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Wahlkampf
CDU-Mann Reul und die "Sammlung Martin Schulz"

SPD-Politiker sprechen von einer "Schmutzkampagne" gegen ihren Kanzlerkandidaten: Aus den Reihen der EU-Abgeordneten der Union war eine "Sammlung Martin Schulz" bekanntgeworden, die offenbar dessen vermeintliche Verfehlungen auflistet. Laut dem Chef der Unionsgruppe, Herbert Reul, entstand das Dossier vor "langer Zeit" - doch warum lanciert er es noch einmal?

Von Thomas Otto |
    Herbert Reul, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament.
    Herbert Reul, Chef der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament. (picture alliance/dpa/Michael Kappeler)
    Vergangener Donnerstag, 9 Uhr im Abgeordneten-Restaurant des EU-Parlaments: Herbert Reul, der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament hat zu einem Pressefrühstück eingeladen. Angekündigt wurde die Veranstaltung als "Medien-Briefing" über aktuelle EU-politische Ereignisse und Themen. Darum geht es auch, aber nicht nur darum.
    Reul spricht auch über Martin Schulz, über dessen Position zum Freihandelsabkommen CETA, über Schulz' Verzicht auf ein Übergangsgeld und wie Schulz Mitarbeiter mit guten Posten versorgt habe. Nach dem Pressegespräch haben einige Journalisten Nachfragen. Reuls Büro verschickt daraufhin ein neunseitiges Papier, genannt "Sammlung zu Martin Schulz".
    Dieses Dossier existiert schon länger, erklärt Reul im Gespräch mit MDR Aktuell: "Das Papier ist entstanden übrigens vor langer Zeit schon, damals als es um die Auseinandersetzung ging, ob er im Amt bleibt, oder nicht, da haben wir immer gesagt: Wir werden auch all die Fakten mal auflisten, haben die dann auch aufgelistet und wir haben die nun noch im Grunde bisschen aktualisiert."
    Kam die Anregung aus Berlin?
    Zum ersten Mal haben die darin aufgeführten Anschuldigungen allerdings so eine mediale Aufmerksamkeit erfahren, wie jetzt: Unter anderem "Der Spiegel", die "FAZ" und die "Süddeutsche Zeitung" berichten über die Vorwürfe und die Reaktion der SPD.
    Das Dossier ist eine Sammlung von Kritik an Martin Schulz. Teils ganz konkrete Vorwürfe, teils Kritik an dessen politischen Positionen. Schulz soll seine Pflichten als neutraler Präsident des EU-Parlaments verletzt und seine Rolle als Präsident nicht klar genug von der als Spitzenkandidat für die EU-Kommission getrennt haben. Außerdem habe Schulz engen Vertrauten zu einflussreichen Positionen innerhalb der Parlamentsverwaltung verholfen und dabei seine Kompetenzen überschritten.
    All diese Vorwürfe sind nicht neu, zum Teil werden sie auch mit Berichterstattung genau darüber belegt. Aber sie sind Munition im Bundestagswahlkampf, der mit der Nominierung von Schulz deutlich an Schwung gewonnen hat. Und so lässt sich auch erklären, weshalb der CDU-Mann Herbert Reul nun gerade jetzt das schon etwas ältere Papier noch einmal lanciert. Ob die Anregung dafür aus Berlin kam, lässt sich hingegen nur spekulieren.
    Das Ende der inoffiziellen Großen Koalition in Brüssel
    Eines scheint die Autoren des Schulz-Dossiers jedenfalls besonders gewurmt zu haben: dass mit dem Streit um Schulz‘ Nachfolge im EU-Parlament auch die inoffizielle große Koalition in Brüssel zu Bruch gegangen ist. Eigentlich hatten Christdemokraten und Sozialdemokraten schriftlich vereinbart, dass auf Schulz als roten Parlamentspräsidenten ein Schwarzer folgen soll. Diese Abmachung hatten die Sozialdemokraten allerdings aufgekündigt und einen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt. Am Ende wurde dann – mithilfe der Liberalen – trotzdem der konservative Antonio Tajani zum Schulz-Nachfolger gewählt. Die Zeit der guten Zusammenarbeit zwischen sozialdemokratischer S&D und konservativer EVP-Fraktion im EU-Parlament sind damit aber zuende.