Wer einkaufen geht, informiert sich immer öfter vorab im Internet. Vor dem Gang in den Baumarkt, um etwa einen neuen Akkuschrauber zu kaufen, wird ausgiebig gesurft, um Angebot und Preise zu vergleichen.
Nach dem Kauf hat sich das gehobene Interesse an Akkuschraubern eigentlich erledigt. Das mit dem Baumarkt hat allerdings der Browser, der für die Internet-Recherche verwendet wurde, nicht mitbekommen. Er zeigt auf diversen Webseiten noch Wochen später Werbung für Akkuschrauber an. Schuld daran können Webtracker sein.
Dr. Markus Schneider ist Webtracker-Spezialist beim Fraunhofer Institut für Sichere Informationstechnologie in Darmstadt. Er hat das Tracking auf Deutschlands beliebtesten Webseiten untersucht:
"Diese Tracker sehen, welche Seiten man aufruft und lernen somit was über die Interessen, über Konsumverhalten, über Vorlieben und Neigungen von einzelnen Verbrauchern. Diese gesammelten Daten können verwertet werden, um zielgerichtete Werbung zu schalten."
Dass sich jemand für Akkuschrauber interessiert, mag außer den Werbetreibenden niemand sonderlich spannend finden. Aber das Surfen im Internet und die Suche nach bestimmten Begriffen, zum Beispiel nach Medikamenten, kann sehr persönliche Informationen preisgeben. Es gibt Vermutungen, dass Krankenversicherungen solche Onlinedaten verwendeten, um den Gesundheitszustand bestimmter Kunden zu bewerten. Oder sie könnten Banken bei der Risikoanalyse vor einer Kreditvergabe helfen. Markus Schneider:
"Damit das technisch funktioniert, betten Webseitenbetreiber kleine Codeelemente von Trackern in ihre Seiten ein, sodass im Hintergrund, wenn eine Webseite geladen wird, Verbindungen zu Trackern aufgebaut werden. Auf diese Weise bekommen Tracker mit, welche Internetseite ein Benutzer aufruft. Das funktioniert auch über die Angebote von verschiedenen Internetseitenanbietern hinweg."
Mehr als 50 Tracker auf einer Seite
Für die Untersuchung haben die Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts über mehr als ein Jahr hinweg die wichtigsten Internetangebote für den deutschsprachigen Raum analysiert. Insgesamt wurden 1634 Webseiten untersucht, die besonders häufig besucht werden:
"Wir haben herausgefunden, dass es absolut keine Seltenheit ist, dass mehr als 50 Tracker auf den Seiten eines Internetanbieters gleichzeitig eingebettet sind."
Zum Beispiel auf Seiten wie wetter.com und den Online-Ausgaben vieler Zeitungen. Der Rekord lag sogar bei über 100 verschiedenen Trackern. Gefunden wurden diese auf der Webseite eines Online-Magazins für Computerspiele. Die Webseitenbetreiber verdienen oft am Einbetten der Codeelemente. Einige Tracker kombinieren das Tracking auch gleich mit dem Einblenden von personalisierter Werbung. Dafür wird der Webseitenbetreiber dann ebenfalls entlohnt.
Bestimmte Tracker waren darüber hinaus auf mehr als 1000 verschiedenen Seiten eingebettet. Durch diese massenhafte Präsenz kann das Surfverhalten über all diese Seiten hinweg verfolgt werden.
Um sich gegen Tracking zu schützen, müssen die Internetnutzer hierzulande selbst aktiv werden. Es gibt zwar eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2009, die Verbraucher vor Webtracking besser schützen soll. Sie wurde allerdings in Deutschland bislang nicht umgesetzt. Ein neuer Vorstoß der EU mittels einer Verordnung wird erst nach den Europawahlen im Mai weiter verhandelt. Markus Schneider:
"Zum Schutz gibt es verschiedene technische Möglichkeiten. Es gibt zum einen die Möglichkeit der Verwendung von Trackingschutzlisten. Wir als das Fraunhofer SIT stellen selbst eine Trackingschutzliste zur Verfügung, mit der man sich gegen Tracking schützen kann."
Für viele Browser gibt es außerdem Zusatzsoftware, sogenannte Plug-ins, die das Tracking verhindern. Eine weitere Möglichkeit ist das Verbieten von Third-Party-Cookies in den Einstellungen des Web-Browsers. Diese Markierungsdateien werden von den Trackern auf dem Rechner hinterlassen, um die einzelnen Surfer wiederzuerkennen. Da sie aber mit den eigentlichen Inhalten auf der Webseite nichts zu tun haben, kann man sie getrost verbieten.