 14 Millionen Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg intensiviert werden.
    Das Gedenken dürfe nicht nur im Kreis der Vertriebenen stattfinden, sagte Merkel. Wach gehalten werden müsste die Erinnerung an das Leid der Vertriebenen, an ihre Leistungen beim Wiederaufbau sowie an ihre Kultur in den ehemals deutschen Gebieten Osteuropas. Die Kanzlerin hob hervor, dass die Erinnerung im Bewusstsein um die immerwährende geschichtliche Verantwortung Deutschlands für die Entfesselung des Krieges mit Millionen Opfern stehe, darunter sechs Millionen Juden.
    "Ein Viertel aller Deutschen sind Vertriebene, darunter Prominente wie Helene Fischer"
    Bei dem Festakt zum "Tag der Heimat" wurde Merkel mit der erstmals verliehenen Ehrenplakette in Gold geehrt. Damit will der BdV ihren Einsatz für das Dokumentationszentrum für Flucht, Vertreibung und Versöhnung würdigen, das 2016 in Berlin eröffnen soll. Das Kabinett hat zudem beschlossen, dass der 20. Juni als Vertreibungsgedenktag begangen werden soll. Der "Tag der Heimat" geht auf die Verkündung der Charta der deutschen Heimatvertriebenen 1950 in Stuttgart zurück.
    Die scheidende BdV-Präsidentin Erika Steinbach verteidigte die Wahl des 20. Juni, des Weltflüchtlingstags. "Es wird deutlich, dass auch die Vertreibung der Deutschen völkerrechtswidrig ist und nicht, wie oft verkündet, die gerechte Strafe für nationalsozialistische Verbrechen." Sie hob hervor, dass die Vertriebenen in der Mitte der Gesellschaft stünden. Ein Viertel aller Deutschen seien Vertriebene oder deren Nachfahren, darunter Prominente wie die Sängerin Helene Fischer, die russlanddeutsche Wurzeln habe.
    "Erst der 9. November 1989 ist der Tag der Befreiung"
    Steinbach nannte es "schlichtweg unanständig" und eine rein westeuropäische Sicht, das Kriegsende am 8. Mai 1945 als Tag der Befreiung zu bejubeln. "Der 9. November 1989, das ist der Tag der Befreiung", sagte die CDU-Bundestagsabgeordnete. Erst mit dem Fall der Mauer sei die Freiheit auch für die Menschen in Osteuropa erreicht worden.
    Die streitbare Erika Steinbach tritt im November ab. Nachfolger soll ihr Vize Bernd Fabritius werden. Der 49-Jährige kam im Herbst 2013 für die CSU in den Bundestag. Steinbach steht seit 16 Jahren an der Spitze des BdV.