Weltweite Arbeitsteilung ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. So wird der Großteil der Bekleidung in den Textilfabriken des Südens hergestellt, während Deutschland beispielsweise Autos und Maschinen exportiert. Seit Jahrzehnten diskutieren die Industrie- und Entwicklungsländer immer wieder über die Handelsbedingungen wie den Zutritt zu Märkten oder die Preise. Schon kurz nachdem die Entwicklungsländer Mitte des 20. Jahrhunderts ihre Eigenständigkeit erlangt hatten, pochten sie auf gerechtere Regeln für den Warenaustausch.
Die Sicht des Südens in den 1960er Jahren brachte der lateinamerikanische Bischof Dom Hélder Camara auf den Punkt:
Wenn die Länder des Überflusses den Entwicklungsländern gerechte Preise für ihre Produkte zahlen würden, könnten sie ihre Unterstützung und ihre Hilfspläne für sich behalten.
Die Entwicklungsländer litten unter der wirtschaftlichen Hypothek der Kolonialzeit. Ob Franzosen, Briten, Belgier oder sonstige Kolonialherren, alle waren in den besetzten Gebieten nur an der Ausbeutung von Rohstoffen interessiert gewesen. Vielerorts hatten sie Monokulturen geschaffen, ob für Baumwolle und Erdnüsse in Westafrika oder Kautschuk und Palmöl im Kongo. Die Weiterverarbeitung der Rohstoffe erfolgte fast ausschließlich in den Industrieländern. Höhere Preise und Abnahmegarantien für Rohstoffe waren zwei Hauptforderungen der Entwicklungsländer bei der ersten Welthandelskonferenz, die am 23. März 1964 in Genf startete. Der damalige deutsche Wirtschaftsminister Kurt Schmücker, CDU, zeigte in einem Radiointerview Verständnis für die Forderungen der Entwicklungsländer:
"Nun, im Prinzip kann man nicht sehr viel dagegen sagen, aber eine solche Regelung des guten Absatzes von Grundstoffen kann man natürlich nicht administrativ durchführen, da gibt es so viele Dinge, die im Markt eine Rolle spielen und sehr wahrscheinlich wird es auf verschiedenen Gebieten unterschiedliche Regelungen geben."
Bei der Konferenz gab es bald einen scharfen Gegensatz zwischen den Entwicklungsländern und den hoch entwickelten Industrienationen, zu denen sowohl die Marktwirtschaften des Westens als auch die Planwirtschaften in Mittel- und Osteuropa wie die Sowjetunion gehörten. Für viele damalige Beobachter überraschend, ließen sich 75 Entwicklungsländer jedoch nicht auseinanderdividieren, sondern operierten geschlossen. So erreichten sie von den Industrieländern eine Zustimmung für eine Institutionalisierung der Welthandelskonferenz. Am 30. Dezember 1964 nahm die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung in Genf ihre Arbeit auf. Erster Generalsekretär wurde der Argentinier Paul Prebisch. Die Hoffnungen der Entwicklungsländer waren groß, sagt der Aktivist Peter Fuchs, der sich in den vergangenen Jahrzehnten bei diversen NGOs mit Fragen des internationalen Handels beschäftigt hat und heute bei Powershift arbeitet, einer von ihm mitgegründeten NGO:
"Ja, die Entwicklungsländer haben mit diesem Konzept, mit vielen anderen wirtschaftspolitischen Konzepten immer wieder versucht die UNCTAD zu nutzen, als ihr Gremium, als ihre internationale Institution für Debatten, für Forschung aber möglicherweise eben auch für Regelsetzung, Regelsetzung in verbindlichen internationalen Verträgen."
Die Entwicklungsländer forderten sogar seit der 3. UNCTAD-Konferenz in Santiago de Chile 1972 vehement eine Neue Weltwirtschaftsordnung. Zu deren Kern schreibt der Politikwissenschaftler Dieter Nohlen:
Generell zielten die Forderungen darauf ab, marktorientierte Verteilungsmechanismen in den internationalen Austauschbeziehungen durch stärkere politisch-regulative Mechanismen zu ersetzen, um die Ressourcenströme zugunsten der Länder des Südens zu stabilisieren.
Ab den Achtzigerjahren verschwand die Diskussion über eine solche neue Weltwirtschaftsordnung mit mehr staatlicher Regelsetzung für die Wirtschaftsbeziehung von der internationalen Agenda. Peter Fuchs:
"Das alles ist gekillt worden in der Phase neoliberaler Politik, und wir haben die Phase der Liberalisierung an allen Fronten erlebt. Es ist jetzt aktuell immer noch eine Dominanz liberaler, freihandels- und investorenschutzorientierter Weltwirtschaftsregeln."
Die UNCTAD erfüllte nie die großen Hoffnungen, die ihre Befürworter aus dem Süden in sie gesetzt hatten. Zentrales Forum für Reformen des Welthandels wurde die Welthandelsorganisation WTO, die 1995 in Genf gegründet wurde. Von fairen Handelsbeziehungen zwischen Industrie und Entwicklungsländern kann bis heute nicht die Rede sein. Schon die Verfahrensregeln für den internationalen Handel seien unfair, schreibt der Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph E. Stieglitz: Bei Disputen begünstigten die Regeln der Welthandelsorganisation "de jure und de facto die entwickelten Länder".