
"Das ist also wie ein Ravensburger Puzzle. Von überall kommt was her: aus Spanien, aus Frankreich, aus Stade das Seitenleitwerk. Und das wird dann zusammengesetzt, und es passt."
Die Rede ist vom Airbus: der Flugzeugfamilie, die als europäische Antwort auf die Dominanz der amerikanischen Hersteller Boeing, Douglas und Lockheed entwickelt wurde. Ein Kooperationsprojekt verschiedener Firmen, die Flügel, Rümpfe, Triebwerke und andere Teile zuliefern. Seit Mitte der 60er-Jahre ventilierten Unternehmen aus Deutschland, Frankreich und Großbritannien Möglichkeiten der Zusammenarbeit und gingen ihre Regierungen um Subventionen an.
In der Bundesrepublik schrieb damals die SPD/FDP-Koalition unter Brandt und Scheel ihr "Basisprogramm für die deutsche Luft- und Raumfahrttechnik 1970 – 1974": "Die Entwicklung des Airbus A-300 B soll die europäische Flugzeugindustrie in die Lage versetzen, in den 70er- und 80er-Jahren auf dem Weltmarkt Großraum-Transporter der neuen Flugzeuggeneration anzubieten."
Franz Josef Strauß als Aufsichtsratschef
So wurde am 18. Dezember 1970 in Paris die Firma "Airbus Industrie" gegründet - als Interessengemeinschaft selbständiger Firmen. Sie war ein Zusammenschluss der französischen "Aérospatiale" mit den "Vereinigten Flugtechnischen Werken" und "Messerschmitt Bölkow Blohm". Franzosen und Deutsche stellten je etwa die Hälfte des Budgets.
Chef des Konsortiums wurde der Franzose Henri Ziegler, Vorsitzender des Aufsichtsrats der CSU-Politiker Franz Josef Strauß, ehemaliger Verteidigungs- und Finanzminister. Für ihn war es das Exempel europäischer Industriepolitik. Großbritannien beteiligte sich nicht offiziell, war aber durch Subunternehmer vertreten. Auch die Niederlande stiegen bei der "Airbus Industrie" ein, Spanien kam hinzu. Der erste Prototyp des Airbus A300 startete im Oktober 1972 in Toulouse.

Es dauerte noch einmal zwei Jahre, bis der erste A300 von der staatlichen Air France in den Liniendienst genommen wurde. Andere Gesellschaften zögerten, so auch die Lufthansa, obwohl das Flugzeug wegen seines neuen Konzepts – breiter Rumpf, nur zwei Triebwerke, elektronisches Cockpit – leichter und damit kostengünstiger war als die Produkte der US-Konkurrenz.
Franz Josef Strauß, selbst begeisterter Hobby-Pilot, setzte sich als Lobbyist für Airbus ein – nicht zuletzt wegen bayerischer Standorte des Herstellers: "Die Frage ist, ob die Europäer überhaupt noch ein Verkehrsflugzeug in der Größenordnung der Großraumklasse herstellen können und absetzen können. Und wenn nicht, wird die europäische Flagge aus der Luft verschwinden."
Mit Subventionen aufgepäppelt
Nach etlichen Krisen – und Milliarden aus öffentlichen Kassen - kam der Durchbruch. In den unterschiedlichsten Varianten, sowohl für die Mittel- als auch für die Langstrecke, wurde der Airbus, ob zwei- oder vierstrahlig, zum Verkaufsschlager. Als die Lufthansa Mitte der 90er Jahre ihren ersten A321 im Montagewerk Hamburg-Finkenwerder übernahm, erklärte ein Unternehmenssprecher: "Wir waren ein unbeschriebenes Blatt, also mussten wir immer besser sein. Wir mussten den Konkurrenten immer eine Flugzeugnase voraus sein, denn sonst hätten ja die Airlines keinen Grund gehabt, die Flugzeuge zu kaufen."

Der 320er Airbus, gebaut in zahlreichen Varianten, wurde das Arbeitspferd vieler Fluggesellschaften. Mehr als 10.000 Airbus-Maschinen fliegen mittlerweile. Hinzu kommen Hubschrauber und Flugzeuge für den militärischen Sektor. Die Firma ist damit der größte Hersteller der Welt. Produziert wird in acht Ländern, USA und China eingeschlossen. Was wiederkehrende Krisen nicht ausschließt: Mal passten die zugelieferten Teile nicht zusammen, mal liefen die Kosten aus dem Ruder.
Als Flop erwies sich der A380, ein Gigant der Jumbo-Klasse für gut 530 Passagiere. "Wir haben alles versucht, so Thomas Enders, Vorstandsvorsitzender bis 2019, "die Nachfrage nach der A380 wieder zu beleben."
Vergeblich. Im kommenden Jahr wird die Produktion eingestellt. Die Corona-Krise hat die Luftfahrtbranche voll erwischt. Jetzt soll der militärische Sektor des Unternehmens die Wende bringen: Airbus hofft auf Aufträge für die neue Generation des Kampfflugzeuges "Eurofighter".