"Als ich zum ersten Mal in Mitte der 90er Jahre in Sirt war, lief schon das Wasser. Das hat mich sehr beeindruckt. Und das Wasser ist dann Anfang der 2000-er Jahre auch nach Tripolis gekommen, nach Bengasi gekommen. Seitdem - Erst seitdem, muss man wirklich sagen, sind es die Menschen in diesen beiden Großstädten überhaupt gewohnt, regelmäßig Wasser zu bekommen. Bis dahin war die Wasserversorgung sehr erratisch, und das Wasser war zum Teil sehr mineralhaltig."
Hollywoodreife Einweihungszeremonie
Der Würzburger Geograf Konrad Schliephake gilt als bester deutscher Kenner des weltweit größten Wasserfördersystems, von dem mittlerweile 70 Prozent aller Libyer abhängig sind. Der sogenannte "Great Man Made River", der "Große von Menschen gemachte Fluss", speist sich aus riesigen Becken mit fossilem Grundwasser, die in den 50er Jahren bei der Suche nach Erdöl in der Sahara entdeckt wurden. Über ein 4000 Kilometer langes Netz unterirdischer Betonrohre gelangt dieses Wasser bis an die Mittelmeerküste. Als der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi im August 1984 die erste Quelle symbolisch anzapfte, sprach er vom "Achten Weltwunder". Eine Reporterin der "New York Times" war Zeugin der hollywoodreifen Zeremonie mitten in der Wüste:
"Oberst Gaddafi drückte auf einen grünen Knopf, als die bernsteingelbe Sonne langsam in das Große Sandmeer hinunterglitt. Eine Sekunde später schoss eine Wasserfontäne dreißig Meter hoch aus dem Wüstensand."
Der Westen blieb skeptisch
In die saharischen Becken wurden rund tausend Tiefbrunnen gegraben.
"Und in diese Brunnen kommen schwimmende Pumpen. Jedes Brunnenfeld hat zwischen 100 und 400 solcher einzelner Brunnen", erklärt Schliephake. Das Projektmanagement lag bei einer texanischen Firma; beim Bau der vier Meter hohen Wasserrohre war ein südkoreanisches Unternehmen federführend. Nach sieben Jahren Bauzeit und 85 Millionen Kubikmetern Aushub nahm Gaddafi am 28. August 1991 die erste Ausbaustufe in Betrieb, die nach Ajdabiya am Mittelmeer und von dort nach Sirte und Bengasi führte. Im Westen blieb man lange Zeit skeptisch. Die politischen Beziehungen waren angespannt, und viele trauten Gaddafi auch beim "Great Man Made River" nicht über den Weg.
"Es gab die wildesten Theorien - es gab die eine Theorie, das System gibt es überhaupt nicht. Die nächste Theorie war, Gaddafi stellt dort Chemiewaffen her. Und die dritte Theorie war, Gaddafi versteckt dort seine Panzer. Vierte Theorie war, das ist zwar gebaut worden, aber es funktioniert nicht."
Allen Unkenrufen zum Trotz wurde 1996 auch Tripolis an den "Great Man Made River" angeschlossen. ARD-Hörfunk-Korrespondent Martin Durm nahm an den Feierlichkeiten im Stadion teil.
"Und in diese Brunnen kommen schwimmende Pumpen. Jedes Brunnenfeld hat zwischen 100 und 400 solcher einzelner Brunnen", erklärt Schliephake. Das Projektmanagement lag bei einer texanischen Firma; beim Bau der vier Meter hohen Wasserrohre war ein südkoreanisches Unternehmen federführend. Nach sieben Jahren Bauzeit und 85 Millionen Kubikmetern Aushub nahm Gaddafi am 28. August 1991 die erste Ausbaustufe in Betrieb, die nach Ajdabiya am Mittelmeer und von dort nach Sirte und Bengasi führte. Im Westen blieb man lange Zeit skeptisch. Die politischen Beziehungen waren angespannt, und viele trauten Gaddafi auch beim "Great Man Made River" nicht über den Weg.
"Es gab die wildesten Theorien - es gab die eine Theorie, das System gibt es überhaupt nicht. Die nächste Theorie war, Gaddafi stellt dort Chemiewaffen her. Und die dritte Theorie war, Gaddafi versteckt dort seine Panzer. Vierte Theorie war, das ist zwar gebaut worden, aber es funktioniert nicht."
Allen Unkenrufen zum Trotz wurde 1996 auch Tripolis an den "Great Man Made River" angeschlossen. ARD-Hörfunk-Korrespondent Martin Durm nahm an den Feierlichkeiten im Stadion teil.
"Wir wurden auf die Tribüne zu Gaddafi geführt, der uns die Bedeutung des Achten Weltwunders kurz erklärte."
"Libyen bringt den Menschen Frieden. Amerika bringt ihnen den Tod. Über Tausende von Kilometern fließt nun Wasser auf die Felder der Volksmassen. Libyen - das ist Leben. Freiheit."
Anfangs hielten in Tripolis viele Wasserleitungen dem hohen Druck nicht stand.
"Als wir ins Stadtzentrum kamen, hatten sich auf den Straßen und Plätzen weitläufige Fluss- und Seelandschaften gebildet. Das ‚Achte Weltwunder‘ war offenbar undicht. Wir wateten zurück zum Hotel, ständig beschallt von der Rede Gaddafis, der gerade dabei war, dem imperialistischen Westen den Untergang anzudrohen."
"Als wir ins Stadtzentrum kamen, hatten sich auf den Straßen und Plätzen weitläufige Fluss- und Seelandschaften gebildet. Das ‚Achte Weltwunder‘ war offenbar undicht. Wir wateten zurück zum Hotel, ständig beschallt von der Rede Gaddafis, der gerade dabei war, dem imperialistischen Westen den Untergang anzudrohen."
Unesco vergibt den "Internationalen Wasserpreis"
Die Schäden wurden behoben. Seit 1999 vergibt die Unesco den von Libyen gestifteten "Internationalen Wasserpreis" für herausragende Forschung zur Wassernutzung in Trockengebieten. Damit fand der "Great Man-Made River" auch international Anerkennung. Trotz Kosten von umgerechnet rund 25 Milliarden US-Dollar war das Projekt immer noch preisgünstiger, als es die alternative Meerwasserentsalzung gewesen wäre.
"Aber - man muss bedenken, es ist ja doch ein relativ empfindliches System. Die Pumpen müssen gewartet werden, die Brunnen müssen gewartet werden, damit sie nicht einstürzen. Und die Regulierung muss kontinuierlich vorwärtsgehen. Das ist in solchen Krisenzeiten nicht so einfach."
"Aber - man muss bedenken, es ist ja doch ein relativ empfindliches System. Die Pumpen müssen gewartet werden, die Brunnen müssen gewartet werden, damit sie nicht einstürzen. Und die Regulierung muss kontinuierlich vorwärtsgehen. Das ist in solchen Krisenzeiten nicht so einfach."
Während des libyschen Bürgerkriegs war der "Great Man Made River" mehrfach Ziel von Bombenangriffen und Sabotageakten. In den Städten gibt es bei der Versorgung mit Trinkwasser immer wieder Probleme. Früher oder später wird im Übrigen auch der "Great Man Made River" versiegen: Nach Schätzungen von Experten reichen die fossilen Grundwasservorräte bestenfalls noch 150 Jahre.