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Vor 150 Jahren
Uraufführung von Jacques Offenbachs "La Vie Parisienne"

Jacques Offenbachs opéra-bouffe „La Vie parisienne“ ist ein rauschender Hymnus auf alles, was man der Seine-Metropole schon vor 150 Jahren andichtete: mondän, frivol und von einer Leichtigkeit getragen, die wie Champagner perlt. Bis heute hat die Musik nichts von ihrer Eleganz und mitreißenden Verve verloren.

Von Michael Stegemann |
    Der Pariser Champs-Élysées-Boulevard um 1890 auf einem kolorierten Foto.
    Der Pariser Champs-Élysées-Boulevard um 1890 auf einem kolorierten Foto. (imago / United Archives International)
    "À Paris" natürlich – wo sonst: Zum Zweiten Mal richtete 'die Hauptstadt Europas' 1867 eine Weltausstellung aus, und jeder, der es sich leisten konnte, kam an die Seine, um das Pariser Leben zu genießen – La Vie Parisienne.
    "Hier erscheint,
    bunt vereint,
    die Bevölk’rung aller Zonen,
    Dicht gedrängt,
    bunt gemengt,
    selbst Chinesen und Mormonen."
    Der Text mag – zumal in der deutschen Übersetzung – holpern, aber die Musik zündet bis heute: Jacques Offenbachs fünfaktige opéra bouffe war ein Sensationserfolg, den der Komponist von langer Hand geplant hatte. Die Premiere am Pariser Théâtre du Palais-Royal fand bereits am 31. Oktober 1866 statt, und als die Weltausstellung fünf Monate später ihre Tore öffnete, hatte La Vie Parisienne schon 150-mal vor ausverkauftem Hause gespielt. Kein Wunder, dass jeder das Stück sehen wollte, das schließlich auf 323 Aufführungen kam.
    Dabei hatte außer Offenbach selbst niemand an den Erfolg geglaubt. Das Ensemble lästerte, man brauche die beiden letzten Akte gar nicht erst zu proben, La Vie Parisienne werde ohnehin spätestens im dritten Akt ausgebuht. Der Unmut war verständlich: Es waren allesamt Schauspieler und keine Sänger! Die umschwärmte Lebedame Métella wird ihr berühmtes Walzer-Rondo also kaum so perfekt gesungen haben wie Frederica von Stade, sondern eher so wie Sophie Rois in einer Theater-Produktion von Christoph Marthaler.
    Keine Handlung, sondern bloß eine Folge bunter Szenen
    Wo sich das Ensemble musikalisch überfordert fühlte, da fürchteten die beiden Librettisten Henri Meilhac und Ludovic Halévy, die armselige Handlung werde das Publikum langweilen. Tatsächlich hat das Stück eigentlich gar keine Handlung, sondern bloß eine Folge bunter Szenen: Auf der Gare Saint-Lazare – zum ersten Mal konnte man einen Zug auf der Bühne sehen! –, in verschiedenen Salons und in einem mondänen Restaurant begegnen sich Welt und Halbwelt, Damen und Kurtisanen, Snobs, Dandys, Glücksritter und Aristokraten. Zu ihnen gehören Métella und ihre drei Liebhaber Raoul de Gardefeu, Bobinet und Gontran, der schwedische Baron de Gondremarck und seine Frau Christine, und ein sagenhaft reicher Brasilianer namens Pompa de Matadores – hier in einer Produktion des Pariser Théâtre Mogador von 1931.
    Nur Offenbach blieb gelassen. Der »Mozart der Champs-Élysées«, wie ihn seine Zeitgenossen nannte, war erfahren genug, um alle Klippen zu umschiffen: Durch Kürzungen der Couplets nahm er den singenden Schauspielern die Angst, und seine Librettisten-Freunde beruhigte er:
    "Es sind so viele charmante und mitreißende Nummern in der Vie Parisienne, dass die Leute ihre Handschuhe in Fetzen klatschen werden."
    Und er sollte recht behalten: Der Figaro berichtete nach der Premiere von "unerhörten Beifallsstürmen und fröhlichen Lachsalven".
    "Die Herren Meilhac, Halévy und Offenbach haben im Weltausstellungs-Feldzug von 1867 die erste Schlacht gewonnen."