Architekturwahrnehmung
Fassadenblind durch die Stadt - Warum es uns so schwer fällt, die gebaute Alltagsumgebung wahrzunehmen
Von Turit Fröbe
Wir befinden uns fast immer im gebauten Raum, in Architektur. Selbst wenn wir uns in die Natur begeben, ist diese meist gestaltet. Dennoch ist die alltägliche Umgebung oft ein blinder Fleck für uns. Was sind die Gründe und wie lässt sich das ändern?
Wir sind „baukulturelle Wesen“ - und doch sind wir erstaunlich blind für das, was uns täglich umgibt. Ein Blick in die Architekturpsychologie und Wahrnehmungstheorie verdeutlicht, warum es für uns Menschen so schwierig ist, die gebaute Umwelt wahrzunehmen. Auch wenn alle Sinne involviert sind und sich die Stadt ständig verändert, nehmen wir sie nur unzureichend wahr. In ihr sind wir keine distanzierten Beobachter oder Betrachterinnen, sondern immer schon mittendrin.
Um unsere Umgebung und damit auch das gute Leben in ihr zu verstehen, wäre es gut, das Wahrnehmen von Architektur zu lernen - das ist etwas, was wir nicht von allein können. Es lohnt sich für jeden einzelnen, eine bewusste Beziehung zur gebauten Umwelt einzugehen, weil wir allein durch die Aufmerksamkeit und Betrachtung unsere eigene Umgebung aufwerten können. Aber auch als Gesellschaft müssen wir lernen, der gebauten Umwelt Aufmerksamkeit entgegenzubringen, weil sie uns auf Schritt und Tritt begleitet und sich massiv auf unser Wohlbefinden auswirkt.
Turit Fröbe ist promovierte Architekturhistorikerin, Urbanistin und passionierte Baukulturvermittlerin. Mit ihrer STADTDENKEREI bietet sie Kommunen unkonventionelle Aktivierungs- und Beteiligungsstrategien an, entwickelt Vermittlungskonzepte für Kinder und Jugendliche und forscht zur Baukulturellen Bildung. Ihre „Abrisskalender“ (2022/2023) und Bausündenpublikationen „Die Kunst der Bausünde“ (2020) oder „Eigenwillige Eigenheime“ (2021) genießen seit Jahren Kultstatus .